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Bauen Exklusivität hat ihren Preis

130 Euro pro Quadratmeter Bauland, das kann sich nicht jeder Häusle-Bauer in Halberstadt leisten.

Von Jörg Endries 25.04.2019, 01:01

Halberstadt l Rekordverdächtig ist das Wohngebiet „Sonntagsfeld“. Das exklusive Areal im Süden der Kreisstadt mit dem „hier sitzen Sie in der ersten Reihe-Blick“ auf die landschaftlich schönen Spiegelsberge ist nicht im Ruck-Zuck-Verfahren erschlossen und bebaut worden. 20 Jahre nahm das Projekt in Anspruch und steht erst jetzt kurz vor dem Abschluss. Die für Halberstadt teuren Filet-Grundstücke haben sich nicht etwa schwer vermarkten lassen. Ganz im Gegenteil.

Es gab aber auch Proteste der Alt-Anwohner gegen die Erschließung des neuen Wohngebiets, erinnert Stadtplanerin Sigrun Ruprecht. Sie gehört mit Martin Brünig von der Tiefbauabteilung und Kay Brehsan vom Bereich Liegenschaften der Stadtverwaltung zum Projektteam „Sonntagsfeld“, das sich um die Erschließung und den Verkauf des Wohngebietes kümmert.

Auf der insgesamt 67.000 Quadratmeter umfassenden Baufläche ist Platz für 65 Grundstücke, plus Straßen und Gehwege (10.570 Quadrat­meter). Sieben Grundstücke sind noch zu haben, von denen vier bereits reserviert sind. Auf 49 stehen Einfamilien­häuser. „Wir gehen davon aus, dass die letzten Grundstücke bis Ende 2019 verkauft sind“, sagt Kay Brehsan.

„Es ging uns nicht da­rum schnelles Geld zu machen, sondern Menschen an Halberstadt zu binden, die sonst nicht gekommen oder geblieben wären“, erklärt Sigrun Ruprecht. Gemeint sind solvente Bauherren, die exklusive Wohnlagen suchen und nicht auf den Euro beim Ausgeben schauen müssen. Sie wären sonst nach Wernigerode oder anderswo zum Hausbau abgewandert, so Kay Brehsan. Um das zu vermeiden, habe die Kommune das Angebot über einen so langen Zeitraum aufrecht erhalten. „Der Erfolg hat uns damit Recht ­gegeben“, stellt Sigrun Ruprecht fest.

Nach der letzten Preisanpassung vor zwei Jahren müssen Bauherren derzeit 130 Euro für den Quadratmeter erschlossenes Bauland im Sonntagsfeld bezahlen. Damit gehören die Schollen zu den teuersten in der Kreisstadt. So kostet eines der bewusst von der Stadt auf durchschnittlich 1000 Quadratmeter (nicht unter 800 Quadratmeter) zugeschnittenen Grundstücke 130 000 Euro. Es gebe aber auch größere für 200.000 Euro und mehr. „Den Bauherren ist es egal. Daher kann man sagen, dass der Stadtrat mit der Erhöhung des Kaufpreises weitsichtig handelte“, sagt Kay Brehsan. Mehrere Bauherren kauften sogar benachbarte Grund­stücke dazu, um ihres zu vergrößern.

Die Stadt lässt sich die Lage gut bezahlen, betont Sigrun Ruprecht. Andere Kommunen würden das ebenso praktizieren. Wobei die für das Sonntagsfeld vorgeschriebenen archäologischen Grabungen mit eingepreist sind. Pro Grundstück kletterten die Kosten im Lauf der Jahre von etwa 15.000 auf derzeit 25.000 Euro.

„Wir haben uns mehr Mühe mit dem Straßen- und Gehwegbau gegeben. Hochwertiges Pflaster ist zum Einsatz gekommen, kleine Plätze und Grünflächen entstanden, Wege führen in die offene Landschaft“, erklärt Martin Brünig. Damit böte man den Bauherren nicht nur eine super Lage für ihren steingewordenen Traum von den eigenen vier Wänden, die allein schon die hohen Preise rechtfertige, sondern auch eine Infrastruktur mit erhöhtem Qualitätsanspruch. „Das finden sie so derzeit in keinem anderen neuen Wohngebiet, weder in der Kernstadt noch in den Ortsteilen Halberstadts“, bestätigt Martin Brünig.

Halberstadt gelang es mit dem Sonntagsfeld nicht nur finanzkräftige Einwohner zu halten und neu zu gewinnen. „Die Stadt verdient Geld mit der Vermarktung des Sonntagsfeldes“, sagt Kay Brehsan. Allerdings sei die Schlussrechnung noch nicht erstellt, so dass eine Aussage über die Höhe noch nicht möglich sei.

Als die Stadt Ende der 1990er Jahre den Bebauungsplan für das neue Wohngebiet aufstellte, gab es von den Bewohnern des Stadtgebietes keinen Beifall. „Wir mussten uns mit Protesten auseinandersetzen“, so Sigrun Ruprecht.

Die Anwohner hatten Angst, dass ihr naturbelassenes Wohnumfeld und die Ruhe verloren gehen. Die Proteste habe man mit Versprechen beruhigen können. Unter anderem, dass maximal 70 Grundstücke erschlossen werden und der Abstand zum Wald eingehalten wird. „Beides haben wir erfüllt.“