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Tiergarten Rechtsstreit um Chefposten in Halberstadt

Zwei Personen mit viel Erfahrung wollen Leiter des Halberstädter Tiergartens werden oder bleiben. Das Arbeitsgericht muss nun entscheiden.

Von Sandra Reulecke 16.02.2021, 00:01

Halberstadt l In Halberstadts Gerüchteküche brodelt es. Darüber, wer künftig den Tiergarten in den Spiegelsbergen leiten soll, müsse das Arbeitsgericht entscheiden. Zur Diskussion stehen zwei Personen: David Neubert, der den Posten seit zwei Jahren innehat, und Marina Breitschuh, seine Vorgängerin. Rund 15 Jahre lang hatte sie den Job.

Und den, so heißt es, will Breitschuh zurück. Wie innerhalb der Stadtverwaltung gemunkelt wird, hat ihr das Arbeitsgericht in erster Instanz bestätigt, dass das auch ihr gutes Recht sei. Mittlerweile sei das Verfahren in der zweiten Instanz, da die Stadt Berufung gegen das Urteil eingelegt habe. Denn so wie alle Verträge für Mitarbeiter der Stadt, sei auch in dem von Marina Breitschuh kein expliziter Arbeitsplatz festgehalten. So könne sie auf einen anderen versetzt werden, wenn dieser ihren Qualifikationen entspricht.

Öffentlich Stellung bezieht die Stadt nicht zu dem Fall. „Zu den Beschäftigungsverhältnissen einzelner Mitarbeiter äußert sich die Stadt Halberstadt aus grundsätzlichen Erwägungen heraus nicht. Diese unterliegen dem Beschäftigtendatenschutz sowie dem Schutz des Paragrafen 52, Absatz 2 Kommunalverfassungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt“, lautet die knappe Antwort der Verwaltung auf die Volksstimme-Nachfrage. In dem Gesetzestext steht unter anderem: „Die Öffentlichkeit ist auszuschließen, wenn das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner, insbesondere bei Personalangelegenheiten, ... dies erfordern. Über Gegenstände, bei denen diese Voraussetzungen vorliegen, ist nicht öffentlich zu verhandeln.“

Auch die andere Partei, Marina Breitschuh, hält sich bedeckt. „Ich bin meinem Arbeitgeber, der Stadt Halberstadt, gegenüber loyal“, betont sie. Dass sie sich mit diesem vor dem Arbeitsgericht gegenüber steht, wolle sie weder bestätigen noch dementieren. „Ich werde mich dazu nicht äußern.“

Unstrittig ist die Tatsache, dass sie vor rund zwei Jahren den Chefsessel im Tiergarten freiwillig geräumt hatte – allerdings nur für eine begrenzte Zeit. Nach einem Sabbatjahr wollte sie zurück an ihren Arbeitsplatz – doch da war dieser bereits anderweitig besetzt.

Mit David Neubert. Der Biologe war nach Halberstadt gezogen, um Breitschuh während ihrer Abwesenheit zu vertreten. Zum 15. November 2018 wurde er bei der Stadtverwaltung Halberstadt angestellt – befristet, wie damals aus dem Rathaus informiert wurde. Ende Dezember 2019 sollte dann Marina Breitschuh eigentlich wieder die Leitung des Tiergartens übernehmen. Doch Neubert ist bis heute der Chef der Anlage.

Statt in den Spiegelsbergen befindet sich der Arbeitsplatz von Marina Breitschuh nun am Domplatz. Sie unterstützt seit gut einem Jahr das Museumsteam im Heineanum im Bereich Museumspädagogik – laut Gerüchten ist diese Stelle genauso eingruppiert wie ihre vorherige. Finanziell gibt es also keine Einbußen. Glücklich sei sie mit dieser unfreiwilligen Veränderung dennoch nicht, heißt es. Komme diese doch einer Degradierung gleich.

