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Stadtsanierung Abrisslücken in Halberstadt geschlossen

Vor 12 Jahren startete Halberstadt die Aktion "Mein Haus in der Altstadt". Inzwischen gib es auf verwaisten Grund­stücke wieder Leben.

Von Jörg Endries 05.01.2019, 00:01

Halberstadt l Gähnende Leere herrschte noch bis vor Kurzem im Bereich Unter der Tanne in Halberstadt. Abrissgrundstücke bestimmten über Jahrzehnte eine Seite der kleinen und teils engen Altstadt-Straße. Das Bild hat sich zum Positiven gewandelt. Der Erfolg ist einer Initiative der Stadt Halberstadt zu verdanken, die vor nunmehr 12 Jahren die Aktion „Mein Haus in der Altstadt“ initiierte, um ­hässliche Lücken im Stadtgebiet wieder zu füllen.

Der Start der Aktion sei die Konsequenz aus dem Beschluss des Stadtrates, dass angesichts der schrumpfenden Einwohnerzahl die Kommune nicht weiter über die bestehenden Grenzen hinaus wachsen soll. „Wir wollen die Innenstadtentwicklung vorantreiben. Dazu gehört die Altstadt“, betont Jens Klaus, Fachbereichsleiter Stadtentwicklung. Nachdem sich die Stadt lange Zeit auf den Erhalt der Fachwerkhäuser konzentriert hat – ein Vorhaben, das trotz aller Erfolge noch nicht beendet ist – will man Bauherren verwaiste Grundstücke schmackhaft machen.

„Ich hätte nie vermutet, dass so viel Zeit vergeht, bis etwas passiert“, stellt Jens Klaus erstaunt fest. Es sei schwieriger als vermutet Investoren zu finden. Das hartnäckige Dranbleiben zahlte sich schließlich aus. Der Invest-Knoten im Bereich Unter der Tanne platzte. Vom Start der Aktion bis zum Verkauf des ersten Grundstücks und der Neubebaung zogen gut sieben Jahre ins Land.

2016 folgte das zweite Eigenheim und 2017 schließlich der Verkauf des Hauses Unter der Tanne 4 – über viele Jahre ein Sorgenkind. Die Stadt erwarb das ruinöse Haus, setzte ein neues Dach drauf und wartete noch einmal einige Jahre auf einen Interessenten. 2017 war es soweit. Das Haus wurde verkauft, 2018 liebevoll und aufwendig saniert, mittlerweile ist es bewohnt. Das letzte noch freie Baugrundstück sei ebenfalls verkauft.

Im Alleingang ist das nicht geschehen, betont Klaus. Die Stadt habe die Grundstücke baureif übergeben. Dazu gehörte unter anderem, dass die Kommune die Kosten für die in der Altstadt zwingend vorgeschriebenen archäologischen Grabungen auf den Grund­stücken übernahm. Mit dieser Art der Förderung sparen Bauherren bis zu fünfstellige Summen.

Vielversprechend ist ebenfalls die Entwicklung in der Judenstraße. Dort entsteht in absehbarer Zeit ein modernes Wohnhaus. „Eigens dafür haben wir dort die Gestaltungssatzung geändert, um der Kreativität freien Lauf zu lassen“, berichtet Jens Klaus. Würde man dies nicht tun, gebe es keine Entwicklung. Damit verbindet sich natürlich die Hoffnung, dass weitere Neubauten folgen. Platz sei für sechs bis sieben Häuser. Die Judenstraße war lange ein Sorgenkind. Für die große Abriss­brache fand sich absolut kein Bauherr. Aus der Not heraus entschloss sich die Stadt für eine Zwischenlösung. Zeitlich begrenzt, bis es Interessenten für das Areal gibt, entstanden vor vier Jahren dort die Bürgergärten. Mit großem Aufwand wurden 1400 Tonnen Bauschutt entfernt, auf 750 Quadratmetern Fläche 550 Kubikmeter Muttererde aufgebracht, ein 3,50 Meter tiefer Brunnen für die Wasserversorgung gebohrt, 350 Heckenpflanzen gesetzt, 250 Meter Zaun gezogen und elf Parkplätze angelegt. Jetzt müssen die ersten Gärten weichen.

Dieses Schicksal erhofft sich Jens Klaus auch für den nördlichen Teil des Abshofes. Dort ist als Zwischenlösung bis zu einer möglichen Bebauung ein Pkw-Parkplatz entstanden. Im Pachtvertrag ist die Option verankert, dass bei Bauinteresse der Stellplatz wieder verschwindet. Übrigens sei auch die Bebauung des südlichen Abtshofes ein Erfolg der Aktion „Mein Haus in der Altstadt“. Die mehr als 3000 Quadratmeter große Abrissbrache ist mit modernen Mehrfamilienhäusern gefüllt worden. Selbst für die verwaiste Abrisslücke in der Bakenstraße gibt es jetzt Pläne. Die Moses Mendelssohn Akademie möchte dort bauen.

„In der Altstadt zu bauen ist etwas anderes, als am Stadtrand auf der grünen Wiese, und es kostet auch nicht weniger“, sagt Jens Klaus. Die Altstadt habe jedoch viele Vorteile, die sie als Wohnort interessant machen würde. „Die zentrale Lage ermöglicht kurze Wege zum Einkauf, zu Banken, Behörden, Kindereinrichtungen, Schulen und vieles mehr. Man benötigt im Grunde genommen daher keinen Pkw, wenn man dort wohnt“, zählt Jens Klaus die Vorteile auf.

Das Entwicklungspotenzial in der Altstadt sei nach wie vor groß. „Daher dürfen wir nicht nachlassen, Bauherren das Areal schmackhaft zu machen“, so Jens Klaus. Zahlreiche Lücken würden noch auf eine Nutzung warten. Dazu zählt auch das im städtischen Besitz befindliche Eckgrundstück Grudenberg/Steinhof.