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Corona Wo lernen die Kinder jetzt schwimmen?

Haldensleben: Ursprünglich sollte das Rolli-Bad am Süplinger Berg jetzt saniert werden.

Von Juliane Just 07.01.2021, 07:46

Haldensleben l Daraus wird aber erst einmal nichts. Wegen fehlender Fördermittel wurde dies um ein Jahr verschoben. Wo sollen die Schüler der Börde bei der Schließung schwimmen lernen? Seit Mitte Dezember ist das Rolli-Bad aufgrund der Corona-Verordnung wieder geschlossen. Eigentlich sollten im Januar 2020 Sanierungsarbeiten beginnen (Volksstimme berichtete). Nachdem die Stadtwerke Haldensleben als Betreiber des Bades den Baustart zuerst um einige Monate vorgezogen haben, wurde die Sanierung nun um ein Jahr nach hinten verschoben.

Grund für die Verzögerung sind die fehlenden Fördermittel. Laut Stadtwerke-Sprecherin Antje Streck sind diese beantragt, jedoch nicht bewilligt. Geplant sind „größere Sanierungsmaßnahmen im Saunabereich, bei den technischen Anlagen und der Rutsche“, wie es in einer Pressemitteilung heißt. Ursprünglich sollte das Rolli-Bad für die Sanierung bis Oktober 2021 geschlossen bleiben. Noch gibt es viele offene Fragen zur Sanierung. Unklar ist bislang etwa, wie teuer die Modernisierung wird.

Bereits im ersten Lockdown ab März war das Rolli-Bad geschlossen. Ende August, nach mehr als fünf Monaten, wurde das Sport- und Freizeitbad für Schulen, Vereine und Kurse geöffnet. Diese Kompromisslösung hat es laut den Stadtwerken ermöglicht, 6200 Schüler am Schwimmunterricht teilnehmen zu lassen.

Dabei gibt es zahlreiche Schulen im Umkreis, die ihre Schüler zum Schwimmunterricht nach Haldensleben schicken. Der Schwimmunterricht ist in Sachsen-Anhalt in der Grundschule verbindlich und ist fest im Lehrplan verankert. Im Jahr 2019 verzeichneten die Stadtwerke insgesamt 15 200 Schulschwimmer. Doch wenn das Bad im kommenden Jahr für zehn Monate geschlossen wird, wo soll diese Masse an Schülern schwimmen lernen?

Derzeit wird der Schwimm- unterricht für die Schüler des Landkreises Börde in zwei Bädern absolviert – in Oschersleben und Haldensleben. Die Oschersleber Einrichtung ist wie das Rolli-Bad eine Sport- und Freizeiteinrichtung. Insgesamt 23 Grundschulen aus dem Kreisgebiet nutzen bereits die Halle in Oschersleben für ihren Schwimmunterricht, 33 in Haldensleben. Können die Haldensleber Schwimmschüler dort mit unterkommen?

Stadtpressesprecher Mathias Schulte bezweifelt das. „Den kompletten Ausfall können wir nicht kompensieren“, sagt er. Schon jetzt steht in beiden Schwimmhallen fast täglich ein Kurs für Abc-Schwimmer auf dem Programm. Außerdem werde die Anreise für einige Schüler dann noch weiter und länger als bisher. Schulte bezweifelt, wie sinnvoll eine Anreise von Schülern aus Gebieten nördlich von Haldensleben wäre. Er betont aber auch, dass die Stadt derzeit eine neue Schwimmhalle baut, die im Januar 2022 eröffnet sein soll. „Dann haben wir andere Voraussetzungen. Solange wir Kapazitäten haben, werden wir sie nutzen“, so Mathias Schulte. Weitere alternative Schwimmhallen stehen in Magdeburg, Helmstedt und Stendal. Ob diese jedoch Kapazitäten für die Börde-Schüler haben, ist fraglich.

Dabei sind die Schulträger selbst zuständig für die Organisation des Schwimmunterrichtes. Der Landkreis Börde beispielsweise ist Träger der Förderschule in Uthmöden (Stadt Haldensleben). „Im Regelfall organisieren die Schulen den Schwimmunterricht eigenverantwortlich“, sagt Monique Michl vom Amt für Bildung und Kultur auf Volksstimme-Nachfrage. Der Landkreis vereinbare dann die Nutzungszeiten und Nutzungsgebühren mit den Betreibern. „Welche Alternativen greifen können, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen“, so Michl. Wegen der Corona-Pandemie würde der Landkreis als Träger auch nicht an die Schulen herantreten.

Wird der Schwimmunterricht dann also wegen fehlender Alternativen ausfallen? Laut einer Studie aus dem Jahr 2019 konnte jedes dritte Kind in Sachsen-Anhalt nicht schwimmen. Mit dem Ausfall des Schwimmunterrichtes kann es gefährlich werden, warnt die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG). „Wir haben Sorge, dass die Unfälle zunehmen. Wenn wir Kinder nicht zu Schwimmern ausbilden, ist die Gefahr des Ertrinkens um ein Vielfaches höher“, betont Achim Wiese, Pressespecher der DLRG.

Dabei sei es ein Trugschluss, dass Kinder ab dem Schwimmabzeichen Seepferdchen als Schwimmer gelten. Das ist das zweithöchste von insgesamt vier Abzeichen des Jugendschwimmpasses. Es sei lediglich ein „Motivationsabzeichen“ und der Beginn der Schwimmausbildung, so Wiese. „Ein Kind gilt erst dann als Schwimmer, wenn die Disziplinen des Abzeichens Bronze erfüllt sind. Das sollte den Eltern klar sein“, erklärt er. Dazu gehört unter anderem 15 Minuten durchgehendes Schwimmen in verschiedenen Schwimmarten.

Die bundesweiten Schließungen von Freizeit- und Sportbädern im Zuge der Corona-Pandemie hätten zu erheblichen Problemen geführt. „Ein kompletter Jahrgang konnte nicht zu Schwimmern ausgebildet werden und die Wartelisten werden immer länger“, verdeutlicht Achim Wiese das Problem der jungen Schwimmlerner. Wie und ob dieser Rückstand aufgeholt werden kann, ist unklar.