1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Haldensleben
  6. >
  7. Kinder gern, aber bitte nur eins

Studie Kinder gern, aber bitte nur eins

Wie familienfreundlich ist Sachsen-Anhalt? Das behandelt eine Studie, die das Zentrum für Sozialforschung in Haldensleben vorstellte.

Von André Ziegenmeyer 28.10.2016, 12:00

Haldensleben l Wie die Mitarbeiterin Sabine Böttcher erklärte, habe das Zentrum für Sozialforschung für die Untersuchung rund 7000 Fragebögen verschickt. 1000 Menschen aus ganz Sachsen-Anhalt hätten geantwortet. Das sei eine gute Rücklaufquote. „Es zeigt, dass es einen enormen Gesprächsbedarf zu diesem Thema gibt“, erklärte die Soziologin. Selbst heute würden noch ausgefüllte Fragebögen eingehen - obwohl die Studie „Familienland Sachsen-Anhalt“ längst abgeschlossen sei.

Haldenslebens Bürgermeisterin Regina Blenkle merkte an, dass das Thema Familienfreundlichkeit auch in der Kreisstadt sehr präsent sei. In diesem Hinblick verwies sie auf die geschlossene Station für Kinder- und Jugendmedizin im Ameos Klinikum Haldensleben sowie auf den nur noch eingeschränkt geöffneten Kreißsaal. Darüber hinaus sprach sie die kürzlich diskutierte Zukunft der Hortbetreuung in Süplingen an.

Die Studie des Zentrums für Sozialforschung zeichnet ein sehr vielschichtiges Bild. Befragt wurden Familien mit einem Kind oder mit mehreren Kindern, Großeltern sowie Paare ohne Nachwuchs. „Wir wollten auch wissen, warum im Zweifelsfall keine Kinder zur Welt gebracht werden. Deshalb haben wir auch kinderlose Paare befragt“, erläuterte Sabine Böttcher. Darüber hinaus wurden die Befragten in verschiedene Gruppen gegliedert - wie zum Beispiel Gering- und Besserverdiener, Schicht- oder Nachtarbeiter. Auf diese Weise fließen sehr viele Perspektiven in die Ergebnisse mit ein.

Einige Eckpunkte: „Die Zahl der Mehrkindfamilien ist in Sachsen-Anhalt sehr gering und sie fällt stetig“, berichtete Sabine Böttcher. Zwar würden sich überdurchschnittlich viele Frauen für Nachwuchs entscheiden, eine deutliche Mehrheit von ihnen würde dann aber nur ein Kind zur Welt bringen. Das spiegele sich auch beim Thema Kinderwunsch wider: Vier Fünftel aller Menschen in Sachsen-Anhalt wünschten sich ein Kind. Von Eltern werde der Wunsch nach weiterem Nachwuchs aber nur noch halb so oft geäußert. Eine Fragestellung der Studie lautete daher: „Was hindert Familien daran, weitere Kinder zu bekommen?“ Viele Menschen verspüren laut Sabine Böttcher eine grundlegende Verunsicherung im Bezug auf die Zukunft. Dies betreffe sowohl die gesamte Gesellschaft als auch das persönliche Lebensumfeld.

Oft spreche ein Mangel an Geld, Zeit, Platz oder sozialer Unterstützung gegen die Nachwuchsplanung. Interessant: Der Wunsch nach dem ersten Kind ist laut Sabine Böttcher unabhängig vom Einkommen der Eltern. Die Soziologin sprach in diesem Zusammenhang von der „Erfüllung eines Lebenstraumes“. Doch der Wunsch nach weiteren Kindern hänge durchaus vom verfügbaren Haushaltseinkommen ab.

Hinsichtlich der Betreuung lasse sich festhalten: Sachsen-Anhalter würden die Angebote von Kitas überdurchschnittlich oft in Anspruch nehmen. Das hängt laut Studie mit der hohen Erwerbstätigkeit von Frauen zusammen. Vor allem auf dem Land würden sich auch Großeltern oder andere Verwandte oft um die Kinder kümmern. Private Betreuungsangebote, zum Beispiel in Form von Tagesmüttern, würden dagegen selten in Anspruch genommen. Dabei spielten die Einkommensverhältnisse in Sachsen-Anhalt eine Rolle.

Wie Sabine Böttcher ausführte, seien viele Menschen mit den Betreuungsmöglichkeiten grundsätzlich zufrieden. „Ausnahmesituationen“ seien dagegen eine große Belastung. Dazu zählt die Studie beispielsweise Ferien oder die Erkrankung der Eltern beziehungsweise der Kinder. In diesem Zusammenhang wird auch darauf verwiesen, dass „atypische“ Arbeitszeiten in Sachsen-Anhalt besonders häufig seien.

In Auftrag gegeben wurde die Studie „Familienland Sachsen-Anhalt“ von der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Interessierte können sich die komplette Studie im Internet herunterladen. Zu finden ist sie unter www.zsh-online.de in der Kategorie „Projekte“ im Bereich „Projektarchiv“.