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Stadtrat „Politsatire“ sorgt für Aufregung

Die SPD-Stadtratsfraktion verurteilt einen Internetbeitrag ihres Mitglieds Günter Dannenberg.

Von Jens Kusian 12.03.2016, 00:01

„Kampflied für RB-Getreue?“ hat Günter Dannenberg seinen Text überschrieben, den er unter dem Pseudonym „Postonkel Böser“ Ende Februar im Internet veröffentlichte. Als Plattform nutzte der SPD-Stadtrat die Facebook-Seite „Gläsernes Rathaus HDL“, deren Administrator Linke-Stadtrat Klaus Czernitzki ist. In dem von Dannenberg als „Politsatire“ bezeichneten Beitrag heißt es unter anderem: „Es warnten die Vernunftbegabten vor dem gekauften Sieg. Wir haben alle belogen, für uns war‘s ein großer Sieg. Wir werden weiter paktieren, wenn alles in Scherben fällt, denn heute gehört uns HDL und scheiß auf den Rest der Welt...“.

Als Grundlage nahm Dannenberg das Lied „Es zittern die morschen Knochen“ von Hans Baumann aus dem Jahr 1932. Zwei Jahre später vereinnahmten die Nationalsozialisten dieses Lied für sich. Der SPD-Stadtrat bezieht sich auf die „Ursprungsversion“ und distanziert sich von der späteren Propagandanutzung durch die Nazis: „Der Text der von mir verfassten Politsatire enthält weder nationalsozialistische, rassistische noch volksverhetzende Inhalte.“

Einen deutlichen Zusammenhang mit der braunen Vergangenheit des Liedes sieht jedoch Bürgermeisterin Regina Blenkle (FUWG). „Dieser Text basiert auf dem sogenannten Horst-Wessel-Lied“, teilte sie – fälschlicherweise – dazu bei der jüngsten Stadtratssitzung am Donnerstagabend mit. „Dieses Lied wurde vom Haldensleber SPD-Stadtrat Günter Dannenberg umgedichtet, um die Wählerinnen und Wähler der neugewählten Bürgermeisterin und mich selbst zu diffamieren und zu diskreditieren!“

Damit hätten die verbalen Entgleisungen gegen ihre Person einen neuen Höhepunkt gefunden, erklärte die Bürgermeisterin. Noch geschmackloser sei es, dass Klaus Czernitzki von den Linken für dieses „Hetzlied“ seine Facebook-Seite zur Verfügung stellte, ergänzte sie.

Die Seite „Gläsernes Rathaus“ würde ihrer Meinung nach den Bürgern Transparenz  zur städtischen Verwaltungsarbeit lediglich suggerieren, sei aber vielmehr eine Plattform, auf der Nutzer mit falschen Profilen die Bürgermeisterin beleidigen und verunglimpfen würden. Als Leiterin der Verwaltung distanziere sie sich ganz klar von dieser Seite, machte Blenkle deutlich. „Diese Form der politischen Aus-einandersetung entbehrt jeder demokratischen Basis und unterstützt demokratiefeindliche Tendenzen.“ Zudem warf sie dem Verfasser des Textes die Verbreitung braunen Gedankenguts vor und forderte die Parteien und Fraktionsvorsitzenden von Dannenberg und Czernitzki auf, die politischen Konsequenzen zu ziehen.

Stadtrats- und Linke-Fraktionsvorsitzender Guido Henke versicherte, dass das, was er gerade von der Bürgermeisterin gehört hatte, Gegenstand von Erörterungen werden müsse. „Der angesprochene Facebook-Artikel eines SPD-Stadtrates war ein großer Fehler. Die SPD-Fraktion im Stadtrat verurteilt dies aufs Schärfste und bittet zeitgleich um Entschuldigung für diese Entgleisung“, teilte Bernhard Hieber, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Stadtrat, am gestrigen Freitag der Volksstimme mit. Dannenbergs Beitrag sei weder geschickt noch klug gewesen. „So wollen wir nicht agieren, so agieren andere“, unterstrich Hieber.

Es sei richtig, dass es eine Internetseite gibt, die gläsernes Rathaus heißt, ging Klaus Czernitzki auf das Thema ein. „Dort darf jeder Bürger posten – im Gegensatz zu anderen Gruppen, in denen nur Freunde der Frau Bürgermeisterin posten dürfen“, sagte er. Und es sei auch richtig, dass der von der Bürgermeisterin genannte Text auf der Seite gepostet wurde. „Als ich das mitbekommen habe, habe ich das gelöscht“, versicherte Czernitzki.

Dazu äußerte er sich auf der Seite „Gläsernes Rathaus“ schon am 20. Februar – an dem Tag, an dem Dannenbergs Beitrag dort erschien – wie folgt: „Es war erstmals notwendig, hier einen Beitrag zu löschen. (...) Ich kann es nicht zulassen, dass diese Seite mit nationalsozialistischen Parolen in Verbindung gebracht wird. Wenn ich auch den Text vom Bösen Postonkel anders verstanden habe, so wurde er von einem ,Berliner‘ Kommentator mit direktem Link zu einem Nazilied versehen, was ich nicht dulden kann. Wer direkt zu Nazis verlinkt, wird hier ab sofort geblockt.“

Günter Dannenberg möchte sich nicht in die rechte Ecke drücken lassen. Er habe keine Links gepostet, die auf den Originaltext oder was der Nationalsozialismus daraus gemacht hat, hinweisen. „Diejenigen, die das in meinen Text herein interpretieren, sollten ihr eigenes Gedankengut überprüfen“, wehrt er sich gegen die Nazi-Vorwürfe.

Dannenbergs Beitrag ist noch immer zu lesen – jetzt allerdings auf der Facebook-Seite der Bürgermeisterin. Sie habe den Text kopiert und dort veröffentlicht, sagte Czernitzki.