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Haushalt Einheitsgemeinde droht finanzielles Desaster

Der Stadt Oebisfelde-Weferlingen droht das finanzielle Desaster: Ein Dienstleister will Gewerbesteuern in Millionenhöhe zurück.

Von Harald Schulz 17.09.2015, 01:01

Oebisfelde-Weferlingen l Es verschlug einigen Ratsmitgliedern des Hauptausschusses am Montagabend im Verlauf der Sitzung im Burgverbinder in Oebisfelde die Sprache, als Bürgermeisterin Silke Wolf (Die Linke) gleich mehrere Hiobsbotschaften vorlegte.

Ratsherr und Ausschussmitglied Martin Herrmann (parteilos) meinte kopfschüttelnd, dass diese Situation dem Bürger nicht mehr verständlich zu erklären ist. Und so empfanden parteiübergreifend wohl viele Mitstreiter.

Noch mehr Diskussionen werden sicherlich die Vorschläge für weitere Einsparungen im Rahmen der Haushaltssperre bei der Stadtratssitzung am 29. September ab 19 Uhr im Rittersaal der Oebisfelder Burg auslösen.

Der drohende Bankrott für die städtischen Finanzen bahnte sich mit einer Betriebsprüfung bei dem größten Gewerbesteuerzahler der Kommune bereits Ende August an. Als ein Ergebnis der Prüfung stand nach Prüfungsschluss die Verlagerung des Firmensitzes des Dienstleisters von Oebisfelde nach Braunschweig fest, was immense Rückzahlungen von Gewerbesteuereinnahmen nach sich ziehen wird.

Die Höhe der zu stornierenden Gewerbesteuern kann sich sogar bis zu einer Summe von über 10 Millionen Euro plus Verzinsung belaufen, nannte Silke Wolf eine mögliche Summe. Das Unternehmen hat für 2015 nur für das erste Halbjahr gezahlt. Wohl aus dem Grund, dass der seit 2008 in Oebisfelde gemeldete Firmensitz mit dem vergangenen 6. August notariell in Braunschweig festgestellt wurde.

Geplant hatte die Stadt die Summe von 1,8 Millionen Euro auf das Jahr gerechnet, so die Bürgermeisterin. Die Gewerbesteuereinnahmen des Betriebes belaufen sich für 2014 und 2015 auf insgesamt knapp 3,1 Millionen Euro.

„Die Finanzkraft der Gemeinde wird dauerhaft ganz erheblich geschwächt.“

Silke Wolf, Bürgermeisterin der Einheitsgemeinde Oebisfelde-Weferlingen

Die Gesamtsummen an Gewerbesteuereinnahmen für die Stadt werden für das Jahr 2014 mit über 3,3 Millionen Euro ausgewiesen. Für dieses Jahr hatte die Stadtverwaltung mit einer Summe von deutlich über 4,6 Millionen Euro gerechnet.

Die Bürgermeisterin informierte den Landrat, mit der Bitte um Unterstützung auch die Obere Kommunalaufsicht und das Finanzministerium Sachsen-Anhalt, da aus ihrer Sicht „die Finanzkraft der Gemeinde dauerhaft ganz erheblich geschwächt wird“. Wie die Bürgermeisterin und Verwaltungschefin im Gespräch mit der Volksstimme informierte, habe es bislang noch keine Antworten auf ihre schriftlich gestellten Bitten in Kreis und Land gegeben.

Dieses Damoklesschwert schwebt als zusätzliche Belastung über die finanziell bereits eh schwer angeschlagene Kommune – und die wird das Finanzkorsett in Sachen freiwillige Aufgaben fast bis zum Zuschnüren enger knoten müssen.

Für freiwillige Zuwendungen waren insgesamt 1,5 Millionen Euro eingestellt, nun sind es nur noch maximal 375 000 Euro, wie der Hauptausschuss erfuhr. Und die bestehende Haushaltssperre muss ausgeweitet werden, um überhaupt noch haushalten zu können, informierte das Stadtoberhaupt.

Um die finanziellen Einschnitte so gering wie möglich zu halten, ordnete Bürgermeisterin Silke Wolf an, „keine neuen Maßnahmen zu veranlassen, aus denen sich eine finanzielle Verpflichtung ergibt“. Die Folgen daraus sind gravierend, führen unter anderem dazu, dass die sogenannten „Knisterumschläge“ nicht mehr mit Geld gefüllt werden dürfen.

Aber auch die Nutzer von Sportstätten, kulturelle Veranstalter und Vereine können nicht mehr mit städtischen Zuwendungen rechnen.

„Die bestehende Haushaltssperre muss ausgeweitet werden, um überhaupt noch haushalten zu können.“

Bürgermeisterin Silke Wolf

Auf den Stadtrat rollt eine neue Notstandswelle zu. Wie von der Bürgermeisterin zu erfahren war, wird die bisher gültige Einsparliste in der neuen noch weiter ausgedehnt. Diese Liste soll bis zur kommenden Sitzung des Hauptausschusses vorliegen.

Die Ausschussrunde ließ nicht erkennen, dass es einen Richtungswechsel außerhalb des bisher erarbeiten Sparpakets geben wird. Es kam sogar der Vorschlag, die erweiterten Einsparvorschläge zu blockieren. Schuldzuweisungen und Zweifel an der Effektivität der kommunalen Fusion wurden laut. Ausschussmitglied Manfred Wesche (CDU) regte hingegen an, die Kontakte zur Wirtschaft zu intensivieren, um finanziell wieder Boden gut zu machen.

Sollte der Stadtrat nicht in Richtung eines neuerlichen Sparkurses einlenken, könnte das im schlimmsten Fall dazu führen, dass die Kommune nach dem Scheitern eines sogenannten Zweitbeschlusses dann zwangsverwaltet wird, hieß es von Silke Wolf.

So gar nicht in diese Diskussion passte am Montagabend der Beschluss der Hauptausschussmitglieder, die geänderten Sätze für Aufwandsentschädigungen für Ehrenbeamte und ehrenamtliche Funktionsträger bei den Feuerwehren beizubehalten.

Die dazu vorgesehenen Satzungsänderungen wurden einstimmig zur Entscheidung durch den Stadtrat durchgewunken.

Bürgermeisterin Silke Wolf sieht zwar die Notwendigkeit ein, die Arbeit solcher verantwortungsbewussten Personen entsprechend finanziell zu stützen, doch mahnte sie zum Sparen.

Die Aufwandsentschädigungen für Feuerwehrkameraden haben das Budget um die doppelte Summe gesprengt. „Es sind meist nicht die kleineren ortsansässigen Firmen, die entsprechend berechtigte Anträge stellen, sondern viel häufiger reichen Großunternehmen die Erstattung von Arbeitsausfallstunden ihrer Arbeitnehmer ein“, so Silke Wolf.