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Sonderausstellung Bolihua: Fast vergessene Bilder

Eine Ausstellung über chinesische Hinterglasmalerei gibt es auf Schloss Wernigerode zu sehen. Jetzt gibt es ein Buch zu der Exposition.

Von Ingmar Mehlhose 09.04.2017, 08:12

Wernigerode l „Es hat lange gedauert“, sagt Christian Juranek (53). Dafür sei es aber ein schönes Buch geworden, blättert der Geschäftsführer von Schloss Wernigerode in dem 251 Seiten starken Band zur Sonderausstellung „Bolihua – Chinesische Hinterglasmalerei aus der Sammlung Mei-Lin“.

Mit ihm stellt Christof Trepesch am Freitagvormittag die reich bebilderte Publikation vor. Der 49-Jährige ist seit 2004 Leitender Museumsdirektor der städtischen Museen und Ausstellungen in Augsburg. Es sei die inzwischen dritte Kooperation zwischen beiden Einrichtungen, berichtet der Kunsthistoriker und Autor.

Eine neuerlich sehr erfolgreiche, sind sich die beiden Wissenschaftler einig. „Bolihua“ habe seit der Eröffnung Mitte Dezember 2016 bereits rund 35 000 Besucher angelockt. Auch deshalb sei die Schau um zwei Wochen bis Ende April verlängert worden.

„Das gab es noch nie. Sogar den Chinesen ist diese Art von Kunst weitestgehend unbekannt“, sagt Trepesch. Es sei deshalb spannend, solch ein Thema zu entdecken. Seit einigen Jahren kümmere er sich mit seinem Team um die Hinterglasmalerei. In Augsburg sei im 18. Jahrhundert schließlich eine bedeutende, weil qualitativ hochwertige Schule dieses Genres heimisch gewesen.

135 der filigran anmutenden und intensiv farbigen Werke aus der Zeit zwischen 1860 und 1940 sind momentan in Wernigerode zu sehen. Motive, die von Tradition künden, aber auch vom Aufbruch in die Moderne. Bäuerliches Leben, exotische Landschaften und immer wieder Portraits schöner Frauen. Manche der Bilder seien rot übermalt gewesen, sagt der Schlossherr. Zum Zwecke der geistig-ideologischen Erziehung.

Sämtliche Werke stammen aus einer süddeutschen Privatsammlung. Christian Juranek schwört auf solche Kontakte. Er sagt: „Es lohnt sich, weil niemand ein so guter Kenner ist.“ Und: „Es wäre dumm, auf deren Expertise zu verzichten.“

Das von Autor Rupprecht Mayer geschriebene und im Hirmer Verlag München erschienene Buch zur Ausstellung sei wie sie – etwas besonderes. Die erste Veröffentlichung in einer westlichen Sprache überhaupt. Christof Trepesch: „Es gibt dazu wohl nur drei spezielle Monografien.“ Erschienen in Hongkong, Taiwan und in der Volksrepublik China.

Dabei sei die Kunst des seitenverkehrten und umgekehrten Malvorgangs eine überaus alte Technik. Bereits in der Antike genutzt, habe sie sich im Mittelalter verbreitet. Mit Beginn des serialen Arbeitens sei sie in Vergessenheit geraten.

Mayer deute die Inhalte der von ihm ausgewählten Bilder aus sinologischer Sicht und stelle sie in einen historischen Rahmen, betonen die beiden Herausgeber. Es gebe bereits Vorbestellungen und Anfragen sogar bis aus Taiwan. 900 Stück umfasse die erste Auflage.

Der Bolihua-Band sei im Übrigen die 20. Publikation in der 1999 begründeten Schriftenreihe Edition Schloß Wernigerode. Für ihn sogar in doppelten Sinne ein kleines Jubiläum im 20. Jahr seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Einrichtung.

Christof Trepesch blickt derweil erwartungsvoll voraus. Am 23. Mai wird die komplette Exposition im Schaezlerpalais in Augsburg eröffnet und den Sommer über zu sehen sein. Der Direktor: „Wir sind gespannt, wie sie dort wirkt.“ Entgegen dem historistischen Schloss-Ambiente handele es sich dort um Rokokoräume. Trepesch: „Wir haben bunte Wände – gelb, rot, blau, grün.“

Nach Bolihua werde es eine weitere Kooperation geben, verraten die beiden Partner. Schmuck aus Taiwan – erneut aus einem privaten Fundus.