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ZASt Halberstadt Ex-Baumarkt als Flüchtlingsquartier

Das Land sucht Möglichkeiten, um Flüchtlinge in feste Quartiere zu bringen. Jetzt rückt der frühere Praktiker-Baumarkt ins Blickfeld.

Von Dennis Lotzmann 16.10.2015, 09:32

Halberstadt/Magdeburg l Zwei Jahre nach dem Ausverkauf im einstigen Halberstädter Praktiker-Baumarkt könnte der Dornröschen-Schlaf der Immobilie schon bald beendet sein. Das Land denkt, wie Jörg Felgner, Staatssekretär im Finanzministerium, bestätigt, ernsthaft über eine Nutzung der Liegenschaft als Flüchtlingsunterkunft nach. „Wir prüfen im Moment die Eckdaten“, so der SPD-Politiker. Das gelte sowohl für diesen Ex-Baumarkt als auch für andere Objekte, die Eigentümer dem Land für die Unterbringung von Flüchtlingen angeboten hätten. „Da die prognostizierten Flüchtlingszahlen immer wieder nach oben korrigiert werden, hat es für uns oberste Priorität, alles, was für eine Unterbringung denkbar und möglich ist, zu untersuchen“, so Felgner. Die Entscheidung für oder gegen den früheren Baumarkt soll nun binnen Tagen erfolgen.

Doch warum erst jetzt? Warum erst Mitte Oktober, nachdem der Winter in dieser Woche erstmals mit Kälte und Schnee einen Vorgeschmack auf die kalten Monate gegeben hat? Schon im Sommer hatte ein Volksstimme-Leser an die seit Ende 2013 leer stehende Immobilie erinnert und seine Verwunderung deutlich gemacht: Einerseits die nahezu täglichen Berichte über fehlende Unterkünfte für Flüchtlinge, andererseits derartige Optionen, die ungenutzt blieben.

Eine Diskrepanz, von der auch Lothar Hartmann aus Harsleben berichtet. Er besitze in Halberstadt drei gegenwärtig leer stehende Wohnungen mit Küche und Bad, die er als Unterkünfte gern anbieten würde. Eine Offerte, die er vor rund acht Wochen schriftlich der Kreisverwaltung unterbreitet habe, sei jedoch ohne jede Reaktion geblieben, so der 71-Jährige verärgert.

Aus einfachen Gründen, wie Manuel Slawig von der Kreisverwaltung erklärt: „Bislang liegt die gesamte Flüchtlingsthematik im Harz-Kreis noch bei der Zentralen Anlaufstelle und damit beim Land. Als Landkreis müssen wir erst Flüchtlinge dauerhaft aufnehmen, wenn es weitere Zentrale Anlaufstellen im Land gibt. Wir bereiten uns auf diesen Tag X vor und sammeln bislang die eingegangenen Offerten für Unterbringungsmöglichkeiten“, so der Behördensprecher. Bislang lägen schon mehr als 100 Angebote vor.

Eines davon ist das von Lothar Hartmann. Der ist allerdings darüber verärgert, dass es nicht einmal eine Reaktion gab. „Ich hätte mir zumindest eine kurze Information gewünscht, verbunden mit dem Hinweis, dass man später auf mein Angebot zurückkommt“, sagt er. Wenngleich ihm weiter schleierhaft sei, warum die Verantwortlichen nicht jetzt und noch vor dem Winter sofort und unkompliziert auf derartige Angebote zugreifen. „Die Menschen in der ZASt brauchen doch jetzt Hilfe.“

Eine Erfahrung, die der Halberstädter Oberbürgermeister Andreas Henke (Linke) um einen Fakt ergänzt: „Ich habe neulich davon gehört, dass eine schwangere Frau in der ZASt die Wahl hatte, entweder allein in einem festen Wohngebäude unterzukommen oder zusammen mit ihrem Mann in einem Zelt.“ Sie habe sich für letzteres entschieden. Für solche Fälle oder für Familien, ist Henke überzeugt, wären Wohnungen doch optimal.

Zumindest aber erst einmal ein festes Dach über dem Kopf. Deshalb machen das Land und Finanz-Staatssekretär Jörg Felgner Tempo, um alternative Unterbringungsmöglichkeiten für die ZASt zu finden. Der frühere Praktiker-Baumarkt, der seit Ende 2013 leer steht und als Mietobjekt offeriert wird, sei nur eine denkbare Option, so Felgner. Auch ungenutzte Supermärkte oder Landesliegenschaften stünden auf der Prüfliste, die Mitarbeiter der Liegenschaftsverwaltung des Landes aktuell abarbeiten. Über die Ergebnisse will Felgner am kommenden Dienstag die Kabinettsmitglieder unterrichten. Das Ziel ist klar: Dann sollen möglichst gleich Nägel mit Köpfen gemacht werden.

Dass die Praktiker-Offerte – Felgner sieht hier Kapazitäten für 400 bis 500 Personen – aus Sicht des Landes sicherlich die Wunschlösung ist, liegt nicht zuletzt an der – im Vergleich zu anderen Objekten – logistischen Nähe zur ZASt. Auch Oberbürgermeister Henke würde es begrüßen, wenn die Zelte, in denen noch immer 700 bis 800 Menschen untergebracht sind, bis Ende Oktober verschwinden können. „Sollte es zur Nutzung des früheren Baumarktes kommen, werden wir diese Lösung als Kommune unterstützen.“ Seite 2

Herma Alpermann von der Kreisverwaltung registriert Angebote: Tel. (0 39 41) 59 70 61 35 oder per E-Mail: fluechtlingshilfe@kreis-hz.de