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Tasse Kaffee Der „Zar“ von Schloss Wernigerode

Historiker Konrad Breitenborn verrät, warum er sich von seinem Schreibtisch auf dem Schloss Wernigerode nicht trennen kann.

Von Ivonne Sielaff 02.09.2017, 01:01

Wernigerode l Professor Konrad Breitenborn lehnt sich zurück und nippt genüsslich an seinem Kaffee. Mit der anderen Hand streicht er über die Schreibtischplatte. Sein Arbeitszimmer im Wernigeröder Schloss hat im Laufe der Jahre gewechselt. Der Schreibtisch nicht. Rustikales Eichenholz, mehr als 130 Jahre auf dem Buckel. „Vor 44 Jahren habe ich an diesem Schreibtisch Platz genommen.“ Am 3. September auf den Tag genau. „Aufgeräumt habe ich ihn nie so richtig“, sagt der Historiker und schmunzelt.

Das Möbelstück gehört zum Bestand des Schlosses. „Wer weiß, wer früher einmal daran gearbeitet hat. Aber so lange wie ich, hat sicherlich keiner hier gesessen.“ Der Schreibtisch, so sagt Breitenborn, sei ein treuer Begleiter seiner wissenschaftlichen Karriere bei der Stiftung Dome und Schlösser (heute Kulturstiftung Sachsen-Anhalt). Sein erstes eigenes Buch „Im Dienste Bismarcks“ (1984) habe er an seinem Schreibtisch geschrieben. Neun weitere und dazu etliche wissenschaftliche Beiträge folgten.

Dabei hätte der langjährige wissenschaftliche Direktor der Kunst- und Kulturgutverwaltung seinen Schreibtisch längst räumen können. Wollte er aber nicht.

„Ich habe bis 66 gearbeitet, bin im Oktober 2016 aus dem Amt verabschiedet worden.“ Breitenborn ist nach wie vor für die Stiftung tätig. „Ich habe einen Zwei-Jahresvertrag.“ Zentrale Aufgaben Restitution – kurz ZAR - heißt sein aktuelles Aufgabengebiet. „Als wissenschaftlicher Mitarbeiter habe ich einst angefangen. Und im ZARenstand beschließe ich meine Arbeit“, schmunzelt er wieder. „Das ist doch was.“

Und was macht er als „Zar“? „Die Restitution ist ein spannendes Feld“, sagt Breitenborn. In Magazinen auf Schloss Wernigerode und in der Moritzburg Halle lagern Möbel, Waffen, Porzellan und Gemälde – zehntausende Kunst- und Kulturgüter, die zwischen 1945 und 1949 enteignet worden. „Wir organisieren die Rückgabe an die Eigentümer.“ Das sei schwierig und werde sich noch Jahre hinziehen.

Konrad Breitenborn könnte sich durchaus vorstellen, weiterzuarbeiten, bis er 70 Jahre alt ist. „Natürlich muss die Gesundheit mitspielen.“ Aber auch ohne Arbeit hat er viel zu tun. Er ist Präsident des Landesheimatbundes und stellvertretender Chef der Medienanstalt Sachsen-Anhalt. Außerdem plant er die Übergabe seiner Recherchen und Aufzeichnungen an das Landesarchiv. Auch das organisiert er von seinem Schreibtisch aus.