1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Haldensleben
  6. >
  7. Auf dem Land gibt's Nachholbedarf

Ärztemangel Auf dem Land gibt's Nachholbedarf

Das Durchschnittsalter der Hausärzte in der Börde nimmt zu. Die Nachbesetzungsquote ist dürftig. Mancherorts reicht die Versorgung nicht.

Von Andreas Satzke 04.02.2016, 00:01

Haldensleben l Mit dem Thema „Ärztliche Versorgung im ländlichen Raum“ hat sich der Keisseniorenrat beschäftigt. Dazu war Tobias Irmer, stellvertretender Hauptabteilungsleiter für vertragsärztliche Versorgung der kassenärztlichen Vereinigung (KV) Sachsen-Anhalt, vor Ort.

Joachim Hoeft vom Kreisseniorenrat zeigte sich besorgt über den steigenden Altersschnitt und die dadurch entstehende Notwendigkeit für mehr Ärzte, gerade im ländlichen Raum. Hinzu käme, laut Hoeft, dass die ländlichen Gebiete dünner besiedelt sind, sich daraus längere Wege zu Ärzten ergeben.

Dies konnte auch Tobias Irmer nicht verneinen, der erklärte, nach welchem Prinzip die Versorgung von Gebieten mit Arztpraxen funktioniert. „Die Hausarztpraxen und ihre Belegungen sind in Mittelbereiche unterteilt“, erklärte Irmer. Diese werden von der KV festgelegt. Ob jeder dieser Mittelbereiche ausgelastet ist, lässt sich durch den Versorgungsgrad bestimmen. Dieser ist von der Arztzahl sowie der Einwohnerzahl in dem jeweiligen Gebiet abhängig.

„Der Versorgungsgrad lässt sich durch demographische Fakten manchmal noch anpassen“, erklärte Irmer. Sobald der Versorgungsgrad über 110 Prozent liege, werde dieser Bereich für Praxisneugründungen gesperrt und gelte als versorgt. Bei Praxisübernahmen würde ab einem Versorgungsgrad von 140 Prozent zwingend geprüft, ob eine Neubesetzung wirklich sinnvoll sei. Diese Prüfung könne aber auch schon ab 110 Prozent stattfinden.

Die Börde sei nicht in allen Bereichen mit zufriedenstellendem Versorgungsgrad versehen. In Oschersleben liege der Grad bei 111 Prozent, also knapp über dem maximalen Versorgungsgrad, doch in Haldensleben lediglich bei 91,2 Prozent. „Das bedeutet insgesamt sieben offene Planungsstellen im Hausarztbereich“, sagte Irmer. „Wir hoffen, diese baldmöglichst zu besetzen.“

Dabei helfen kann auch die Internetseite der kassenärztlichen Vereinigung. Dort gibt es eine Praxisbörse für Ärzte, die noch auf der Suche sind. Denn die Nachbesetzung ist ein großes Problem, so liegt die Quote in Sachsen-Anhalt derzeit bei gerade mal 64 Prozent und damit deutlich zu niedrig. Ein weiterer Faktor ist das Durchschnittsalter von 55,69 Jahren der praktizierenden Hausärzte im Landkreis Börde. 35 Prozent der Ärzte sind 60 Jahre oder älter.

Beim Bedarf an Fachärzten, der nach Kreisen eingeteilt wird, sieht es besser aus. Dort sei sowohl das Durchschnittsalter geringer, informierte Irmer, als auch die Stellenbesetzung besser. Lediglich eine Hautarztstelle sowie eine Nervenarztstelle sind noch offen, um den Planungsbereich optimal zu füllen. Zudem gebe es im Großraum Magdeburg noch zu besetzende Planstellen für Kinder- und Jugendpsychiater.

Die KV unterstützt durch verschiedene Programme werdende Ärzte. Unter anderem durch Stipendien für Allgemeinmediziner. Auch Weiterbildungsangebote werden von der KV gefördert, um den Beruf des Allgemeinmediziners wieder attraktiver zu machen.

„Wir müssen den Studenten und angehenden Ärzten die Chance geben, den ländlichen Bereich kennenzulernen, sonst können sie gar nicht auf die Idee kommen, dort eine Praxis zu eröffnen“, sagte Irmer. Speziell für die Augenheilkunde und die Dermatologie werden ebenfalls Förderungen angeboten, da diese Bereiche sachsen-anhalt-weit die Problemkinder im Facharztsektor seien.

Auch eine bessere Ausbildung des nichtärztlichen Fachpersonals ist eine Methode, die großen Anklang findet. „Dort können die Fachkräfte einer Praxis dem Arzt gewisse Aufgaben abnehmen, ihn so entlasten und für eine bessere Patientenbetreuung sorgen“, sagte Irmer.

Laut ihm spricht einiges dafür, für das umgesetzte Modell die Praxenanzahl zu regulieren. „In Einzelfällen kann das natürlich bedeuten, dass manche Menschen einen weiteren Weg zum Arzt haben“, gab er den Kritikern recht. „Doch der Hausarzt ist auch der Türhüter des Gesundheitswesens, nur er kann folgende Behandlungen verschreiben und verursacht so natürlich auch Kosten, die im Rahmen gehalten werden müssen.“ Durch die zielgerichtete Besetzung der verschiedenen Bereiche steige auch die Qualität der Behandlung, ist sich Irmer sicher.

So soll außerdem verhindert werden, dass in einigen Bereichen zu viele Ärzte angesiedelt sind, während andere Bereiche komplett unterbesetzt sind. „Natürlich können wir niemanden in einen bestimmten Bereich zwingen, wir können lediglich Überzeugungsarbeit leisten“, gab sich Irmer realistisch.