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Drömling Große Nagetiere locken Naturinteressierte

Über 50 Naturfreunde haben sich in Kämkerhorst bei der Biberwanderung auf die Spuren des größten europäischen Nagetiers begeben.

Von Anett Roisch 06.03.2019, 00:01

Kämkerhorst/Mannhausen l „Es gibt Pflanzungen an den Gewässern entlang extra für den Biber. Ziel ist es, den Biber an Lebensräume zu binden. Wir versuchen ihn an Gewässern zu halten, bei denen der Wasserstand gleich bleibt“, erklärte Ranger Ulf Damm vor dem Start der Biberwanderung in Kämkerhorst. „Das ist eine Art Revierbindung. Der Biber muss dann nicht wegen Nahrungsmangel woanders hin abwandern“, ergänzte sein Kollege Joachim Weber. Einen Anstieg an Reviere gäbe es – nach den Ausführungen der Naturparkmitarbeiter – nicht.

„Im Drömling haben wir etwa 70 Biberreviere. Das hat sich so eingepegelt. In diesem Jahr war es ein sehr trockener Sommer. Da wo die Reviere trocken gefallen waren, gibt es zwar Einzeltiere, aber ein Großteil der Jungtiere sind der Trockenheit zum Opfer gefallen“, zog Damm Bilanz. Die Eingänge zu den Höhlen der Biber waren vielerorts durch den niedrigen Wasserstand frei. „Da hat man eben andere Prädatoren, die die Jungbiber fressen“, berichtete Damm. Als Prädator wird in der Biologie ein Organismus bezeichnet, der einen anderen zum Zweck der Nahrungsaufnahme nutzt und dabei meist tötet. „Der Mink oder auch der Waschbär kommen zum Beispiel perfekt in die Höhlen der Biber“, beschrieb Weber. Immer noch gäbe es im Land der tausend Gräben ein Wasserdefizit. „Die Ohre hat schon wieder gut Wasser, aber in den kleinen Nebengräben fehlt es noch“, beschrieb Damm.

Auch der Fischotter fühlt sich im Drömling sehr wohl. „Fischotter sind flächendeckend im Drömling vorhanden. Sie finden auch reichlich zu fressen. Wir gehen mal davon aus, dass es ihnen gut geht“, vermutet Weber. Der Fischotter ließe sich nicht einfach zählen oder ausfindig machen, wie die Burgen oder die Fraßstellen der Biber. Eine genaue Zahl der Otter gäbe es nicht. „Aber an Hand der Otter-Markierungen kann man sehen, dass er präsent ist“, betonte Weber.

Paul Braatz konnte den Start der Tour kaum erwarten. Die Wartezeit verkürzte sich der Fünfjährige im Info-Haus. Dort gibt es ein präpariertes Exem-plar des größten Baumeisters im Tierreich zu bewundern. „Ich habe keine Angst vor einem Biber - nur vor dem Wolf, dem möchte ich nicht begegnen“, gestand der kleine Weferlinger.

In zwei Gruppen teilten sich die über 50 Wanderer auf. Damm übernahm die Führung der etwa acht Kilometer langen Tour entlang der Ohre in Richtung Mannhausen. „Biber sind eine der ältesten heute noch vorkommenden Säugetierarten“, weiß Damm. Schon vor rund 38 Millionen Jahren lebten Urbiber auf der Erde. Es überlebte nur eine kleine Population von etwa 190 Bibern in der Region der Mittelelbe. Grund für diesen Schwund waren die Jagd auf die Tiere, aber auch der Ausbau von Fließgewässern. Diese Maßnahmen führten dazu, dass der Biber aus seinem angestammten Lebensraum vertrieben wurde.

Der letzte damals bekannte Biber wurde 1919 im Breitenroder Drömling erlegt. Es dauerte bis 1994, als die erste eigenständige Neubesiedlung über die Ohre in den Drömling erfolgte. Durch intensive Schutzmaßnahmen konnte der Biberbestand seitdem stabilisiert werden.

Als Bewohner der Weichholzauen sind Biber nach dem Menschen die einzigen Säugetiere, die ihren Lebensraum aktiv selbst gestalten können. Daher sind die exzellenten Baumeister für den Naturschutz von unschätzbarem Wert. Aus monotonen, sauerstoffarmen Gewässern entstehen so artenreiche Biotope. Biber sind besonders bei Landwirten unbeliebt. Die Tiere können ganze Felder unter Wasser setzen. Oft verstopft der Biber Durchlässe, die dann erst durch Menschenhände wieder freigelegt werden müssen. Damm kennt natürlich die Vorbehalte gegen den Biber. „Das ist sehr ärgerlich für die Landwirte, aber der Biber gehört zur Natur dazu“, sagte der Naturschützer.

Biber sind reine Pflanzenfresser. „Wir mussten hier die Apfelbäume mit Drahthosen vor den Bibern schützen“, so Weber. Er zeigte den Naturinteressierten gleich neben dem Gelände des Info-Hauses die Weidenanpflanzungen. „Das soll als Nahrungsgrundlage für die Biber dienen. Wenn die Sträucher eine Höhe von etwa drei Meter haben, werden wir die Zäune wegnehmen, damit der Biber die Weiden fressen kann. Die Sträucher schlagen dann immer wieder neu aus“, beschrieb Weber.

Deutlich war am Ufer der Ohre eine Schleifspur von der Kelle – dem Schwanz des Bibers – zu erkennen. „So ein Tier kann bis zu 30 Kilogramm schwer werden. Und wenn die Biber immer wieder den selben Weg benutzen, entstehen diese Biberrutschen“, erklärte Weber und führte die drei Kilometer lange Runde entlang der Ohre hoch zum Wilhelmskanal.