Der neue Arbeitsplatz selbst dürfte dabei ein kleiner Trost für sie sein, ist das Heineanum doch ein Ort, der ihr sehr vertraut ist. Schon früher war Breitschuh in dem Naturkundemuseum tätig. Sie rief dort unter anderem die MoVo – „Ausstellung Moderne Vogelmaler“ mit ins Leben, die seit 2003 zweijährig ausgerichtet wird. Und auch die pädagogische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ist Breitschuh nicht fremd. Die 60-Jährige startete ihre Laufbahn bei der Stadt Halberstadt als Streetworkerin, durchlief anschließend mehrere Stationen innerhalb der Verwaltung, auch in leitenden Positionen. Dafür absolvierte sie Fortbildungen, Schulungen und Seminare.

Trotz dieser Weiterbildungen stieß ihre Führungsposition im Tiergarten nicht nur auf Verständnis und Gefallen. Ihr fehle die Qualifikation, da sie keine Ausbildung in dem Bereich Tierpflege oder etwas Vergleichbares vorweisen könne, wurde hinter vorgehaltener Hand geäußert.

Andere hielten dagegen, dass so etwas für eine Verwaltungsposition nicht zwingend notwendig sei. Schließlich sind Verwalter, etwa in einem Krankenhaus, auch nicht gleichzeitig Mediziner. Zudem hatte Breitschuh mit ihrem Vize Michael Bussenius einen erfahrenen Zooinspektor an ihrer Seite. Dieser war nicht zuletzt auch bei Veranstaltungen und öffentlichkeitswirksamen Terminen im Tiergarten präsent, sodass er von vielen Halberstädtern nicht nur als Gesicht, sondern auch als Chef der Anlage wahrgenommen wurde.

Nach mehr als 40 Dienstjahren wurde Bussenius im Januar in den Ruhestand verabschiedet. Dazu, welche Meinung er zum Konflikt um die Tiergarten-Spitze hat, möchte sich der Halberstädter nicht äußern. Das Kapitel sei für ihn beendet, sagt er auf Volksstimme-Nachfrage.

Im Gegensatz zu ihm steht David Neubert noch am Anfang seiner beruflichen Laufbahn. Der 33-Jährige stammt aus Weimar. Er kann eine Ausbildung als Jäger und Falkner vorweisen, studierte die Grundlagen der Forstwirtschaft, bevor er ganz ins Biologiestudium wechselte.

Sein Werdegang liefert augenscheinlich die besten Voraussetzungen für seinen Job in Halberstadt. Denn neben der Leitung des Tiergartens gehören auch der Stadtforst und die Fundtierunterkunft zu dem Aufgabenfeld. Zudem will sich Neubert ehrenamtlich als Stadtjäger engagieren und wartet nur noch auf die entsprechenden Genehmigungen der Waffenbehörde.

Im Gespräch mit der Volksstimme zu diesem Thema  berichtete Neubert, dass er gern Tiergartenchef in Halberstadt bleiben möchte. „Ich habe nicht umsonst ein Entwicklungskonzept für den Tiergarten aufgestellt, das ständig weiterentwickelt wird“, sagt er. Die Anlage sei aufgrund der Hanglage, des Sandsteins und des Waldes eine Besonderheit und gleichermaßen eine Herausforderung. „Aber eine, die Spaß macht. Ich mag Herausforderungen“, wie er betonte. Ihm sei es wichtig, bei all den anstehenden Arbeiten und Veränderungen selbst mit anzupacken. „Die Schreibtisch­arbeit ist wichtig. Aber ich sehe meine Aufgabe vor allem auch darin, das Team dabei zu unterstützen, etwas Neues zu schaffen. Das nehmen auch die Halberstädter wahr und honorieren es, denke ich.“

Er könne sich vorstellen, in Halberstadt sesshaft zu werden, ein Haus zu bauen, eine Familie zu gründen. „Ich möchte ankommen“, sagte Neubert vorigen Monat. Etwas, das Planungssicherheit, vor allem in beruflicher Hinsicht, voraussetzt.

Doch die sei mit einem Fragezeichen versehen, wird innerhalb der Stadtverwaltung gemunkelt. So sei der Arbeitsvertrag von Neubert bisher nicht entfristet worden – das werde solange nicht geschehen, solange der Rechtsstreit mit Marina Breitschuh vor dem Arbeitsgericht nicht geklärt ist. Dafür, so sagen Rechtsexperten, sei Geduld bei allen Beteiligten gefragt. Ein solcher Fall könne sich durchaus auch ein Jahr lang hinziehen, bis ein Urteil gefällt wird.