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Tuningday 55 Pokale für die schönsten Autos

Es müssen nicht immer neue Rekorde sein. 451 Autos sah der 6. Osterwiecker Tuningday.

Von Mario Heinicke 31.07.2018, 06:00

Osterwieck l „Ich bin voll zufrieden“, sagte Robert Wüstemann, der Kopf der „Eisbären“, jener Gruppe, die zu der Veranstaltung einlädt. Viel mehr Autos hätten auch kaum auf den Anger gepasst. „Wir mussten gut einweisen.“ Bei 515 Autos liegt der Rekord, 2017 waren es 384. Wohl auch, weil sich die „Eisbären“ damals entschlossen hatten, keine Pokale zu vergeben.

Daraus haben sie gelernt. Am Sonntag warteten gleich 55 Pokale auf die Teilnehmer. Der größte 60 Zentimeter hoch für das am besten „komponierte“ Tuning-Werk. Dieser ging nach Hildesheim an Christian Schmidt für seinen Opel Corsa B.

Doch es blitzen nicht alle Autos auf diesem Treffen. Einige „Rostlauben“ mischen sich unters Volk, „Ratten“ genannt. Am Opel Astra von Thomas Wilhelm war sogar eine Metall-Ratte aus der Motorhaube herausgeklappt. Sein Astra ist nicht etwa rostig, weil er schon Baujahr 1996 ist. Der Rost wurde professionell erzeugt. Wilhelm ist beruflich im Karosseriebau tätig. „Bei meiner Arbeit muss alles auf den Millimeter genau passen. Dieses Auto ist der Ausgleich, hier kann ich meine Seele baumeln lassen.“

Aus Homberg (Efze) südlich von Kassel war er nach Osterwieck gereist, zum ersten Mal. Und er konnte sich auch gleich über einen Pokal freuen.

Drei Pokale standen übrigens für die „Ratten“ zur Verfügung, vom Dardesheimer Markus Schrader aus Autoteilen handgeschweißte Unikate.

Mittendrin fiel ein Polizeifahrzeug ins Auge. Aufschrift und Blaulicht waren aber nur für die Schau per Magnet aufgelegt. Trotzdem ist es kein ganz normaler VW Passat Variant. Torben Gerkens aus Cuxhaven berichtete, dass der Wagen früher als ziviler Einsatzwagen bei der Kriminalpolizei lief. Er klappte die Beifahrertür auf und zeigte, dass darin noch ein spezielles Fach für eine Maschinenpistole vorhanden ist. Was man auch nicht sieht: Der einstige Benziner ist zu einem Dieselauto umgebaut worden. Ein langes Autoleben: Die Karosserie habe schon 500 000 Kilometer zurückgelegt.

Ein großer Teil der motorisierten Besucher ist indes schon nach Osterwieck gekommen, um zu zeigen, wie man einen handelsüblichen Wagen mit viel Geld und Idealismus in einen Brillanten verwandeln kann. Zum Beispiel der Braunschweiger Alexander Busse. Er kaufte sich einen VW Tiguan als Jahreswagen und steckte dann nochmals den dreifachen Betrag in sein Schmuckstück. In diesem Fall ins Aussehen, so dass der Tiguan gar nicht mehr als SUV erscheint. Der Motor ist der originale geblieben. Fast jedes Wochenende ist Busse zu Autotreffen unterwegs, nicht nur in Deutschland. Die Veranstaltung in Osterwieck gefiel ihm. „Es ist ein entspanntes Treffen.“

Peter Günther aus Klostermannsfeld hat dagegen auch beim Motor noch nachgeholfen. 250 Pferdestärken stecken jetzt unter Haube des Audi A4. „Aber ich fahre gemächlich.“ Seine Karosserie lag auf dem Rasen des Angers ab. Wenn er den Motor startet, fährt das Fahrwerk per Pneumatik wieder hoch.

„Es kommen jetzt immer mehr alte Volkswagen zu uns“, sagte Jan Großhennig von den „Eisbären“ und zeigte auf jene Modelle, deren Karosserie noch eckig war. Begonnen hatte der Osterwiecker Tuningday ja einst als Opel-Treffen. Schon zur zweiten Auflage war er markenoffen. Stammgast ist eine Alfa-Romeo-Gruppe, die sogar schon zur Premiere 2013 hier teilgenommen hatte. Die Akteure kommen aus allen Himmelsrichtungen. „Wir kennen uns von verschiedenen Treffen“, sagte Jürgen Weißenbilder aus Völpke.

Nach Osterwieck reisten sie bereits am Vorabend, um auf dem Anger zu übernachten. Zumal zu einer Warm-up-Party eingeladen wurde. Es wurde dann eine Nacht mit Hindernissen. Der Gewittersturm ließ das Partyzelt wegwehen. Es blieb nur die Schlafmöglichkeit im Auto, halb im Kofferraum. „Das war das erste und wohl auch das letzte Mal“, meinte Weißenbilder, auf den strapazierten Rücken verweisend.

Die Alfas, die in Osterwieck aufgereiht standen, sind übrigens Alltagsautos aus der Mitte der 1990er Jahre. Sie wurden zu Sportwagen der Deutschen Tourenmeisterschaft jener Zeit umgebaut. Und manchmal gehen die Alfa-Piloten damit auch auf die Rennstrecke, so im Motopark Oschersleben. „Wir kommen jedes Jahr gern wieder nach Osterwieck“, sagte Weißenbilder. Mittlerweile wird in Völpke selbst ein Autotreffen ausgerichtet, 2019 zum dritten Mal.

Dass sich die Osterwiecker Veranstaltung einen guten Ruf erarbeitet hat, zeigt sich auch an der gewachsenen Händlermeile. Acht Händler hatten ihre Stände aufgebaut, die Hälfte davon neu, berichtete Robert Wüstemann.

Nächstes Jahr soll es die siebente Auflage des Osterwiecker Tuningdays geben, selbst wenn die aktiven „Eisbären“ zuletzt weniger geworden sind. „Wir haben von über 20 Freunden und Familienangehörigen Unterstützung bekommen.“ Das ganze Treffen über waren auch Sanitäter der ehrenamtlichen DRK-Bereitschaft vor Ort. „Das ist mir wichtig, ich kann mich dafür nur bedanken“, betonte Wüstemann. Denn tatsächlich musste ein Besucher mit einem Schwächeanfall behandelt und ins Krankenhaus gebracht werden.