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Turmkugel geöffnet Das Geheimnis von Pabstorf ist gelüftet

Die Turmkugel der Bartholomäi-Kirche in Pabstorf ist vorsorglich entfernt worden. Fachleute haben sie geöffnet und Dokumente gefunden.

Von Ramona Adelsberger 20.03.2018, 05:00

Pabstorf/Halberstadt l „Die Dokumente befinden sich in einem recht guten Zustand“, beruhigt Papierrestauratorin Stefanie Volmer die Pabstorfer, die sich in das Gleimhaus in Halberstadt begeben hatten, um endlich mehr zum Inhalt ihrer Turmkugel zu erfahren.

Diese hatte ihren angestammten Platz hoch über Pabstorf verlassen müssen, nachdem Sturmtief Friederike im Januar über Pabstorf hinweg gefegt war. Die stürmische Dame hatte die Befestigung der Turmzier, zu der Wetterfahne und Turmkugel gehören, derart beschädigt, dass sie abgenommen werden musste.

Das war dann im Februar unter reger Anteilnahme der Pabstorfer Bevölkerung, der Leiterin des Kirchenamtes, der Ortschronisten, des Kirchenrates und des Ortschaftsrates geschehen. „Wir haben zwar einen kurzen Blick in die Zeitkapsel geworfen, die Bergung der Dokumente allerdings haben wir lieber Fachleuten überlassen“, berichtet Jost Rautenschlein, der es sich nicht hatte nehmen lassen, bei der Bergung mit dem Hubsteiger ganz oben in 35 Metern Höhe mit dabei zu sein.

Immerhin wies die Turmkugel eine Reihe von ­Einschusslöchern auf, so dass die Pabstorfer befürchten mussten, dass Feuchtigkeit die Dokumente zerstört haben könnte. Umso erleichterter sind die Pabstorfer nun, als die Restauratorin Entwarnung gibt und den Inhalt im Einzelnen erläuterte.

„Letztmalig ist diese Zeitkapsel im Jahr 1934 offen gewesen“, erklärt Stefanie Volmer. Vor allem Berichte und Beschreibungen über das damalige Baugeschehen am Kirchturm sind zu finden. Zwei verschlossene Umschläge, die das Datum 26. Juni 1934 tragen, werden gemeinsam geöffnet. Drei kleine Fotos finden sich in dem ersten Umschlag. Eines davon zeigt den ausgetrockneten Dorfteich Selda. Die Erklärung auf der Rückseite: „Der Teich wurde ausgeschlammt.“ „Das haben wir so bald wie möglich wieder vor“, meint Jost Rautenschlein.

Für Hans Günter Dittmer ist dieser Termin im Gleimhaus besonders emotional. Er ist hier nicht nur als Pabstorfer Ortschronist, sondern findet auch viele Dokumente mit der Handschrift seines Großvaters Wilhelm Dittmer, der als Bauunternehmer an den Arbeiten an der Kirche 1934 maßgeblich beteiligt war.

Aus der Pabstorfer Chronk hat Dittmer einen alten Zeitungsartikel der Braunschwieger Nachrichten mitgebracht, in dem die Bekrönung der Kirche Sankt Bartholomäi als ein überregionales Ereignis beschrieben wird.

Auch der zweite Umschlag trägt die Handschrift seines Großvaters. Wilhelm Dittmer hat hier fein säuberlich die einzelnen Arbeitsschritte bei der Krönung 1934 beschrieben. Unter anderem habe die Turmkugel 22 Einschusslöcher aufgewiesen, die er alle geschlossen habe, liest Hans-Günter Dittmer und wundert sich. „Offensichtlich war unsere Turmkugel schon immer ein begehrtes Ziel bei Schießübungen.“

Als nächstes vertiefen sich die Pabstorfer in eine Liste der Dokumente, die 1934 wieder in die Zeitkapsel gelegt worden waren, jedoch viel älter sind. Laut dieser Liste handelt es sich dabei um Urkunden aus den Jahren 1762, 1808, 1840, 1896 und 1899.

Nach einer kurzen Prüfung des Inhaltes sind sich Hans-Günter Dittmer und Heiner Stolze, der sich besonders mit der Chronik der Pabstorfer Kirche auskennt, recht sicher, dass es sich vor allem um Dokumente handelt, die sich um Veränderungen in der Sankt Bartholomäi-Kirche und in Pabstorf drehen. Für das Lesen dieser in Sütterlin verfassten Dokumente brauche er nur etwas Ruhe und Zeit, betont Hans-Günter Dittmer. Grundsätzlich beherrsche er diese alte Schrift. In einem der Dokumente wird die Pflanzung von Eichen beschrieben. „Wir werden diese Dokumente übersetzen und alle neuen Erkenntnisse in die Pabstorfer Chronik einfließen lassen“, kündigt Ortschronist Dittmer an.

Die Dokumente liegen nun erst einmal sicher verwahrt im Archiv des Halberstädter Gleimhauses. Am Ende wird der Gemeindekirchenrat von Pabstorf darüber entscheiden, wie genau weiter damit verfahren wird. Dabei gäbe es mehrere Optionen, erklärt Stefanie Volmer. So könnte man alle Originale wieder in eine sichere Hülse stecken und für die Nachwelt in der Turmkugel deponieren. Natürlich erst, nachdem jedes einzelne Dokument fachgerecht kopiert und digitalisiert wurde. Man könnte jedoch auch die Originale in einem Archiv aufbewahren und stattdessen Kopien der Dokumente in die Zeitkapsel einbringen.

Fest steht auf jeden Fall, dass für alle Interessierten eine Ausstellung mit allen Dokumenten vorbereitet werden soll. „Ein passender Termin könnte zum Beispiel die ‚Irische Nacht‘ sein, zu der für Sonnabend, 11. August, auf den Kirchplatz eingeladen wird“, sagt Heike Rautenschlein.