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Verkehrsnetz Halberstadts Radwege im Test

100 Kilometer Fahrradweg zwischen den Ortsteilen und Halberstadt wurden getestet. Das Ergebnis fließt in das Fahrradwege-Konzept ein.

Von Jörg Endries 15.02.2019, 00:01

Halberstadt l Verkehrsplaner Martin Habsick strickt bereits seit Monaten an der Erstellung eines Fahrradwege-Konzeptes zwischen den sieben Ortsteilen Halberstadts und der Kernstadt. Mit großem Eifer und mit Argusaugen hat er persönlich das bestehende Radwegenetz und dessen Zustand unter die Lupe genommen. „Schließlich muss ich ja wissen, über was ich rede“, sagt Martin Habsick. Einen Monat saß er dafür insgesamt im Sattel seines Fahrrads. Ziel ist, den Konzept-Entwurf noch vor den Kommunalwahlen im Mai in den Ausschüssen des Stadtrates Halberstadt vorzustellen.
Bewertet wurden rund 100 Kilometer Wege – ohne Ortsdurchfahrten und ohne Mischverkehr auf den Bundes­straßen. Diese gliedern sich in ländliche Wege (Spurbahnen, Betonplattenwege, alte Pflastersteine, Schotterstrecken und ­Mischungen daraus) unbefestigte Feldwege, Waldwege, straßenbegleitende Radwege, Radwege im Mischverkehr (mit Kfz) und Wege, die noch nicht vorhanden sind, erklärt der Verkehrsplaner.
Das vorhandene Netz präsentiert sich in einem sehr unterschiedlich Ausbauzustand, so der Fachmann. Martin Habsick vergab dafür eine Art Schulnotensystem. Das reicht von 1 für separate Radwegeführung in einwandfreiem Zustand/Beleuchtung und Rastanlagen bis 6 für Mischverkehr im unverträglichen Bereich/Fahrbahnoberfläche kann nur mit erheblichen ­Sicherheitseinschränkungen benutzt werden/ bei schlechtem Wetter nicht befahrbar. Die Kriterien hat nicht er festgelegt, sondern das Forschungsinstitut für Straßen und Verkehrswesen.
Bei der Vergabe der Benotung geht Martin Habsick streng vor. Unterstützt wurde er dabei von Werner Fricke. Der 72-jährige Langensteiner absolviert jährlich nach eigenen Angaben etwa 6000 Kilometer mit dem Fahrrad und kennt sich bestens mit den Radwegen in der ­Region aus. Im Herbst 2018 übergab er dem Verkehrsplaner ein Papier mit insgesamt 20 Touren, die er unter die Lupe genommen hatte. „Wir haben in der Region so viele tolle Sehenswürdigkeiten, Kultur und Natur zu bieten. Diese Schätze könnte man alle per Rad erkunden. Das ist ein riesiges Potenzial und eine Chance für Halberstadt sowie die anderen Ortsteile, vom boomenden Fahrradtourismus zu profitieren“, stellt Werner Fricke (FDP) fest, der im Ortschaftsrat Langenstein sitzt. Allerdings muss dafür ein funktionierendes Wegenetz vorhanden sein.
Selbst ein vermeintlich sehr guter Fahrradweg wie der entlang der B 81 von Halberstadt in Richtung Emersleben erhält bei Martin Habsick nur eine 2. Obwohl er separat und von der vielbefahrenen Straße getrennt verläuft. Warum? „Der Winterdienst ist eingeschränkt und das letzte Stück des Weges ist einfach zu ­schmal“, begründet er. Die 1 verdienen nur Premium­wege. Und die sind im Umland der Kreisstadt selten beziehungsweise nicht zu finden. ­Allerdings ist es nicht Ziel, dass alle Fahrradwege künftig diesem hohen Anspruch gerecht werden. „Wir wissen, was wir wollen. Den Grundstein legen für anständig befahrbare Wege“, betont der Verkehrsplaner. Um sie touristisch vermarkten zu können, was Ziel des Fahrradkonzeptes ist, würden auch gute Mittelfeldeinstufungen ausreichen. Dafür gebe es einige Beispiele, so Martin Habsick.
Unter anderem den Fahrradweg zwischen Athenstedt-Aspenstedt-Sargstedt, der eine 2 bis 2,75 erhält – bedeutet: separate Radwegeführung in gutem Zustand, gute Fahrbahnoberfläche und genügend Breite, gute Sichtverhältnisse. Er sei ohne große Steigungen und „wunderschön zu befahren“. Das trifft auch auf die Strecke zwischen Ströbeck und Mahndorf zu. In einem schlechten Zustand befindet sich hingegen der vielbefahrene Holtemme-Fahrradweg von Halberstadt in Richtung Derenburg. Er bekam nur eine 4 bis 4,5 – bedeutet: Fahrbahn­oberfläche in ausreichendem bis mangelhaften Zustand, Wege können bei schlechtem Wetter nur mit Qualitätseinbußen benutzt werden, Sichtverhältnisse schränken Sicherheit ein.
Das Kriterium sehr schlecht erfüllt zum Beispiel der Radweg von Ströbeck nach Halberstadt/Eselsstieg. Der unbefestigte Feldweg weise tiefe Fahrspuren auf und verwandelt sich bei Regen in eine Matschstrecke, die kaum zu befahren ist, so Martin Habsick. „Nach Regen ist er unbefahrbar. Als Fahrradfahrer versinkt man dort.“ In einem schlechten Zustand befindet sich ebenfalls der Radweg zwischen Ströbeck und Athenstedt. Der alte Betonplatten­weg weise starke Absätze auf, die Radfahrern gefährlich werden können.
Ein großer Schwachpunkt des Radwegenetzes zwischen den Ortsteilen und der Kernstadt Halberstadt ist die fehlende Ausschilderung, stellt Martin Habsick fest. Eine gute Beschilderung sei vor allem für die älteren Fahrradfahrer wichtig, die sich weniger mithilfe von elektronischen Helfern orientieren. Bei der jüngeren Smartphone-Generation sehe das anders aus. Sie orientiert sich nicht anhand von Schildern, sondern mit entsprechenden Apps auf Handys. Darum beschäftigt man sich bei der Erstellung des Fahrradwege-Konzepts auch damit, das Wegenetz in diesen Apps einzuflegen, so Habsick.