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Theater Gäste-Ansturm auf das Große Haus

Ein Publikumsmagnet ist der Tag der offenen Tür im Großen Haus Halberstadt des Nordharzer Städtebundtheaters. Weit über 1000 Besucher kamen.

Von Renate Petrahn 09.02.2016, 02:00

Halberstadt l Das Nordharzer Städtebundtheater lud am Sonntag zu seinem traditionellen Tag der offenen Tür ein, der in diesem Jahr in Halberstadt stattfand. Noch vor dem offiziellen Beginn um 11 Uhr hatte sich bereits eine Warteschlange auf dem Hans-Auenmüller-Platz gebildet. Und der Andrang setzte sich im Theatergebäude nicht nur bei den Klassikern fort: dem Glücksrad im Foyer, Kinderschminken in der Maske, dem Fundus, der Schneiderei und bei den Führungen durch das Theaterhaus: hinter, unter und neben der Bühne.

Lydia Horlitz aus Wernigerode, die mit ihren Töchtern Laura und Linda nach Halberstadt gefahren war, brachte es auf den Punkt: „In der Schule wird viel Theater gespielt, und wir wollten nun sehen, wie das auf einer richtigen Bühne funktioniert.“

Eröffnet wurde der Tag der offenen Tür sehr zur Freude der ballettaffinen Halberstädter im Großen Haus mit einem Training unter der Leitung von Ballettdirektor und Choreograph Can Arslan und einer öffentlichen Probe von „Coppélia“. Wie entsteht eine Inszenierung, wie das Bühnenbild und die Kostüme, das erläuterten im Anschluss Dramaturgin Susanne Range und Andrea Kaempf, die für die Ausstattung verantwortlich zeichnen.

Wer ohne vorherige Auswahl der Programmpunkte in das Theater gekommen war, hatte von 11 bis 18 Uhr gut zu tun, das facettenreiche Angebot „abzuarbeiten“ und freute sich daher, wenn ein Angebot doppelt ausgewiesen war, wie beispielsweise das Mitmachtheater mit Theaterpädagogin Anja Grasmeier. Das eine oder andere Kind nutzte gern diese zweifache Möglichkeit, um in dem vom Jugendclub entwickelten Märchen vom Fuchs – natürlich geschminkt und verkleidet – mitzuspielen. Und da zum Theaterspielen nicht nur die Schauspieler gehören, sondern auch die Bühnentechniker, übernahmen die Eltern gern diese Rolle und sorgten beispielsweise dafür, dass der Fluss entweder per Seil oder per Nussschale sicher überquert werden konnte. Wie überhaupt den jungen Besuchern eine besondere Aufmerksamkeit galt, so auch im Rahmen der Instrumentenpräsentation.

So konnte Emilia Heicke aus Blankenburg mit Ulrike Huke ausprobieren, wie die Seiten einer Violine klingen. Die Geigerin sowie ihre Kollegen Dieter Löhnert (Flöte), Matthias Kunert (Trompete), Bruno Uetz (Posaune) gaben stellvertretend für das gesamte Orchester Proben ihres Könnens. Die anderen Orchestermitglieder waren mit „Sunset Boulevard“ zum Gastspiel in Bad Helmstedt.

