1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halberstadt
  6. >
  7. Streit um Hausabriss beendet

Urteil Streit um Hausabriss beendet

Über Jahre streiten Stadt Halberstadt und Wohnungsbaugenossenschaft um den Abriss eines Plattenbaus. Jetzt erhält die WGH Fördermittel.

Von Jörg Endries 28.03.2017, 01:01

Halberstadt l 13 Jahre mussten ins Land ziehen, sieben Anträge gestellt werden und fünf Gerichtsurteile ergehen, damit die Wohnungsbaugenossenschaft Halberstadt (WGH) einen vor 14 Jahren leergezogenen Plattenbau aus den 1980er Jahren im Zentrum Halberstadts abreißen kann. Ein Rechtsstreit mit der Stadtverwaltung Halberstadt lähmte die Planungen der WGH in der Heinrich-Julius-Straße.

Für Vorstand Karl-Heinz Schönfeld ist es bis heute schleierhaft, warum die Stadtverwaltung vehement jegliche unternehmerische ­Initiative der WGH auf dem Grundstück ausgebremst hat, obwohl der Landkreis Harz die denkmalschutzrechtliche Genehmigung erteilt hatte. „Lächerlicherweise wurde sogar das Argument ins Feld geführt, dass der Wohnblock als Tor zur Altstadt erhalten bleiben müsse“, erinnert sich Karl-Heinz Schönfeld.

Der kommunalen Halberstädter Wohnungsgesellschaft (HaWoGe), für die Andreas Henke als Oberbürgermeister automatisch Aufsichtsratsvorsitzender ist, wurden keine Steine in den Weg gelegt. Sie durfte an der benachbarten Kühlinger Straße 150 Wohnungen und 17 Gewerbeeinheiten abreißen und erhielt dafür eine kräftige Finanzspritze in Höhe von 662.740 Euro – Fördermittel von Bund und Land Sachsen-Anhalt. Mittlerweile wird die Brache mit neuen Wohngebäuden bebaut.

Der WGH hingegen verweigerte die Stadtverwaltung die Weiterleitung ihres Fördermittelantrages an das Land. Begründung: die Genossenschaft müsse als Gegenleistung eine Wiederaufbauverpflichtung unterschreiben. Das geschah nicht. „Wir wollen uns von der Stadt nicht diktieren lassen, was wir mit unserem Eigentum machen. Daraufhin verweigerte man uns die Unterstützung“, sagt Karl-Heinz Schönfeld im Volksstimme-Gespräch. Die HaWoGe hingegen verpflichtete sich, die Abrissbrache in der Kühlinger Straße wieder zu bebauen.

„Es ist ja nicht so, dass wir alternativlos waren. Wir haben mehrmals versucht, mit der HaWoGe über eine Veräußerung unseres Grundstückes ins Gespräch zu kommen. Das wurde kategorisch abgelehnt, ohne dass jemals über Details gesprochen werden konnte“, berichtet der WGH-Vorstand. Auch ein Grundstückstausch, den die WGH in einem Gespräch mit Oberbürgermeister Andreas Henke ins Spiel brachte und der sämtliche Gerichtsverfahren überflüssig gemacht hätte, wurde ausgeschlagen. „Wir haben ein halbes Jahr auf eine Antwort des Oberbürgermeisters warten müssen“, erinnert sich Karl-Heinz Schönfeld. Statt einer schnellen und unbürokratischen Einigung nutzte man im Rathaus die Zeit, um als neues Blockade-Instrument durch den Stadtrat eine „Erhaltungssatzung Lindenweg“ absegnen zu lassen, so der WGH-Vorstand.

Oberbürgermeister ­Andreas Henke (Die Linke) bedauert: „Die Stadt Halberstadt hatte in den vergangenen Jahren das Ziel einer durchgängigen Bebauung im Bereich Heinrich-Julius-Straße/Kühlinger Straße verfolgt. Hierzu war durch den Stadtrat eine Erhaltungssatzung erlassen worden, die in einem vom Eigentümer eingeleiteten gerichtlichen Normenkontrollverfahren vor dem OVG Magdeburg leider keinen Bestand hatte. Da die Stadt Halberstadt an diese Entscheidung gebunden ist, wurde der Fördermittelantrag durch uns an das Land weitergeleitet und ist bewilligt.“

Der Empfänger der Fördermittel für Stadtumbau/Stadtrückbau (im Besonderen Mittel für den Abriss) sei die Stadt Halberstadt. Daher entscheide auch die Kommune, sie an einen Dritten auszureichen. In diesem Fall haben sich Politik und Verwaltung dafür entschieden, wobei es keinen Rechtsanspruch auf Förderung gebe. „Rechtsstreitigkeiten über die Fördermittel gab es nicht, sondern nur über die Frage, ob das städtische Ziel der durchgängigen Bebauung mithilfe einer Erhaltungssatzung durchsetzbar ist“, betont Andreas Henke. Der Abriss selbst sei seit langer Zeit vom Eigentümer gewollt, allerdings wollte sich dieser nicht zu einer Wiederbebauung verpflichten. „Auch ohne Fördermittel hätte der Eigentümer das Wohnhaus längst abreißen können“, so der Oberbürgermeister.

Für Karl-Heinz Schönfeld steht fest, dass man „im Rathaus die fünf Gerichtsentscheidungen allem Anschein nach bis heute nicht verinnerlicht hat. Verwaltungs-, Oberverwaltungs- und Bundesverwaltungsgericht haben unterm Strich klar gemacht, dass es eine Wiederaufbauverpflichtung nicht gibt und auch noch nie gegeben hat.“

Trotz Fördermittelscheck steht ein Abriss-Termin für das umstrittene Gebäude in der Heinrich-Julius-Straße aus. Den wird es 2017 auch nicht geben, so der WGH-Chef. Abgesehen davon, dass die Genossenschaft das laufende Jahr mit Investitionen in Höhe von fast 12 Millionen Euro ausgeplant hat, will man warten, was die HaWoGe auf das angrenzende Eckgrundstück baut. „Wir lassen uns jetzt nicht erneut unter Druck setzen“, so Schönfeld.