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Archäologie Auf den Spuren der ersten Wedringer

Bevor die Ortsumgehung B71n Wedringen gebaut wird, sondieren Archäologen das Gebiet. Sie sind auf Skelettteile und Keramikscherben gestoßen.

Von Martin Walter 23.08.2017, 12:00

Wedringen l Ein ungeübtes Auge sieht einfach nur einen dunklen Fleck auf dem hellen, sandigen Grund. Für Judith Blödorn stellt dieser Fleck jedoch eine Fundgrube dar, und das im wahrsten Sinne des Wortes. „Solche Verfärbungen weisen auf eine Bebauung hin und dass es hier noch etwas zu entdecken gibt“, sagt die Archäologin, die unter anderem bereits Ausgrabungen in der Mongolei geführt hat.

Seit Anfang August ist sie mit vier Grabungsmitarbeitern an der künftigen Wedringer Ortsumgehung am Werk. „Das sind bisher noch Voruntersuchungen. Dazu wird ein vier Meter breiter Dokumentationsschnitt angelegt. Wenn dort etwas gefunden wird, wird er auf 25 Meter aufgezogen“, erklärt Blödorn.

Und das war der Fall. Bereits wenige Tage nach dem Beginn der Sondierung wurden beispielsweise Skelettreste entdeckt. „Leider haben wir nur die Extremitäten gefunden, die außerdem sehr schlecht erhalten sind. Ein Gräberfeld gibt es hier nicht. Es handelt sich um eine beigabenlose Einzelbestattung. Ein christliches Begräbnis lässt sich mit großer Sicherheit ausschließen, da die Überreste in Nord-Süd- und nicht in Ost-West-Richtung liegen“, beschreibt die 36-Jährige, die Archäologie in Leipzig studiert hat und inzwischen auch dort wohnt, den Fund.

Weitere Informationen lassen sich den Knochen vor Ort nicht entlocken: „Woran er oder sie gestorben ist, lässt sich bisher ebensowenig sagen, wie das Alter des Skeletts. Das werden die C14-Datierungen zeigen.“ Diese auch als Radiokarbonmethode bekannte Analyse kann erst nach der Überführung in das Landesamt für Archäologie und Denkmalpflege in Halle im Labor angewendet werden.

Neben dieser Entdeckung wurden außerdem noch einige Keramikscherben freigelegt. Blödorn betont jedoch noch einmal, dass es sich bisher nur um die Voruntersuchungen handelt, bei denen man noch nicht in die Tiefe gehe. „Ich bin mir sicher, dass wir hier noch einige interessante Dinge entdecken werden. Das lässt die Gewässernähe zur Beber vermuten. Außerdem gab es schon viele Funde in und um Haldensleben“, sagt Blödorn. „Sachsen-Anhalt ist ein sehr altes Kulturland und schon seit über 7000 Jahren besiedelt. Die Menschen waren hier einfach schon überall“, fügt sie schmunzelnd hinzu.

Des Weiteren gibt es Hinweise auf Pfostenlöcher, die auf Grubenhäuser und somit auf eine ehemalige Siedlung südlich der B 71 schließen lassen. „Grubenhäuser sind Bauten, die eingetieft wurden, um im Inneren bessere klimatische Bedingungen zu schaffen. Sie wurden meistens für handwerkliche Tätigkeiten wie das Weben benutzt. In dieser Region stammen sie meistens aus der römischen Kaiserzeit (27 v. Chr. bis 284 n. Chr. – Anm. d. Red.)“, erklärt Blödorn.

Die „Wedringer“, die dort zu jener Zeit gesiedelt haben, waren höchstwahrscheinlich Germanen. Die Grabungsleiterin hebt hervor: „Früher war alles viel kleinräumiger. Die Menschen hatten noch kein Nationalbewusstsein oder ein Zugehörigkeitsgefühl, das über die eigene Siedlung hinausging.“ Zusätzliche Erkenntnisse zu den damaligen Menschen und deren Lebensweise werden die weiteren Ausgrabungen zutage fördern, ist sie sich sicher.