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Asyl Kritik im Kreis an unklarer Finanzierung

Beim Thema Aufnahme von Flüchtlingen gab es im Kreisausschuss Kritik an der unklaren Finanzierung. Klare Regelungen werden gefordert.

Von Ivar Lüthe 11.11.2015, 00:01

Haldensleben l Zum Jahresende wird der Landkreis Börde rund 3000 Flüchtlinge aufgenommen und untergebracht haben. Das wurde auf der jüngsten Sitzung des Kreisausschusses deutlich. Für November und Dezember besagen die Prognosen, dass jeweils mehr als 500 Flüchtlinge in die Börde kommen werden, so Fachbereichskoordinatorin Iris Herzig. Aktuell habe man einen Vorlauf von etwa zwei Wochen, um die Unterbringung zu organisieren.

Mittlerweile sei in der Kreisverwaltung ein Unterstützungsstab gebildet worden, der sich mit der Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten im Landkreis befasse. Mit der aktuellen Lage seien die Mitarbeiter der Kreisverwaltung „außerordentlich belastet“, so Iris Herzig. Außerdem sei zu bemerken, dass vor Ort die Bereitschaft zur Aufnahme von Flüchtlingen „sehr differenziert, es gibt unterschiedliche Reaktionen“, bilanzierte die Fachbereichskoordinatorin. Angesichts dessen müsse die Kreisverwaltung eine Krisenintervention betreiben sowie die Öffentlichkeitsarbeit verstärken, erklärte sie.

Eine weitere Aufgabe, die auf den Landkreis zukommt, ist die Aufnahme von sogenannten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Die werden per Gesetz auf die Landkreise verteilt und in die Obhut der Jugendämter gegeben. Der Landkreis rechnet mit 80 bis 100 dieser Flüchtlingskinder, die in die Börde kommen werden. Laut Vize-Landrat Thomas Kluge habe man derzeit etwa 40 bis 50 Unterbringungsplätze für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge fest vereinbart. Weitere Gespräche würden geführt.

Kritik wurde im Kreisausschuss an der derzeitigen Finanzierungspolitik des Landes laut. Thomas Kluge hatte zunächst berichtet, dass der Landkreis bis dato rund 8 Millionen Euro an Aufwendungen für die Unterbringung und Betreuung von Asylsuchenden und Flüchtlingen zu verzeichnen habe. Vom Land bisher erstattet seien etwa 3,1 Millionen Euro. An dieser Summe hat sich seit dem Bericht Mitte September nichts verändert.

Kreistagsmitglied Gudrun Tiedge (Die Linke), zugleich Landtagsabgeordnete, berichtete im Kreisausschuss, dass der Innenausschuss des Landtages das Gesetz zur Finanzierung nicht behandelt, sondern verschoben habe. „Es muss eine Sondersitzung geben, damit das Gesetz im Dezember im Landtag beschlossen werden kann. Passiert das nicht, fließt im Januar kein Geld“, so die Landtagsabgeordnete. „Die Kommunen sitzen auf heißen Kohlen“.

Landrat Hans Walker (CDU) hatte bereits im September erklärt, dass die bisherige Fallpauschale in Höhe von 8600 Euro pro Person und Jahr nicht ausreichend sei. Die tatsächlichen Kosten seien deutlich höher. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hatte nun zu Monatsbeginn den Kommunen in Sachsen-Anhalt mehr Geld für die Unterbringung von Flüchtlingen in Aussicht gestellt.

Die bisherige Pauschale von 8600 Euro pro Kopf und Jahr sei vor sechs Monaten errechnet worden, hatte Haseloff nach einer Sitzung der Landesregierung in Bitterfeld-Wolfen erklärt. Inzwischen seien die Unterbringungskosten wegen der erhöhten Nachfrage gestiegen. Eine Arbeitsgruppe werde die Berechnung aktualisieren.

Die politische Aussage, dass das Land die Kommunen nicht allein lasse, stehe weiterhin, hatte der Regierungschef betont.

Diese Ankündigung des Ministerpräsidenten macht Gudrun Tiedge indes noch recht skeptisch, wie sie sagte. „Ich frage mich, woher er das Geld nehmen will. Der Nachtragshaushalt ist beschlossen. Und da stehen noch die 8600 Euro drin“, so Gudrun Tiedge. Wenn, dann müsse es einen Nachtrag zum Nachtrag geben, meinte sie. Die Zeit laufe.

Frank Hüttemann (SPD) kritisierte die aktuelle Lage. „Sowohl vom Land als auch vom Bund gibt es bisher nur Ankündigungen. Jetzt müssen endlich Taten folgen“, so Hüttemann. Es müssten klare rechtliche Regelung geschaffen werden.

Angesichts der derzeit unklaren Finanzierung gab es im Kreisausschuss fraktionsübergreifend Kritik, dass man „derzeit völlig frei schwebt“. Da stelle sich die Frage, wie seriös die eigene Haushaltsplanung für das kommende Jahr überhaupt sein könne. Franz-Ulrich Keindorff (FDP) kritisierte, dass die dem Landkreis übertragenen Aufgaben „letztendlich die Kommunen ausbaden“ müssten, wenn schon jetzt rund fünf Millionen Euro fehlen. „Das muss dem Land auch klar gemacht werden“, so Keindorff.

Die Kreisverwaltung setze indes darauf, dass sie die Aufwendungen wie versprochen auch vom Land erstattet bekommen wird, wie Thomas Kluge sagte.