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Stadtzerstörung Erinnerung an 8. April 1945

72 Jahre nach dem Angriff wurde der Zerstörung Halberstadts gedacht. Die Redner appellierten, aus dem Geschehenen Lehren zu ziehen.

Von Sandra Reulecke 10.04.2017, 06:23

Halberstadt l Bis zum heutigen Tage hat die Zerstörung Halberstadts im Zweiten Weltkrieg Auswirkungen: Noch immer liegen Flächen brach, an denen bis zum 8. April 1945 Häuser standen. Mehr als 80 Prozent der Innenstadt wurden von Spreng- und Brandbomben der Alliierten zerstört, bis zu 3000 Menschen verloren ihr Leben. 70 von ihnen starben in der Franzosenkirche, von der heute nur noch Mauerreste stehen. An diesem Ort wird Jahr für Jahr der Opfer des Bombenhagels vom 8. April gedacht. Das Datum hat sich in den Köpfen der Menschen eingebrannt – nicht nur bei jenen, die den Angriff selbst miterlebt haben.

„Die meisten von uns sind nach dem Krieg geboren“, sagt Niklas Kopetzky zu den Teilnehmern der diesjährigen Gedenkveranstaltung. „Aber gerade wir müssen die Erinnerung an alle Kriegsopfer wachhalten, um gegen das Vergessen anzukämpfen.“ Der Zehntklässler besucht das Käthe-Kollwitz-Gymnasium. In seiner Ansprache erinnert er daran, dass das markante Gebäude seiner heutigen Schule vor 72 Jahren den Bomber-Piloten als Orientierung diente, als sie über 550 Tonnen Spreng- und Brandbomben auf die Stadt fallen ließen.

„Jeder Bombenangriff ist ein abscheuliches Verbrechen“, betont Jean-Louis Bertrand in seiner Rede. Er ist ein Vertreter der Gruppe der 2. Generation, das sind Angehörige der Opfer des Konzentrationslagers Langenstein-Zwieberge. Ohne Groll und Wertung zählt er in seiner Rede verheerende Bombenangriffe auf – angefangen mit dem am 19. Januar 1915, bei dem zwei Zeppeline Bomben auf englische Städte abwerfen; über die Zerstörung Halberstadts bis hin zu den Angriffen auf die syrische Stadt Aleppo seit 2012. Bertrand, der aus Frankreich angereist ist, endet mit einer flehende Bitte an die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung: „Bitte lassen Sie uns gemeinsam Solidarität und Brüderlichkeit leben. Seien wir vor allen Dingen Weltbürger. Seien wir alle Erbauer des Friedens, damit das eines Tages endlich aufhört.“

Oberbürgermeister Andreas Henke (Die Linke) gab zu bedenken, dass dieser Tag des Erinnerns nicht auf die Opfer in Halberstadt beschränkt werden dürfe. „Was Halberstadt am 8. April 1945 erlebte, war zuvor bereits Schicksal hunderter anderer Städte in Europa, die massiv von der deutschen Luftwaffe bombardiert wurden“, so Henke. „Wenn wir heute unsere Kränze als Ausdruck für Trauer und Gedenken niederlegen, dann lassen Sie uns dies auch symbolisch für die Getöteten in anderen Städten tun.“

Gleichzeitig mahnt das Stadt­oberhaupt, nicht zu vergessen, dass „in den Jahren zuvor von Deutschland aus der Krieg seinen Anfang nahm und es auch Halberstädter waren, die mit ihrer Stimme einem Hitler und seiner Partei, seiner Politik an die Macht verhalfen.“ Die Frage nach Schuld für das Leid, das vor 72 Jahren Halbertstadt hereinbrach, sei komplex. „Geschichte kann, aber darf sich nicht wiederholen.“