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Bauhaus-Jubiläum Haldensleben ist mit dabei

Zum Jubiläum "100 Jahre Bauhaus" spielt auch Haldensleben eine Rolle. Die Stadt ist einer von 39 Korrespondenzstandorten.

Von Julia Irrling 03.05.2018, 01:01

Haldensleben l Klare Linienführung, eine Form, die sich an der Funktion orientiert: Das Bauhaus zeichnet sich durch eine schnörkellose Formensprache aus. 1919 gründete Walter Gropius in Weimar die Kunstschule „Das staatliche Bauhaus“. 1926 zog das Bauhaus nach Dessau, 1932 nach Berlin. Ein Jahr später wurde es bereits geschlossen.
Dennoch war die Kunstschule dermaßen einflussreich, dass der Begriff „Bauhaus“ heute für eine der bedeutendsten Strömungen der Architektur- und Designgeschichte des 20. Jahrhunderts steht. Ihr 100. Geburtstag soll 2019 groß gefeiert werden. Geplant sind zahlreiche, bundesweite Ausstellungen und Projekten. Dabei wird auch Haldensleben eine Rolle spielen.
Denn verschiedene Bundesländer steuern Programmbeiträge zum Jubiläum bei. So wurden nun durch Landesvertreter 39 Korrespondenzstandorte in Sachsen-Anhalt ausgewählt, die den Bauhausstil repräsentieren. Einer dieser Standorte ist das ehemalige Pflegerdorf in Haldensleben.
Die Reihenhäuser des Pflegerdorfes, die sich nördlich der Kiefholzstraße befinden, sind eigentlich ein Teil eines wesentlich größeren Baudenkmals. Das komplette Areal des heutigen Ameos Fachkrankenhauses für Psychiatrie, die frühere Landesheilanstalt Haldensleben, wurde als autarke Einheit geplant. Neben den eigentlichen Krankenhäusern gab es einen Gutshof und eine Gärtnerei, eine Waschküche, eine Kochküche und ein Kesselhaus sowie Wohnraum für Ärzte, Beamte und Pfleger. Der Komplex hatte eine eigene Wasserversorgung mit Brunnen und Wasserturm.
Dieses Konzept der sich selbst versorgenden Anstaltspsychiatrie war nicht neu, ähnliche Einrichtungen fand man damals in Halle-Nietleben, Uchtspringe, Alt-Scherbitz und Jerichow, wie in der Fachzeitschrift „Denkmalpflege in Sachsen-Anhalt“ Heft 2 von 2010 ausgeführt wird. Der konzeptionelle Wandel des Anstaltbaus um die Jahrhundertwende wurde durch ein neues Verständnis der Therapie begründet. So sollten die Patienten unter anderem dezentral untergebracht werden und in den angegliederten Landwirtschaftsbetrieben mitarbeiten.
Die stetig steigende Krankenzahl der Zwischenkriegsjahre machte eine neue Heilanstalt notwendig, trotz „der schweren wirtschaftlichen Notlage“ des Landes, wie man es in der Denkschrift zur Eröffnung von 1930 nachlesen kann.
Dass die Wahl auf den Standort Haldensleben fiel, lag unter anderem an der Nähe zu Magdeburg und der vorhandenen Infrastruktur bei gleichzeitiger Abgeschiedenheit.
Das Waldgrundstück passte gut zur zeitgenössischen Idee der Gartenstadt, die mit reichlich Grünfläche und Gärten ein idyllisches Bild für Patienten und Personal vermitteln sollte.
Gebaut wurde die Landesheilanstalt, nach den Entwürfen des Architekten Karl Bonatz, in drei Bauabschnitten. Während der ersten Bauphase, die von 1927 an zwei Jahre lang dauerte, wurden die ersten Gebäude des Pflegerdorfs errichtet, die vornehmlich für Verheiratete bestimmt waren. Für unverheiratetes Pflegepersonal waren Zimmer im Dachgeschoss der Krankengebäude vorgesehen.
Der zweite und dritte Bauabschnitt 1930/31 und 1932 bis 1935 brachten einige Bauplanänderungen mit sich, bedingt durch Weltwirtschaftskrise und das Ende der Weimarer Republik. Während der gesamten Zeit wurde weiter an den Häusern des Pflegerdorfs gebaut.
Auf Grund der zwischenzeitlichen Wohnungsknappheit des Personals wurden Holzbarracken errichtet. Der Bau einer Anstaltskirche musste aufgegeben werden, um mehr Wohnräume und Platz für mehr Krankenbetten zu schaffen.
Die Baukosten der kompletten Anlage beliefen sich schließlich auf 2,819 Millionen Reichsmark, die 14 Wohnungen des Pflegerdorfes kosteten 143.000 Reichsmark.
Die konstruktive Homogenität der Anlage spiegelt sich auch in dem Erscheinungsbild des Pflegerdorfes wider. Die Häuser sind so angelegt, dass jederzeit Erweiterungen vorgenommen werden können. Jedes Haus besitzt einen Vorgarten und einen großen Nutzgarten auf der Hausrückseite. Stallanbauten und ein Waschhaus entsprechen auch hier dem Konzept der Selbstversorgung.
Auch heute noch würde ein Großteil der Anlage vom Klinikpersonal bewohnt, sagte Yvonne Eichelmann, Pressesprecherin des Ameos Klinikums. Gleichwohl befindet sich das ehemalige Pflegerdorf heute in Privatbesitz und gehört damit nicht mehr zum Klinikum.
Die schlichte, funktionale Formensprache des Pflegerdorfes ist typisch für das Bauen der Moderne. Laut „Denkmalpflege in Sachsen-Anhalt“ sind vor allem die Klinkerverblendungen sowie die Sprossenfenster, „deren gestapelt liegende Rechteckscheiben zu Einer- bis Viererreihen komponiert sind“, besonders charakteristisch für die Bauhausarchitektur.
Die Planung der Stadt bezüglich der Vermarktung des Standortes zum Bauhaus-Jubiläum sei in vollem Gange, bestätigte Pressesprecher Lutz Zimmermann. Fest stehe allerdings, „dass den Bedürfnissen der Klinik und der Anwohner Rechnung getragen wird“, so Lutz Zimmermann. Dem stimmte auch Yvonne Eichelmann zu. „Wir können die Psychiatrie nicht als touristischen Anlaufpunkt anpreisen“, sagte sie.
 
Weitere Informationen zum Jubiläum „100 Jahre Bauhaus“ sowie zu den Projekten und Ausstellungen gibt es unter www.bauhaus100.de.