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Erfindung Die Waschmaschine mit dem Handy steuern

Für seine Arbeit über "intelligente Stromzähler" ist Martin Langer aus Bösdorf ausgezeichnet worden. Er erhielt den Georg-Hummel-Preis.

Von Anett Roisch 18.03.2017, 00:01

Bösdorf l Groß war die Freude über den Brief mit der Gewinnbestätigung bei Martin Langer und seiner Familie. Ende November 2016 hatte sich der 29-Jährige mit seiner Studien- und Abschlussarbeit im Bereich Messtechnik beim Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) beworben.

Mit dem Georg-Hummel-Preis werden insbesondere Arbeiten aus den Gebieten des Messtechnikeinsatzes zur Energieeffizienzsteigerung ausgezeichnet. Ziel ist es, junge Talente auf diesen Gebieten zu fördern.

„In meiner eingereichten Master-Arbeit ‚Implementierung des Network-Time-Security-Protokolls für den Unicast-Betrieb‘ geht es – kurz gesagt – um die sichere Übertragung von Zeitinformationen. Nahezu jeder Computer oder jedes Smartphone benötigt eine Uhrzeit, um korrekt zu funktionieren. Es wirkt recht banal und jeder hat selbstverständlich die aktuelle Uhrzeit auf diesen Geräten. Aber wer stellt diese Uhr eigentlich?“, fragte Langer. In der Regel passiere das – nach den Ausführungen von Langer – automatisch im Hintergrund durch sogenannte Zeitsynchronisierungsprotokolle, die es schon seit einigen Jahrzehnten gibt und daher weltweit etabliert sind. Ein Smartphone sendet beispielsweise eine Anfrage an einem Zeit-Server und dieser teilt durch eine Antwortnachricht die korrekte Uhrzeit dem Smartphone mit. „Dieses kann nun seine eigene Uhrzeit stellen und alles ist gut. Jedoch kann ein Hacker diese Antwortnachricht abfangen und verändern. Die Folge wäre somit eine falsche Uhrzeit, die das Smartphone nun einstellen würde“, beschrieb er.

In diesem Szenario wäre es – nach Ansicht des jungen Tüftlers – nun noch verkraftbar, aber es gibt durchaus Anwendungsgebiete in denen eine Uhrzeit nicht manipuliert werden darf. Hier wären beispielsweise empfindliche Datenbanksysteme, Finanzmärkte, eichpflichtige Geräte oder komplexe Prozessabläufe in der Industrie zu nennen. Bisherige Schutzfunktionen zeigten massive Sicherheitslücken oder stellten sich als praxisuntauglich heraus. Dies sorgte für die Entwicklung neuer Spezifikationen, die einen umfassenden Schutz liefern sollen. Verfasst wurden diese primär von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig, die auch die gesetzliche Uhrzeit in Deutschland mit hochgenauen Atomuhren verbreitet.

Langer hat in seiner Arbeit diese neuen Spezifikationen in Software umgesetzt, an den Spezifikationen mitgewirkt und die korrekte Funktionsweise nachgewiesen. Die Spezifikation mit dem Namen „Network-Time-Security“ (NTS) wäre zwar noch in Entwicklung, aber sei schon praxistauglich. „Zukünftig kann also an alle Geräte, die ihre Zeit aus dem Internet beziehen, diese kryptografisch gesichert übertragen werden. Der normale Benutzer wird dabei nichts merken und dennoch sicherer unterwegs sein“, erklärte der Bösdorfer.

Das eigentliche Anwendungsgebiet für seine Arbeit sind also „intelligente Stromzähler“, genauer genommen deren Steuerungseinheit. Zukünftig werden also nicht mehr die klassischen Strom-, Wasser- oder Gaszähler eingebaut, sondern modernere Varianten. Diese verbesserten Zähler und deren Steuerungseinheit, dass sogenannte Smart Meter Gateway (SMGW), ermöglichen den „Smart Home“-fähigen Geräten die Nutzung neuartiger Funktionen. „Eine Smart Home-fähige Waschmaschine könnte man also so einstellen, dass diese dann wäscht, wenn der Strom besonders günstig ist. Auch die Steuerungseinheit kann automatisch zwischen mehreren Tarifen wechseln, um immer den günstigsten Stromtarif zu bekommen. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn an einem windigen Tag viele Windräder Strom erzeugen und somit der Preis stark sinkt – oder an einem sonnigen Tag, an denen viele Solaranlagen ins Energienetz einspeisen“, erläuterte der junge Forscher.

Langer hat nach seiner Elektriker-Lehre ein Fachabitur absolviert und anschließend sein Elektrotechnikstudium begonnen. Seinen Bachelor hat der Bösdorfer in Magdeburg erworben und anschließend den Master in Wolfenbüttel an der Ostfalia absolviert. Nun arbeitet der 29-Jährige befristet an dieser Hochschule. Er möchte seine Promotion starten.

Am 10. Mai wird Langer seinen Preis in Leipzig entgegennehmen.