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Ehrung Integrationsarbeit bedeutet Glück

Mareile von Brackel aus Brumby wurde mit dem Integrationspreis des Landes ausgezeichnet. Sie engagiert sich in der Flüchtlingshilfe.

Von Constanze Arendt-Nowak 24.12.2016, 00:01

Brumby / Magdeburg l Wem Mareile von Brackel die Würdigung mit dem Integrationspreis des Landes Sachsen-Anhalt zu verdanken hat, weiß sie nicht so genau. „Wer mich vorgeschlagen hat, wurde mir nicht gesagt“, erklärt die Seniorin. Sie ist eine von 18 Ehrenamtlichen aus ganz Sachsen-Anhalt, die stellvertretend für viele Engagierte im Land für ihre große Hilfsbereitschaft für Flüchtlinge geehrt wurden.

Wer Mareile von Brackel, die seit dem Jahr 2000 im Nordgermersleber Ortsteil Brumby zu Hause ist, über ihr Ehrenamt sprechen hört, weiß aber sofort, dass das verdient ist. Der Grundstein für ihren „herausragenden Einsatz für die Integration von Zugewanderten und ein respektvolles Zusammenleben“, wie es auf der Urkunde steht, wurde im Jahr 2015 gelegt. Nämlich als, wie Mareile von Brackel sagt, „die Flut mit den Flüchtingen kam“. Das weckte in ihr das Bedürfnis, sich sozial zu engagieren.

„So wie früher“, erklärt sie und berichtet, dass sie lange in Westdeutschland gelebt hat, studiert hat, aber nicht berufstätig war. Sie habe sich um ihre drei Kinder gekümmert und viele Verpflichtungen für den Ehemann und den Haushalt hätten sie ausgefüllt. Trotzdem blieb immer noch Zeit für das soziale Engagement, beispielsweise als „grüne Dame“, die sich um Krebskranke und Sterbende kümmerte.

Als sie in Brumby heimisch wurde, waren da zunächst die Enkelkinder, die von Oma bemuttert wurden, aber sie wuchsen, so dass sie den Zeitfond eines Tages weniger strapazierten. Ihren Wunsch, in der Flüchtlingshilfe aktiv zu werden, trug Mareile von Brackel zunächst an ihren Schwiegersohn Albrecht von Bodenhausen heran. Der kannte sich aus und riet ihr, doch einmal im Asylantenheim in Haldensleben anzufragen. Gesagt, getan: Hilfe wurde gebraucht, gerade, was die Vermittlung der deutschen Sprache anbetraf.

„Ich konnte zwar nur mein Schulfranzösisch, aber ich begann mit dem Sprachunterricht“, so Mareile von Brackel. Ihre Schüler waren Französisch sprechende Westafrikaner aus den französischen Kolonien. „Sie wussten nicht, wie sie mich ansprechen sollten, Frau von Brackel gefiel ihnen nicht, nur mein Vorname gefiel mir nicht, nun sagen sie ‚Großmutter‘“, fügt sie schmunzelnd hinzu.

Und das ist sie für ihre „schwarzen Jungs“, wie sie sie liebevoll nennt, wohl auch geworden. Sie hat viele bewegende Geschichten gehört, kann sich annähernd vorstellen, was die Jungs aus Burkina Faso, Benin, Mali, Niger, Guinea Bissau und Somalia durchgemacht haben, ehe sie in Haldensleben gestrandet sind. „Die haben Furchtbares hinter sich. Manche waren sechs Jahre auf der Flucht und mussten viele Hürden überwinden“, so Mareile von Brackel, während sie in einem Fotoalbum blättert, das nicht nur Bilder von den Afrikanern zeigt, sondern auch manchen Schriftverkehr mit ihnen beinhaltet. „Ich könnte Bücher schreiben“, meint die agile Seniorin.

Aber die Geschichten, die in die Bücher einfließen könnten, wären keinesfalls nur traurige. Die Stimmung bei den Treffen mit den „schwarzen Jungs“ sei nicht bedrückend, im Gegenteil, es werde viel gelacht. Bei Ausflügen zeigt Mareile von Brackel ihnen die Umgebung. Sie gibt den jungen Männern aber auch Tipps, die ihnen den Alltag erleichtern, beispielsweise fürs Wäschewaschen oder rund ums Essen. „Ich begleite sie auch mal zum Flüchtlingsrat oder zum Rechtsanwalt“, erklärt sie weiter.

Dass die Aufgabe für sie Glück bedeutet, glaubt man ihr gern. Ebenso, dass sie in ein Loch fallen würde, wenn es diese Aufgabe eines Tages nicht mehr gebe. Das unterstreichen nicht zuletzt auch ihre Ausführungen zur jüngsten Aktion am Dienstag im Haldensleber Flüchtlingsheim. An diesem Tag hat sie Unmengen an warmer Winterkleidung dorthin gebracht und an die Flüchtlinge verteilt. Für die Sammlung vorher fand sie Unterstützung bei ihren Mitstreitern der Johanniter-Hilfsgemeinschaft. Ihr Wunsch nach warmer Kleidung war auf der Einladung zum Weihnachtstreffen vermerkt worden und stieß auf enorme Resonanz. Und ebenso groß war auch die Dankbarkeit, die die Flüchtlinge ihr entgegenbrachten, als sie die Kleidung verteilte.

Und prompt kam Mareile von Brackel die nächste Idee: Auch die Flüchtlinge könnten ja sozial aktiv werden – bei den Johannitern vielleicht oder bei der Feuerwehr.