War schon der Vormittag in dem mit vielen Requisiten geschmückten Theater sehr lebendig, folgten am Nachmittag weitere Highlights. Den Beginn machte die Technik- Show mit Holger Kleinbauer, dem technischen Leiter, und Schauspielerin Julia Siebenschuh in den „Hauptrollen“ sowie Kent-Erich Weisheit (Beleuchtungstechnik), Stefan Ulrich (Tontechnik) und Michel Zelas in den „Nebenrollen“ als die „Männer aus dem Off“. Julia Siebenschuh brillierte im besten Dresdener Sächsisch als Putzfrau Berta Vogt und riss mit Humor die Zuschauer von den Stühlen. Und auch die Techniker ließen es bei der Vorstellung der technischen Möglichkeiten eines Theaters so richtig „krachen“. Diese reichten beispielsweise vom Sonnenaufgang, musikalisch unterlegt von der Morgenstimmung von Edvard Grieg, bis hin zu Gewitterdonner mit beeindruckenden pyrotechnischen Effekten. Einblick in die zweite Sparte des Theaters, dem Schauspiel, boten Schauspieldramaturg Sebastian Clar und die Aufführung „Am Horizont“ in der Kammerbühne, die den Tag der offenen Tür abgerundete. Eine Vorstellung von der alltäglichen Probenarbeit gaben Regisseur Jonathan Failla sowie die Schauspieler Mona Luana Schneider und Gerold Ströher bei der öffentliche Probe zu „Zeit im Dunkeln“ im Malsaal.

Wie der Sommer 2016 meteorologisch aussehen wird, ist nicht sicher vorauszusagen. Eine sichere Prognose gibt es hingegen für das Programm des Nordharzer Städtebundtheaters von Juni bis September, das Intendant Johannes Rieger zum Ende des Tages der offenen Tür vorstellte. Es steht unter dem Titel „Auf der Harzreise mit dem Nordharzer Städtebundtheater“.

Neben zwei neuen Spielstätten, dem Kloster Hedersleben und der Waldbühne Benneckenstein, bietet das Programm einen bunten Mix aus Familientheater mit „Heidi“, aus Schauspiel mit „Das Wirtshaus im Spessart“, „Zwei Frauen und eine Leiche“, „Der Name der Rose“, aus Musical „The Addams Family“ und der Operette „Schwarzwaldmädel“. Nicht zu vergessen die bekannten und beliebten Open-Air-Konzerte in der Region, insgesamt 22, und damit, so Rieger, wurde ein neuer Rekord aufgestellt. Doch bevor der Intendant das Sommerprogramm inklusive druckfrisches Programmheft vorstellte, sorgten Julia Siebenschuh, wiederum als sächsische Austausch-Putzfrau Berta Vogt, und Arnold Hofheinz als Alm-Öhi aus „Heidi“, für ein entsprechendes mentales „warm up“ des Publikums, das höchst amüsiert den beiden Vollblutschauspielern folgte.

Einen ersten Vorgeschmack vom musikalischen Sommerprogramm boten Benedicte Hilpert, Klaus-Uwe Rein und Tobias Amadeus Schön mit Ausschnitten aus dem „Schwarzwaldmädel“ und der „Blume von Hawai“, letztere als Referenz an die laufende Produktion. Die drei Sänger repräsentierten stellvertretend für ihre Kollegen, die zum Gastspiel in Bad Helmstedt waren, eine weitere Facette des Musiktheaters. Sie wurden am Klavier begleitet von Hyung Ju Lee, Solo- und Ballettrepetitor.

Von Anfang an dabei beim Tag der offenen Tür an waren auch die Mitglieder des Theaterfördervereins Halberstadt, die die Besucher nicht nur über ihre vielseitige Arbeit informierten, sondern auch eine großzügige Spende zur Unterstützung ihrer Arbeit entgegennehmen konnten. Auch die Theaterkasse konnte ein positives Resumee ziehen.

Viele Besucher nutzten die Gelegenheit, um Karten, beispielsweise für „Am Horizont“ oder „Coppélia“ oder um Gutscheine zu kaufen, wie Jutta Gelinski sagte. „Bis bald, auf Wiedersehen in Ihrem Theater“, mit diesen Worten verabschiedete Johannes Rieger die Besucher des Tages der offenen Tür, die mit Herzlichkeit und Empathie im Nordharzer Städtebundtheater empfangen wurden und ihrerseits mit liebenswürdiger Spontaneität und Freude auf die facettenreichen Angebote, das Theater aus der Sicht der Künstler, Musiker und Techniker kennenzulernen, antworteten.