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Single-Treffen Beim Stammtisch hat es gefunkt

Monatlich treffen sich rund 30 Singles aus Halberstadt zum ­Stammtisch Solo 45+. Die Gründerin, Gabriela Germer, stell sich vor.

Von Jörg Endries 07.02.2018, 06:13

Halberstadt l „Alles kann, nichts muss“ unter diesem Motto steht eine in Halberstadt bislang einmalige Initiative. Gabriela Germer hat den Halberstädter Singlestammtisch Solo 45+ ins Leben gerufen. Die lebensfrohe Frau hat ein Ziel: Alleinstehende, Verwitwete, Geschiedene und getrennt ­Lebende zusammenzubringen, die es satt haben, allein durchs Leben gehen zu müssen, aber keine Gelegenheit haben, ­andere Single kennenzulernen.

Was bewog die Neu-Halberstädterin zu diesem Schritt? „Ich vermisste in Halberstadt etwas. Aber was? Ich merkte, mir fehlen Gleichgesinnte und Spaß.“ Leider sei diesbezüglich in Halberstadt nicht allzu viel los. Erst recht nicht in der Altersgruppe über 45, so die 51-Jährige. Über kulturelle Angebote könne man sich in der Stadt nicht beklagen, aber einfach nur zusammensitzen, sich unterhalten, den Alltag hinter sich lassen und das ­ganze unter Gleichgesinnten? Damit wollte sie sich nicht abfinden und gründete den Singlestammtisch.

Eine Idee, die in Halberstadt sofort auf fruchtbaren Boden fiel. Um die 30 Frauen und Männer treffen sich seit Gründung des Stammtisches Anfang September 2017 jeden ersten Sonnabend im Monat zu einer gemütlichen Runde in ungezwungener ­Atmosphäre in der Altstadtkneipe „papermoon“.

„Beim ersten Treffen kamen spontan 35 Single. Damit habe ich im Traum nicht gerechnet“, sagt Gabriela Germer erfreut. Wie es oft im Leben der Fall ist, waren bei Frauen die Barriere, zu so einem Treffen für Alleinstehende zu kommen, kleiner. Anfangs kamen deutlich mehr weibliche Teilnehmer als männliche. Doch das habe sich bereits beim zweiten Treffen geändert.

Die ­Singles kommen aus Halberstadt, aber auch aus benachbarten Orten. Es hat sich herumgesprochen, dass der Stammtisch eine gute Gelegenheit ist, andere Menschen kennenzulernen, ins Gespräch zu kommen, schöne Stunden gemeinsam zu verleben, Spaß zu haben und vielleicht den Partner fürs Leben zu finden. Natürlich immer unter dem Motto „Alles kann, nichts muss“.

Richtig gefunkt hat es beim Singlestammtisch auch schon. Zwei Alleinstehende haben festgestellt, dass sie einander mehr als nur sympathisch sind. Oder poetischer gesagt, zwei Herzen haben sich gefunden. Darauf ist Gabriela Germer sehr stolz. Angelika War­ncke und Klaus Piller sind die Glück­lichen. Beide sind zwar in Halberstadt zuhause, trotzdem sind sie sich vorher nie über den Weg gelaufen.

„Die beiden haben sich sehr gefreut und betont, dass sie sich ohne den Stammtisch nie gefunden hätten“, berichtet ­Gabriela Germer. Damit wird die monatliche Single-Runde im „papermoon“ allerdings vorerst etwas kleiner. Angelika Warncke und Klaus Piller erfüllen ganz einfach die ­Minimalanforderung zur Teilnahme nicht mehr. Sie sind keine Singles mehr und dürfen daher nicht mehr kommen. „Hört sich hart an, aber irgendwo müssen Grenzen gesetzt werden, damit das Anliegen des Singlestammtisches, Alleinstehende zusammenzubringen, erfüllt wird“, sagt die Initiatorin.

Eine weitere Grenze ist bereits im Stammtisch-Namen gesetzt – das Alter der Teilnehmer. Unter 45 spielt sich nichts ab. Hat vielleicht etwas mit dem Alter der Gründerin zu tun. ­Gabriela Germer ist 51. „Irgendwo muss die Interessenlage einigermaßen stimmen“, sagt sie. Nach oben ist hingegen alles offen, betont sie. Die Älteste in der fröhlichen Runde sei immerhin 75. Sie wird liebevoll von allen „Oma“ genannt. Und „Oma“ gehört zu den Stammgästen des Stammtisches. Sie hat bislang kein einziges Treffen ausgelassen.

Gabriela Germer ist selbst Single und gehört zu den sogenannten Rückkehrern. 20 Jahre lang hat die gebürtige Quedlinburgerin in Niedersachsen gelebt. Mit 50 zieht sie dort einen Schlussstrich unter ihr bisheriges ­Leben und bricht alle Zelte in dem Dorf ab, in dem sie bis dahin gelebt hat. Sie trennt sich recht schnell von ihrem langjährigen Partner und packt die Koffer.

„Ich habe kein eigenes Leben mehr geführt, war fremdbestimmt. Das wollte und musste ich ändern“, berichtet sie. Drei Tage Auszeit bei ihrer Schwester in Halberstadt bestärkten sie darin. „In diesen Tagen habe ich so viele nette Menschen kennengelernt. Das fühlte sich alles gut an und so zog ich für einen Neustart im Januar 2017 nach Halberstadt.“ Trotzdem stand sie erst einmal vor dem Nichts, erinnert sie sich an die ersten, schwierigen Wochen.

„Kein richtiges Einkommen, keine wirkliche Perspektive, keine finanziellen Mittel im Rückhalt, ja und zum ersten Mal seit Jahrzehnten, nicht mal mehr ein Auto.“ Sie hatte nur noch sich, ihre kleine Wohnung, ein Fahrrad und ihre Hoffnungslosigkeit.

Diese schüttelte sie jedoch schnell ab. Den persönlichen Scherbenhaufen, vor dem Gabriela Germer stand, begann sie zusammenzukehren. Sie hatte ihre Schwester, suchte und fand Kontakte, schließlich auch einen Job – und gründete den Halberstädter Singlestammtisch Solo 45+.

„In diesem einen Jahr in Halberstadt habe ich persönlich mehr geschafft als vorher in den 20 Jahren in Niedersachsen“, sagt Gabriela Germer. Sie ist stolz auf das Erreichte.

Ob sie selbst ein Single bleibt? „Daran verschwende ich zurzeit keinen Gedanken. Eine feste Partnerschaft ist derzeit kein Thema. Man soll allerdings nie nie sagen.“