1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halberstadt
  6. >
  7. Wenn zwei sich streiten ...

Zoff im Rat Wenn zwei sich streiten ...

Der Haushalt im Osterwiecker Stadtrat wurde mit großer Mehrheit beschlossen. Doch fast wäre es zu Eklat gekommen.

08.07.2017, 14:11

Stadt Osterwieck l Freunde werden sie in diesem Leben nicht mehr, die Ortsbürgermeister von Osterwieck und Rohrsheim, Ulrich Simons (CDU) und Hans-Jörg Gifhorn (Aktive Bürger). Das ist in Stadtratsdebatten seit Längerem zu beobachten. Diesmal musste Stadtratsvorsitzender Dirk Heinemann (SPD) einschreiten, um insbesondere Gifhorn zu bremsen, aber auch Simons’ Fraktionskollegen Uwe Reuer (CDU) zur Ordnung zu rufen. „Das war kein Lehrstück für kommunale Arbeit“, betonte Heinemann und mahnte den Rat: „Lasst uns doch einen anderen Umgang versuchen.“

Was war passiert?

Es geht um den Neubau des Rohrsheimer Feuerwehrgerätehauses. Die Ortswehr muss für Technik und Ausbildung derzeit drei Standorte im Dorf nutzen. Zunächst hatte Ulrich Simons im Rat die Finanzlage der Stadt kritisiert: 3,3 Millionen Euro Defizit, ein Schuldenstand von 30 Millionen Euro. Verbunden mit dem Standpunkt, die Stadtverwaltung hätte mehr tun können. „Dieser Haushalt führt ins Unglück.“

„Nur ein Beispiel“, fuhr Simons fort. „In Rohrsheim soll ein Feuerwehrhaus gebaut werden für eine Million Euro. Ich habe mir das in Rohrsheim anguckt, ich war tief beeindruckt von den Feuerwehrkameraden, die unter diesen Umständen noch ihren Dienst leisten. Da habe ich höchste Achtung vor.“

Simons erinnerte aber auch an jene Ausschusssitzung im März bei besagter Feuerwehr, als Fachbereichsleiter Detlef Schönfeld den Rohrsheimern vorgeschlagen habe, auch eine Alternative anzubieten. Denn das Grundstück ist bisher nicht im Gemeindeeigentum, es wären Abrissarbeiten erforderlich, zudem wäre es weit größer als von der Wehr benötigt. „Eine Alternative ist nicht gekommen. Ich schätze, man könnte das auch für viel weniger Geld bauen. Das ist keine gute Lösung für das Problem.“

Zunächst wies Bürgermeisterin Ingeborg Wagenführ (parteilos/Buko) den Vorwurf, die Verwaltung hätte zu wenig für den Haushalt getan, „vehement zurück“. Sie schilderte, durch welche Anstrengungen das anfängliche Defizit von 4,6 Millionen auf jene 3,3 Millionen Euro reduziert werden konnte.

Danach bekam Hans-Jörg Gifhorn das Wort und schoss die ersten Pfeile auf Simons: „Nun fangen Sie bitte nicht an, mit Rohrsheim und einer Million auf der Feuerwehr herumzureiten. Das verbitte ich mir. Ich möchte nur daran erinnern, welches Theater Sie hier in Osterwieck machen mit der Feuerwehr.“ Damit meinte er die Parkplätze für die Osterwiecker Wehr, die nach jahrelangen Diskussionen nun im Frühjahr gebaut wurden.

Gifhorn erinnerte Simons daran, dass mit dem Rohrsheimer Bau zugleich Löschwasserprobleme im Dorf beseitigt werden sollen, indem auf dem Grundstück zwei Wassertanks eingelassen werden. Weil das Grundstück so groß ist, könnten auf dem nach hinten liegenden Teil gegebenenfalls zwei Eigenheime gebaut werden. „Der Bedarf ist da. Das wäre eine Refinanzierung für das Grundstück“, so Gifhorn.

Das untermauerte Fachbereichsleiter Schönfeld. „Das Löschwasser ist ein Problem in Rohrsheim. Am Grundstück sitzen wir schon jahrelang dran.“ Beim Neubau sei man erst in der Vorplanung. Das Vorhaben resultiere aus der Risikoanalyse zum Brandschutz. Es werde sehr schwierig werden, das Grundstück zu bekommen, erklärte Schönfeld. Deshalb habe er im März gesagt, man sollte überlegen, ob man im Ort möglicherweise einen Plan B habe. Momentan sei es für die Rohrsheimer Feuerwehr „kein Zustand“.

Auf Anfrage von Erwin Marchlewsky (CDU) sagte Schönfeld, dass es sich bei der einen Million um eine grobe Schätzung handele, in der aber alle Kosten erfasst seien. Von Grunderwerb bis zur Löschwasserzisterne. Wobei die Stadt mit einer hohen Förderung rechnet, sodass man laut Schönfeld nur von 350 000 Euro Eigenmitteln ausgeht.

Ratsvorsitzender Heinemann nahm sich schließlich der „Zwiegespräche zwischen zwei Personen hier am Tisch“ an, woraus er entnehme, „hier gönnt der eine dem anderen nichts. Ich denke, wir müssen diskutieren, was wir in Rohrsheim machen. Ich kann nachvollziehen, dass die Ortschaft ein Interesse hat, einen Schandfleck im Ort verschwinden und einer vernünftigen Nutzung zukommen zu lassen.“ Wenn es eine Förderung gäbe, so Heinemann, sollte niemand etwas dagegen haben, das Vorhaben umzusetzen.

Hans-Jörg Gifhorn wies nochmal auf die Löschwasserproblematik hin. „Wir hatten vergangenes Jahr einen Brand in Rohrsheim. Wäre die Badeanstalt nicht dagewesen, wären die ganzen umliegenden Gebäude mit abgefackelt.“ Und sehr eindringlich: „Das sind alles Fakten, die mit dazugehören, Herr Simons.“

Als es danach laut wurde, platzte Simons‘ Platznachbar Uwe Reuer offensichtlich der Kragen. Mit den Worten „Du bist wohl voll“ grätschte er verbal dazwischen. Heinemann gelang es die Wogen zu glätten. Er bat „die Herren um Mäßigung“ und Gifhorn, „die Angriffe auf Herrn Simons zu unterlassen“. Gifhorn: „Dann soll er sie auch mir gegenüber unterlassen.“ Heinemann: „Ich habe keinen Angriff von Herrn Simons …“ Gifhorn: „Es geht um Rohrsheim.“ Heinemann: „Herr Gifhorn, Sie verwechseln Person und Sache. Es geht um die Sache in Rohrsheim, die Herr Simons angesprochen hat, die auch ich nachvollziehen kann. Sie fühlen sich persönlich angegriffen, keilen persönlich zurück. Das ist nicht in Ordnung.“ Was Reuer und Gifhorn mit einem „Entschuldigung“ quittierten.