Straßennamen Es kann nur eine geben

Aus den 20 Orten der Stadt Osterwieck sollen doppelte Straßennamen verschwinden. Die Diskussion darüber hat jetzt begonnen.

Von Mario Heinicke 03.09.2016, 11:02

Stadt Osterwieck l Die Dorfstraße gilt als längste Straße Deutschlands. In der Stadt Osterwieck ist es ähnlich. In der Hälfte der 20 Orte gibt es Dorfstraßen. Gefolgt übrigens von der Straße Im Winkel (7 Orte), Schulstraße (6), Kirchstraße (5) sowie Bahnhofstraße und Hornburger Straße (je 4).

43 der 369 Straßennamen im Stadtgebiet kommen doppelt oder mehrfach vor, berichtete Klaus-Dieter Böhnstedt aus dem Ordnungsamt der Stadtverwaltung im Umweltausschuss. Letztendlich wären 73 Umbenennungen vorzunehmen, um die Doppelbezeichnungen zu bereinigen. Böhnstedt begründete das mit Beschwerden von Zustellern und der Sicht des Rettungsdienstes, die eindeutige Adressen benötigen würden.

Ein Problem sind die Straßennamen durch Gründung der Einheitsgemeinde geworden. Vor allem Behördenpost wird nach Osterwieck als Gemeindebezeichnung verschickt, der Ortsteil in der Adresse aber weggelassen. Dann ist die Stadtverwaltung gefragt und hat die Arbeit, den Adressaten zu ermitteln. Es gibt aber auch namensgleiche Einwohner, die in namensgleichen Straßen zweier Orte wohnen, wurde im Ausschuss berichtet.

Die Debatte soll nun in die Ortschaftsräte getragen werden. Die Umweltausschussmitglieder sperrten sich grundsätzlich nicht gegen Straßenumbenennungen. Ralf Voigt (Förderverein Dardesheim) erhofft sich schon Vorschläge aus der Verwaltung, welche Straßen wie umbenannt werden sollten. Sonst würde man nicht vorankommen. Uwe Reuer (CDU) wäre für Umbenennungen, aber nur, wenn für die betroffenen Bürger keine Kosten entstehen.

In der Stadt Osterwieck gibt es bisher zwei Postleitzahlen. Die 38835 sowie für Dardesheim und Rohrsheim die 38836. Ralf Voigt machte daher darauf aufmerksam, dass auch ein Blick in die Gemeinde Huy notwendig wäre. Denn Dardesheim habe ebenso wie Dedeleben eine Bahnhofstraße. Auch er betonte, die Kosten müssten von den Behörden übernommen werden. „Da hängt ein Rattenschwanz dran, den jetzt noch keiner sieht.“

Andererseits würde die Deutsche Post bei eindeutigen Straßennamen eine einheitliche Postleitzahl für alle Osterwiecker Orte vergeben.

Rüdiger Seetge (Aktive Bürger) meinte, man müsse auch noch andere Möglichkeiten prüfen. Die Probleme der Zusteller seien für ihn kein Grund, sondern einzig der Rettungsdienst.

Klaus-Dieter Böhnstedt betonte, dass die Änderung in den Ausweisdokumenten, die die Stadt ausstellt, kostenfrei sei. Dazu könnten auch Termine direkt in den Orten angeboten werden. Auf den Ausweis würde nur ein Aufkleber mit der neuen Adresse kommen.

„Wir wollen aber nichts übers Knie brechen“, betonte Böhnstedt. „Das ist ein sensibles Thema, das braucht Fingerspitzengefühl.“

Wie recht er damit hat, hatte sich vor zehn Jahren in der Gemeinde Huy gezeigt. Dort sollten 63 Straßennamen verändert werden. Woraufhin sich der geballte Protest entlud und sogar eine Bürgerinitiative gegründet wurde. Seitdem wurde das Thema dort nie wieder angefasst.

In der Gemeinde Huy waren seinerzeit vor allem die Gewerbetreibenden auf die Barrikaden gegangen, die sich mit hohen Kosten für ihre Adressenänderungen konfrontiert sahen.

Firmen und Händler aus der Kernstadt Osterwieck könnte es jetzt auch massiv treffen, wenn etwa die Bahnhofstraße (Einkaufszentrum), Hoppenstedter Straße (Industriegebiet) oder Mittelstraße (Ladenstraße) umbenannt würden.

Der Ärger wäre auch vorprogrammiert, wenn aus dem Altstadtbereich die historischen Bezeichnungen Damm, Sackstraße, Schützenstraße oder Teichdamm verschwinden sowie die Hornburger Straße in Osterwieck ihren vierten Namen in rund vier Jahrzehnten (vormals Braunschweiger Straße, Friedensstraße) erhält. Oder wie werden sich Berßeler und Dardesheimer einig, wenn es nur noch eine Lange Straße geben kann?

2010 war das „heillose Chaos“, wie es damals ein Ministeriumssprecher in Magdeburg bezeichnet hatte, bei den Straßennamen schon einmal hochgekommen. Damals hatte Osterwiecks Bürgermeisterin Ingeborg Wagenführ (Buko) unterstrichen, dass man hier nicht die Absicht habe, Straßennamen zu ändern. Dass sich ihre Meinung nun gewandelt habe, verneinte sie auf Anfrage. Aber die Verwaltung müsse an die Stadträte auch die damit verbundenen Beschwerden und Probleme herantragen, mit denen das Rathaus regelmäßig konfrontiert sei.