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Abschied Ortschef mit Talent zur Versöhnung

Fast 15 Jahre hatte Wilhelm Behrens als Bürgermeister von Rätzlingen das Zepter in den Händen. Jetzt wurde er verabschiedet.

Von Anett Roisch 20.08.2019, 01:01

Rätzlingen l Eigentlich sollte es eine Abschiedsfeier im kleinen Rahmen werden, doch dann versammelten sich im Garten von Wilhelm Behrens ein langer Tisch voller Menschen. Alle wollten sich beim einstigen Ortsbürgermeister für sein Engagement bedanken. „Wir hätten uns gefreut, wenn du noch ein paar Jahre weiter gemacht hättest“, sagte Udo Müller (UWG Freiwillige Feuerwehr Rätzlingen), der neue Ortsbürgermeister von Rätzlingen.

Müller überreichte im Namen des Ortschaftsrates einen prallgefüllten Präsentkorb, während Uwe Rothmann (UWG Freiwillige Feuerwehr Rätzlingen), ebenfalls Mitglied des Rates, dem Geehrten einen selbst gestalteten Bilderrahmen mit vielen Fotos aus dem Wirken des Oberhaupts schenkte.

Behrens versuchte, seine Gefühle zu beschreiben: „Ich bin erleichtert, aber auch traurig. Ich muss mich erst an die neue Situation gewöhnen. Aber die Zeit ist ran. Man ist nicht mehr so belastbar wie früher. Jetzt sollen die jungen Leute mal machen und zeigen, dass sie in der Lage sind, etwas zu bewegen“, betonte der 72-Jährige.

Fast 15 Jahre lang lenkte er als Bürgermeister die Geschicke der Kommune. Seit 1974 engagierte sich Behrens im Rat der Gemeinde. So ganz kann sich der einstige Ortschef doch noch nicht zurückziehen. Erst vor kurzem rief jemand an und meldete einen Schaden. Da war es kein Problem für ihn, bei der Verwaltung die nötigen Anrufe zu tätigen.

„Spaß hatte ich immer, wenn wir nach gemeinsamen Arbeitseinsätzen zusammen feierten, also erst die Arbeit und dann das gemütliche Beisammensein“, beschrieb der einstige Bürgermeister. Er erinnert sich gern an den Bau der Trauerhalle, wo alle mit anpackten. Aber auch die Erneuerung des Schuldaches und die Erweiterung des Kindergartens zählt er zu den Sternstunden seines Wirkens.

Ein willkommener Anlass, sich bei den Vereinen und engagierten Bewohnern zu bedanken, war für ihn immer der Neujahrsempfang. „Da konnte man auch mal die Leute ehren, die sonst im Hintergrund aktiv sind“, beschrieb er. Im gleichen Atemzug betonte Behrens, dass der Rat immer hinter ihm stand und mitzog. „Im Rat haben wir uns vernünftig und sachlich verständigt“, dachte er zurück.

Eine seiner schlimmsten Erinnerungen war der große Wasserschaden an der Schule. „Da habe ich echt überlegt, warum ich mir den ganzen Ärger antue. Auch die finanzielle Situation der Einheitsgemeinde empfand ich als zermürbend“, beschrieb der ehemalige Ortschef. Mit den Jahren gab es viele Strukturänderungen. Mit dem Blick in die Zukunft wünscht sich Behrens, dass die Grundschule und der Kindergarten erhalten bleiben.

Nun möchte der Rentner der Familie mehr Zeit widmen. Die Gartenarbeit soll ihn fit halten. Weiter aktiv ist der Rätzlinger als Vorsitzender der Jagdgenossenschaft und auch als Mitglied im Reitverein Etingen.

„Seine Stärke als Bürgermeister war, dass er sich wirklich für jeden Zeit genommen hat“, schwärmte Jörg Lauenroth-Mago (Bündnis 90/DieGrünen), Mitglied des Ortschaftsrates. Edwin Wietig (UWG Freiwillige Feuerwehr Rätzlingen) erinnerte sich: „Wilhelm kann auch zuhören. Er hat immer nach Lösungswegen gesucht.“ Ralf-Peter Segeler, Vorsitzender des Schützenvereins, gestand: „Wilhelm hat sich immer für unseren Verein eingesetzt. Wer weiß, ob das sonst alles mit dem Erhalt unseres Schützenheimes so gut gelaufen wäre.“ Lauenroth-Mago ergänzte: „Er hat Talent, Konflikte zwischen verschiedenen Parteien oder Menschen zu schlichten.“