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Wohnungswirtschaft Leerstandsprobleme in der Genossenschaft

Die Osterwiecker Wohnungsgenossenschaft hat mit Leerstand zu kämpfen. In den letzten Jahren lag dieser zwischen 14 und 17 Prozent.

Von Mario Heinicke 02.01.2018, 15:13

Osterwieck l Die Osterwiecker ist eine kleine Genossenschaft. 184 Wohnungen befinden sich in elf Gebäuden am Warberg und in der Florian-Geyer-Straße. Alles Altneubauten, zwischen 1958 und 1979 errichtet. In der DDR war es nahezu ein Privileg, hier am Stadtrand wohnen zu dürfen. Heute zieht es die Mieter eher in die Altstadt.

Von den 175 Genossenschaftern sind etliche noch Mitglieder der ersten Stunde. Dieses Jahr wird die Genossenschaft 60 Jahre alt. Am 6. Juli ist der Geburtstag, gefeiert werden soll mit allen Mietern bei einem Empfang am Folgetag vormittags im „Braunen Hirsch“. „Keine Riesensause“, sagt Joachim Turk, der Vorstandsvorsitzende und Geschäftsführer, und führt die Kassenlage an.

Rote Zahlen schreibt das Unternehmen zwar nicht, aber Investitionen und Wert-erhaltung sind schon seit Jahren nur mit Bedacht möglich. „Schwerpunkt sind die Heizungen“, erklärt Turk. „In vier Häusern müssen wir noch die Heizungskessel erneuern.“ Einer soll 2018 ersetzt werden. „Welcher, ist noch offen.“

Jedes Jahr werden darüber hinaus mehrere Wohnungen modernisiert. Für eine einzelne Wohnung müsse mit einem Aufwand um die 15.000 Euro gerechnet werden. 2018 sollen zwei Wohnungen grundsaniert werden. „2017 haben wir insgesamt mehr gemacht als wir eigentlich wollten.“ Joachim Turk zählt einen Heizungskessel, fünf Wohnungen und eine Wechselsprechanlage auf.

„In den 1990er Jahren wurde noch richtig viel investiert“, berichtet er.

Bis 2011 hatte die Genossenschaft 210 Wohnungen im Bestand. Dann wurde die Florian-Geyer-Straße 5 leergezogen. Mittlerweile ist der Wohnblock verkauft.

Ein Problem ist nach Turks Worten jetzt die Florian-Geyer-Straße 7. Von den 30 Wohnungen stehen 13 leer. Hier ist in den 1990er Jahren nicht so umfassend modernisiert worden wie in anderen Häusern. Dadurch ist die Miete hier im Gegenzug etwas günstiger. „Wir werden den Block Nr. 7 auch in den nächsten Jahren nicht sanieren“, unterstreicht Joachim Turk. „Langfristig wird er sicher leergezogen. Wir wollen jetzt aber keinen aufschrecken, es gibt noch keinerlei konkrete Planungen.“

Aktuell liegt die Kaltmiete einer modernisierten Wohnung bei 4,86 Euro pro Quadratmeter. Eine Kaution gibt es bei der Genossenschaft nicht, dafür muss der Mieter Genossenschaftsanteile erwerben. Je nach Wohnungsgröße zwischen 300 und 750 Euro, die er nach Auszug zurückerhält.

Zwischen 26 und 32 Wohnungen schwankt seit einigen Jahren der Leerstand im Unternehmen. 2017 sei es „ab Mitte des Jahres schwierig gewesen, Wohnungen an den Mann zu bringen“, berichtet Turk. Im Oktober sei daher eine Aktion angelaufen, Neumieter über befristete Mietnachlässe zu locken. Im Fokus steht dabei besonders Wohnraum im Obergeschoss. Der Erfolg lässt aber noch auf sich warten.

Bei Wohnungskündigung erfragt der Geschäftsführer natürlich auch, was die Gründe sind. „Viele ziehen zum Arbeitsort.“ Bei Zuzügen kommen Mieter selten von weiter her. „In der Regel stammen sie aus der Einheitsgemeinde.“

Wenig Einfluss hat die Genossenschaft auf die Nebenkosten der Wohnung. Der Trink- und Abwasserzweckverband (TAZV) Vorharz hat seine Gebührenerhebung für 2018 auf neue Füße gestellt. Zum Vorteil für Eigenheimbewohner, zum Nachteil für Mieter in Mehrgeschossern. Statt 160 Euro Grundgebühr müssten für einen Wohnblock jetzt über 3000 Euro gezahlt werden.

Nach Turks Informationen, die er vom TAZV erhielt, betragen die Mehrkosten pro Wohnung knapp 140 Euro. Geld, das auf die Mieter umgelegt werden muss. „Wir haben den Mietern vorgeschlagen, dass diese ab Januar zehn Euro pro Monat mehr bezahlen, damit sie nicht so hohe Nachzahlungen haben“, berichtet Turk.

Eine Belastung nicht für die Mieter, aber für das Unternehmen ist zudem, dass die Genossenschaft ab 2018 auch für leer stehende Wohnungen die Strom-Zählergrundgebühr bezahlen muss.

Joachim Turk ist erleichtert, dass „nach drei Jahren Kampf mit der Stadt“ die ersten Straßen hinter den Wohnblöcken ausgebessert wurden. Der Beton war zerlöchert, hier befinden sich die Eingänge zu den Häusern, und Fußwege gibt es nicht. „Die Mieter müssen also zu Fuß die Straße nutzen.“

Die Verwaltung der Wohnungsgenossenschaft arbeitet personell auf Sparflamme. Turk ist nur ein Teilzeit-Geschäftsführer. Vier Geringfügig-Beschäftigte bis zum Hausmeister komplettieren das Team. Die Buchhaltung wird ab 2018 fast vollständig extern erledigt.

Die Arbeit der vier Vorstands- und drei Aufsichtsratsmitglieder (Vorsitzende ist Monika Lange) erfolgt ehrenamtlich. 2017 sind deren Mitglieder wieder für drei Jahre gewählt worden. Der hohe Altersdurchschnitt der Genossenschaft macht sich auch hier bemerkbar, drei Ehrenamtliche sind bereits Rentner.

Vor diesen Hintergründen ist aber die Fusion mit einer größeren Genossenschaft kein Thema, unterstreicht Turk. „Es gibt in anderen Orten ja auch kleine Genossenschaften“, so der Geschäftfsührer.