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Tiergarten Kängurus ziehen ins Wolfsgehege

Die Kängurus im Tiergarten Halberstadt sind umgezogen. Tierpfleger René Lindemann hat das neue Gehege gestaltet.

Von Sandra Reulecke 04.09.2018, 06:00

Halberstadt l Wer eine Familie gründet, braucht mehr Platz. Besonders, wenn sich gleich doppelter Nachwuchs ankündigt. Das ist bei den Kängurus nicht anders als bei den Menschen. Die Beuteltiere – noch sind sie zu dritt – aus dem Halberstädter Tiergarten haben gerade ihr neues Domizil bezogen. 800 Quadratmeter stehen ihnen nun zur Verfügung, teilt Tiergarten-Chefin Marina Breitschuh mit.

Noch zu Beginn des Jahres wäre das Gehege alles andere als ein sicherer Ort für die Bennettkängurus gewesen. Das Areal war der Lebensraum einer zehnjährigen Wolfs-Dame. Doch weil diese sehr unter ihrer Einsamkeit litt, nachdem alle Mitglieder ihres Rudels alters- und krankheitsbedingt gestorben sind, ist sie im Januar aus dem Tiergarten ausgezogen. Die Wölfin hat im Wolf- und Bärenpark Schwarzwald in Worbis ­(Thüringen) eine neue Heimat gefunden.

In den vergangenen Wochen wurde das Gehege nun für die neuen Bewohner vorbereitet. Unterstützung gab es dabei von der Jugendgruppe des Technischen Hilfswerks (THW), informiert Marina Breitschuh. „Zum Beispiel gab es noch Sturmschäden zu beseitigen.“

Hauptverantwortlich für die Neugestaltung des Areals war aber Tierpfleger René Lindemann, der seit acht Jahren in Halberstadt beschäftigt ist. „Er hat es mit viel Fantasie hergerichtet“, lobt die Chefin. „Und das für nur 900 Euro.“

Angelehnt an die Heimat von Kängurus, Australien, hat Lindemann die Anlage gestaltet. Es gibt unterschiedliche Böden, Sonnen- und Schattenplätze, Wasserstellen und einen Unterstand, der an eine Hütte im Outback erinnert. Dort stehen die Mahlzeiten für die drei Bennetts bereit. Außerdem gibt es einen geschützten Bereich, in dem sich die Tiere dank Holzfußböden und Rotlichtlampen an kühlen Tagen aufwärmen können. „Aber eigentlich vertragen Kängurus Kälte ganz gut“, sagt René Lindemann.

Der 49-Jährige ist ein großer Australien-Fan. „Das ist mein Lieblingskontinent, auch wenn ich noch nie dort war.“ Freunde von ihm jedoch schon. Fotos von deren Reisen dienten dem Halberstädter als Inspiration. Zudem hat er dank der Freunde einige originale Gegenstände aus Australien für die Dekoration bekommen.

Wie gut seine Einrichter-Qualitäten sind, können sich Besucher vielleicht ganz aus der Nähe ansehen. „Es gibt die Überlegung, dass Gehege für Besucher begehbar zu machen“, berichtet Lindemann. Jedoch müsse man erst sehen, wie sich da umsetzen lässt, ohne den sensible Tieren Stress zu bereiten, ergänzt Marina Breitschuh.

Dass so ein offenen Konzept funktionieren kann, beweist zum Beispiel der Zoo in Leipzig. Seit 2009 ist das dortige Gehege der Bennet-Kängurus für Gäste offen. Die Besucher werden ausdrücklich gebeten, sich ruhig zu verhalten und auf den vorgegebenen Wegen zu bleiben. So erhalten sie „einzigartige Beobachtungsmöglichkeiten“, heißt es auf der Zoo-Homepage.

Die Beuteltiere in Halberstadt zu beobachten, lohnt sich gerade sehr. Beide Weibchen – zwei beziehungsweise zweieinhalb Jahre alt – tragen Nachwuchs in den Beuteln. Schwanger sind sie allerdings nicht mehr, wie Zooinspektor Michael Bussenius erläutert. „Die Trächtigkeit dauert nur 42 Tage.“ Das winzige Jungtier wiegt dann nur ein halbes Gramm. „Es krabbelt nach der Geburt in den Beutel der Mutter und hängt sich an eine Zitze, die es so schnell nicht wieder loslässt.“ Ein halbes Jahr dauert es, bis das Jungtier schließlich den Beutel verlässt und nur noch dann den Kopf hineinsteckt, um zu säugen.

Nachwuchs war auch der Grund, warum die australischen Wappentiere ein neues Gehege bekommen haben – nicht etwa der eigene, sondern der der Emus, wie Bussenius lachend berichtet. Denn: Seit 1982 leben Emus im Tiergarten, 1984 kamen Kängurus dazu. Die beiden Arten lebten jahrelang friedlich nebeneinander in einem Gehege.

Doch als die flugunfähigen Laufvögel vor zwei Jahren Eier legten, entbrannte ein ausgeprägter Nachbarschaftsstreit. „Die Emus reagierten aggressiv, weil sie ihre Brut in Gefahr sahen, dann fingen die Kängururs an zu stänkern“, berichtet der Zooinspektor. Die Konsequenz: Die Tiere mussten getrennt werden, das gemeinsame Gehege wurde in zwei Teile geteilt.

Nun haben beide Arten wieder mehr Platz – auch für Nachwuchs. Doch bis der sich bei den Kängurus außerhalb des Beutels zeigt, wird es erst einmal Zeit für die Namenssuche. Bislang hat keines der erwachsenen Tiere einen Namen, berichtet Bussenius. „Aber vielleicht haben die Volksstimme-Leser ja ein paar gute Ideen.“

Namensvorschläge für die drei Kängurus – zwei Weibchen und ein Männchen nimmt die Redaktion per E-Mail an redaktion.halberstadt@volksstimme.de sowie postalisch an Volksstimme, Westendorf 6 in 38820 Halberstadt entgegen.