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Tasse Kaffee Symbiose von Musik und Sport

Intendant Johannes Rieger gibt nie wieder offen kund, wie ein Länderspiel ausgeht. Warum das so ist, verrät er der Volksstimme.

Von Sandra Reulecke 10.06.2016, 01:01

Halberstadt l Wie weit kommen die deutschen Fußballer bei der Europa-Meisterschaft? Das Thema geht auch am Nordharzer Städtebundtheater nicht vorbei. Sogar Wetten werden abgeschlossen. „Aber öffentlich gebe ich nie wieder eine Prognose ab“, sagt Johannes Rieger und lacht. „Den Fehler habe ich einmal gemacht – und mehr Kritik bekommen als jemals für eine Aufführung.“

Seine Arbeit als Musikdirektor und Intendant des Nordharzer Städtebundtheaters lasse es ohnehin nicht sehr oft zu, dass Rieger die Spiele live mitverfolgen kann. Die Aufführungen finden häufig am Abend oder an den Wochenenden statt – zu ähnlichen Zeiten, wie die Fußballspiele im Fernsehen. Nicht die einzige Gemeinsamkeit. „Ich finde die Parallelen von Sport und Musik faszinierend“, sagt Rieger. „Beides verlangt vom Akteur Fokussierung ab, dass man Leistung auf den Punkt genau abliefern kann.“ Und man benötige einen eisernen Willen, gepaart mit einer Prise Lockerheit. „Wer zu verbissen an die Sache herangeht, hat keinen dauerhaften Erfolg – weder auf der Bühne, noch im Stadion.“

Was Verbissenheit heißt, hat Rieger erst am Spielfeldrand erfahren. Wenn es sein Zeitplan ermöglicht, besucht er die Spiele seines Sohns Rafael. Der Neunjährige ist Fußballer beim VfB Germania Halberstadt. „Ich bin auch stolz und fiebere mit. Aber wie sich einige Eltern benehmen, ist unglaublich. Das hat mich ehrlich erstaunt.“ Der Musiker glaubt nicht, dass es die Kinder fördert, wenn Eltern zu viel Druck aufbauen. „Das haben meine Eltern auch nie getan“, berichtet Rieger.

Er ist als Sohn einer Münchener Musiker-Familie geboren worden. Dennoch habe er die Freiheit gehabt, verschiedene Hobbys auszuprobieren. „Ich habe geturnt – aber nicht lange und in der Grundschule Fußball im Verein gespielt“, erinnert sich der 49-Jährige. Besonders gut sei er nicht gewesen und er habe sich doch lieber der Musik gewidmet, gesteht Rieger. „Aber die Vereinsarbeit von damals ist nicht damit zu vergleichen, was zum Beispiel Germania für seinen Nachwuchs leistet.“ Auch seine Tochter Charlotte ist Mitglied des Vereins. Die 13-Jährige turnt.

Nicht nur privat – durch die Mitgliedschaft seiner Kinder – ist Rieger mit dem Halberstädter Verein verbunden, sondern ebenfalls beruflich gibt es Berührungspunkte. „Oft wird ja davon ausgegangen, dass Kultur und Sport miteinander konkurrieren – in Zeiten leerer Haushaltskassen müssen beide um Unterstützung seitens der Stadt bangen – aber das muss nicht sein“, betont der Wahl-Halberstädter.

Sehr gern habe er deshalb vor einigen Jahren den Vorschlag von VfB-Chef Olaf Herbst angenommen, Kultur und Sport, Städtebundtheater und Fußballer, zusammenzubringen: Klassische Musik im Fußballstadion. „Das ist schon etwas Besonderes, schon allein wegen des logistischen Aufwands“, so Rieger. „Und ich bin mir sicher, dass einige der Sportler zum ersten Mal solche Musik gehört haben – aber vielleicht nicht zum letzten Mal.“ Nach der Veranstaltung haben ihm Spieler anerkennend auf die Schulter geklopft und bekundet, dass es ihnen gefallen hat. Auch bei anderen Zuschauern kam das Konzept gut an. Gibt es eine Wiederholung? „Sehr gern. Aber nicht jedes Jahr. Es soll was Besonderes bleiben.“