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Vereine Bullige Technik für die Bergretter

Die Harzer Bergwacht kann nun mit zwei nagelneuen Jeeps zu Einsätzen ausrücken. Die Übergabe erfolgte in Halberstadt.

Von Dennis Lotzmann 27.06.2018, 01:01

Halberstadt l Es ist ein großer Moment – nicht nur für die aktiven Mitglieder der Harzer Bergwacht, sondern auch für Peter Jentsch. Der 83-Jährige ist an diesem Montagabend der Senior in der Truppe, die der Einladung zur Jahresausschuss-Sitzung der Bergwacht Sachsen-Anhalt nach Halberstadt gefolgt ist. Jentsch, der „seit etwa 1951“ als Bergretter dabei ist, will nicht nur jener von Sohn Heiner geleiteten Sitzung beiwohnen, sondern vor allem einen Blick auf die beiden neuen Jeeps werfen, mit denen die Engel vom Berg ab sofort zu Einsätzen starten.

Auf dem Hof der Halberstadtwerke stehen die beiden nigelnagelneuen VW Amarok für die Bergwacht-Gruppen Oberharz (Wernigerode/Schierke) und Unterharz (Thale). Die jeweils rund 85.000 Euro teuren Fahrzeuge hat das Deutsche Rote Kreuz (DRK) als Träger der Bergwacht mit 80-prozentiger Förderung des Landes angeschafft. Dank der geländegängigen rund 200 PS starken Jeeps, die speziell mit Rettungstechnik für bergiges Areal ausgerüstet sind, können in Thale und Wernigerode ein 26 Jahre alter Mercedes sowie ein Nissan, der zwölf Jahre in den Achsen hat, in den Museumsbestand wechseln.

Ein Fakt, den Bergwacht-Landeschef Heiner Jentsch in seiner Rede denn auch ausdrücklich betont: „26 Jahre – das ist ein tolles Alter für Bergwacht-Mitglieder, für Autos gilt das aber längst nicht mehr.“

Ein Satz, der die Freude der Bergwacht-Retter deutlich macht. Nach jahrelangem Ringen um eine auskömmliche Finanzierung ihrer ehrenamtlichen Arbeit und angemessene technische Ausstattung sind sie nun am Ziel.

Einerseits steht seit 2017 die Finanzierung im Rahmen eines Solidarpakts verschiedener Partner. Andererseits macht der Aufbau des Fachdienstes Bergrettung im Katastrophenschutz nun die schrittweise Anschaffung neuer Technik möglich. Die beiden Jeeps sind ein erstes handfestes Resultat der langwierigen Verhandlungen.

Gestartet waren die schon im Sommer 2015. Im Frühjahr dieses Jahres hatten ein Rettungseinsatz im Bodetal und die Berichterstattung der Volksstimme darüber das Dilemma der Bergwacht öffentlich gemacht. Immer wieder gingen die Retter nach Einsätzen leer aus, weil Krankenkassen nicht zahlten. Dass die Akteure, die sich oft auch privat der Kletterei verschrieben haben, zuweilen ihre eigene Ausrüstung für Rettungseinsätze verschlissen, war in der Tourismusregion Harz damals traurige Realität.

Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) und der oberste Katastrophenschützer im Land, Lutz-Georg Berkling, erkannten das Defizit, schalteten sich ein und verhandelten zielorientiert: 2017 war der finanzielle Schulterschluss perfekt. Neun Harzer Kommunen und die Kreisverwaltung bringen nun jährlich 20.000 Euro auf, weitere 20.000 Euro steuern pauschal die Krankenkassen bei. Diese finanzielle Planbarkeit ermöglicht dem DRK als Träger der Bergwacht Investitionen. Zugleich wurde die Bergwacht Bestandteil des Katastrophenschutzes. Das ist für die heute rund 100 aktiven Mitglieder einerseits bindende Einsatzverpflichtung. Andererseits werden so vom Land geförderte Anschaffungen wie die beiden Jeeps möglich.

Dass angesichts der Vorgeschichte auch Katastrophenschutz-Chef Berkling und die Ordnungsamtsleiterin der Kreisverwaltung, Katharina Wendland, der Übergabe beiwohnten, dürften die Bergretter auch als Wertschätzung ihrer Arbeit registriert haben.

DRK-Präsident Roland Halang erinnerte an den „gemeinsamen Gestaltungswillen und die Dynamik von Minister Stahlknecht: Er hat damals das Defizit gesehen, nicht lange gefackelt und das alles zu seiner Sache gemacht“, betonte Halang. Dafür seien ihm die Bergwacht und das DRK als Träger sehr dankbar.

Lutz-Georg Berkling hatte mit Blick auf die Kennzeichen der neuen Jeeps – QLB-BW 112 und WR-BW 112 – weitere positive Botschaften im Gepäck: Die Bergretter sollten sich weitere BW-Kennzeichen-Kombinationen reservieren, denn noch in diesem Jahr sollen zwei Mannschaftstransporter (MTW) beschafft werden. Damit nicht genug: „Wir planen mit einem dritten MTW, der dann als Einsatz-Leitwagen fungieren soll“, kündigte Sprecher Uwe George an. Obendrein sollen zwei All-Terrain-Vehikels – Quads mit Schneeketten – für den Wintereinsatz beschafft werden. „Diese notwendigen Komponenten sieht der Aufstellungserlass für den Fachdienst Bergrettung vor.“

Eine Entwicklung, die auch Senior Peter Jentsch begeistert: „Wir haben uns damals mit B 1000 und Robur-LO durch das Gelände gekämpft.“