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Jubiläum (Turm)Theater bestimmt ihr Leben

Das Turmtheater ist zehn Jahre alt geworden. Das Ensemble beging den Geburtstag mit einem Rückblick auf schaffensreiche Jahre.

Von Marita Bullmann 18.09.2015, 01:01

Haldensleben l Ganz anders als vom quirligen Geburtstagskind erwartet, begann das Geburtstagsfest am Mittwochabend mit Stille. Frank Uebel bat um eine Schweigeminute für die Theatermitglieder, die in den vergangenen Jahren verstorben sind. Und nach diesem Gedenken bekamen die Mimen zuerst einmal ein großes Lob von Janina Otto, Leiterin des Alsteinklubs in der Kulturfabrik. Das Turmtheater steht nämlich mit den am meistbesuchten Veranstaltungen in der Kulturfabrik zu Buche. Da komme die Magdeburger Zwickmühle nicht mit, die an diesem Abend zwei Etagen höher eins von zwei ausverkauften Gastspielen gab, und auch nicht die Travestie-Show, versicherte Janina Otto.

Seit 2009 probt und spielt das Turmtheater in der Kulturfabrik. „Sieben ausverkaufte Veranstaltungen in jedem Jahr, und es können bestimmt auch zehn werden“, mutmaßte die Klub-Leiterin. „Für uns wird mit wenig Kosten das Haus belebt und bereichert.“ Und die Akteure treten nicht professionell auf, sie machen das neben ihrem Job, in ihrer Freizeit. Dafür sparte Janina Otto nicht mit Anerkennung.

Einen kleinen Rückblick auf die zehn Jahre gab Judith Vater in ganz lockerer Form. Sie erinnerte an die einzelnen Aufführungen, auf die eine große Ausstellung mit Zeitungsausschnitten, Fotos und vielen Requisiten eingeht. Eine Chronologie machte in der Ausstellung auf einen Blick deutlich, in wie viele Rollen die Schauspieler schon geschlüpft waren.

Humorig erzählte Judith Vater auch von vielen kleinen und größeren Problemen, die das Theaterteam schon zu bewältigen hatte. Sie stellte Fragen wie: Was machen Sie, wenn der ICE nicht pünktlich ist und ein Darsteller – trotz vier Stunden Pufferzeit – erst um 19.23 Uhr auf dem Bahnhof in Magdeburg ankommt, die Vorstellung in Haldensleben aber um 20 Uhr beginnen soll? Was machen Sie, wenn nicht nur einer auf der Bühne seinen Text durcheinander bringt, sondern gleich mehrere und die Soffleuse händeringend suchen muss, wo es denn nun weitergeht? Oder wenn einer auf die Bühne kommt, obwohl er noch gar nicht dran ist? Wie viele Mitwirkende haben mit Fieber, Husten und anderen Krankheiten auf der Bühne gestanden, damit die Vorstellungen stattfinden konnten, stellte sie rückblickend fest. Die vierfache Mutter hat sogar hinter der Bühne gestillt.

Eingehend auf die Legende vom Roland-Klau und der Aufführung dazu und der Aufführung zu den Ostfalen-Tagen stellte Judith Vater fest, dass anfangs das Interesse an der Stadt-Geschichte die Laienspieler zusammenführte. Die ersten Mitglieder kamen vom Bülstringer Torturm und den Stadtführern mit sehr großem Anteil von Ruth Appel. Mitarbeiter der Stadtverwaltung halfen beim Aufbau einer Theatertruppe.

„Kein Stück hat das Turmtheater so oft gespielt wie die ,Goldene Gans‘, und das mit immer wieder wechselnden Besetzungen.“

Von der Stadtgeschichte gab es einen Schwenk auf Märchen. „Kein Stück hat das Turmtheater bisher so oft gespielt wie die ,Goldene Gans‘, und das mit immer wieder wechselnden Besetzungen. Für dieses Stück hat die verstorbene Corinna Leder das Drehbuch geschrieben. Vom Teufel mit den drei goldenen Haaren wandte sich das Turmtheater dann dem „Politisch korrekten Schneewittchen“ zu, und da hatte das Theaterteam schon den Sprung von der Märchenbühne ins Komödiantische gewagt. „Eigentlich spielen wir uns selber“, stellte Judith Vater fest, denn nichts sei spannender als das Leben.

Mit „Meine Leiche, deine Leiche“ 2010 blieb das Theaterensemble auf der Schwank-Schiene. Für dieses Stück musste Yves Rösener mehrmals sterben, zum ersten Mal bereits für das Plakat, erinnerte die Theater-Chefin. Zu großen Ehren kam in diesem Stück auch ein Hauptrequisit, das auch immer wieder in anderen Stücken auftaucht – eine orangefabene Mollidecke.

Ganz viel Kreativität brauchten die Mimen, um bestimmte Handlungsstränge effektvoll umzusetzen. Stundenlanges Probieren gab es zum Beispiel, bis sich ein Liebespaar unter dem Tisch so gekonnt annäherte, dass es auch die Zuschauer richtig mitbekamen. Selbst auf Schattenspiele griffen die Akteure zurück.

Judith Vater dankte allen, die das Turmtheater bisher unterstützt haben. Dazu gehört der Verein zur Förderung der Kultur- und Heimatpflege, in dem das Theater als eine Untergruppe läuft. Aber auch die „Spitzentechniker“ Bernd Heinecke und Dirk Losensky aus der Kulturfabrik. Und ein Dankeschön ging auch „an die Ehepartner, die vieles ertragen müssen von Demoralisierung bis zu Stimmungsschwankungen.“ Und natürlich auch die Abwesenheit an jedem Proben-Mittwoch und zu den Aufführungen.

Hoffnung, dass das Turmtheater fortlebt, geben die „Türmchen“, die Kinder, die Regina Peters betreut. Sie können jetzt allerdings noch nicht in Abendveranstaltungen eingebunden werden.

Heute in einer Woche hat das Turmtheater in der Kulturfabrik Premiere mit dem neuen Stück „Amnesie für Fortgeschrittene“. Sieben Aufführungen sind wieder geplant. Und die Ausstellung – ohne Requisiten – ist zu den Aufführungen auch zu sehen.

Er wünsche ihnen, dass nicht eine Karte unverkauft bleibt, wandte sich Fritz Bruhnke, Vorsitzender des Vereins zur Förderung der Kultur- und Heimatpflege, an die Theaterspieler. Und außerdem wünschte er, „dass aus den 10 Jahren mindestens 20 werden.“ Der Vorsitzende des Trägervereins hatte einen bunten Strauß von Zitaten zum Theater mitgebracht, und dazu gehörte auch Friedrich Schiller, von dem der Spruch stammt von den Brettern, die die Welt bedeuten. Und auf diesen Brettern können die Fans vom Haldensleber Turmtheater noch viel Lustiges erwarten!