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Erste Hilfe Schutzengel im Außendienst

Als in der Haldensleber Hagenpassage ein Mann kollabierte, überlegte Elke Fricke nicht lange und begann mit der Wiederbelebung.

Von Juliane Just 15.04.2020, 01:01

Haldensleben l Sie wollte eigentlich einkaufen gehen. Als sie die Hagenpassage durchquerte, fiel Elke Fricke eine Menschenansammlung auf. Auf dem Boden lag ein junger Mann. Bei der gelernten Krankenschwester schrillten alle Alarmglocken. Sie hastete zu dem Mann, überprüfte seine Vitalwerte. Er atmete nicht mehr, hatte keinen Puls mehr. Elke Fricke wusste, dass er sterben würde, wenn sie jetzt nichts tut.

„Ich habe mich auf den Herrn draufgesetzt, habe das Hemd hochgezogen und mit der Herzdruckmassage begonnen“, sagt die 65-Jährige. Die Erste Hilfe wirkt, der junge Mann kommt wieder zu sich. Nur kurz lächelt er Elke Fricke an, dann fällt er wieder in Ohnmacht. Insgesamt drei Mal reanimiert sie den Fremden, dann ist der Rettungswagen endlich da. „Ich war glücklich, dass ich ihn zurückholen konnte“, sagt sie rückblickend. Wenn jemand Hilfe brauche, müsse sie eingreifen – das sei ihr Beruf.

Wie es dem Mann heute geht, weiß Elke Fricke nicht. „Als der Rettungsdienst die Behandlung übernommen hat, bin ich gegangen“, erzählt sie. Sie habe noch oft an den jungen Mann denken müssen und gehofft, dass er es geschafft hat und noch lebt. Für „Schwester Elke“ ist es bereits ihr zweiter Tag als Schutzengel im Außendienst – vor Jahren rettete sie einen Mann, der sich bei einem Unfall bei Flechtingen schwer verletzt hatte.

„Was mich wirklich ärgert, sind die Menschen, die nur herumstehen und gaffen“, sagt Elke Fricke. Doch viele Menschen haben keine jährliche Ausbildung in Erste-Hilfe-Maßnahmen wie das medizinische Personal und sind in Notfallsituationen unsicher. „Dann sollen sie lieber irgendwo auf dem Brustkorb herumdrücken. Hauptsache, sie haben etwas getan“, sagt Elke Fricke.

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) kennt diese Unsicherheiten. „Nur wer nichts macht, macht etwas falsch“, sagt Mandy Oelke, Leiterin Soziale Arbeit im DRK Kreisverband Börde. Zumindest sollten Personen den Notruf wählen oder Hilfe holen – dazu sind sie per Gesetz auch verpflichtet. Unterlassene Hilfeleistung kann mit Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr geahndet werden.

„Wir empfehlen, das Wissen in Sachen Erste Hilfe alle zwei Jahre aufzufrischen“, so Oelke. Beim DRK gibt es zwei verschiedene Kurse mit unterschiedlicher Länge zum Thema Erste Hilfe. Viele Menschen denken dabei an komplizierte Rechnungen in Bezug auf die Herzdruckmassage, die sie längst vergessen haben. Aber auch die Handgriffe zur Ersten Hilfe haben sich über die Jahre verändert. „Die Hilfestellungen sind einfacher gestaltet. Wir wollen schließlich auch, dass die Menschen damit umgehen können“, so Mandy Oelke. Mit dem richtigen Wissen habe im Notfall jeder das Zeug zum Schutzengel.