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Flora Stark sein für das Miteinander

Seelisch kranke Menschen können seit mittlerweile 20 Jahren an der Dessauer Straße in Haldensleben ein Zuhause finden.

Von André Ziegenmeyer 23.10.2018, 01:01

Haldensleben l „Wenn man sich diese wunderschöne Einrichtung anschaut, kann man sehen, wie viel Beharrlichkeit, Mut und Liebe hier in den vergangenen 20 Jahren investiert wurden“: Mit diesen Worten wandte sich Haldenslebens zweite stellvertretende Bürgermeisterin Carola Aust an die Anwesenden. Neben Landrat Martin Stichnoth und vielen weiteren gehörte sie zu den Ehrengästen der Jubiläumsfeier.

Doch der Weg war nicht immer einfach. Vor allem am Anfang. Auch das klang gestern an. „Seelische Krankheiten stehen in einem besonderen Ruf. Es gibt viele Menschen, die sagen: Damit möchte ich nichts zu tun haben“, erklärte Eberhard Resch. Er ist der Vorstandsvorsitzende des „Fördervereins für seelisch kranke Menschen“ (Flora). Gerade vor diesem Hintergrund habe sich der Vorstand über die vielen Anmeldungen zur Feier gefreut. Wie Ines Peinemann als Einrichtungsleiterin des Wohnheims ausführte, gründete sich der Verein 1990. Die Suche nach Räumlichkeiten für ein Heim habe sich schwierig gestaltet. Man habe dem Verein vor allem abgelegene Immobilien angeboten, keine in direkter Nähe zur Stadt. Erst 1996 wurde das Grundstück an der Dessauer Straße vom Land an den Verein übertragen.

Das dazugehörige Gebäude hatte bereits verschiedene Rollen gespielt - etwa als Kurhotel, Lazarett oder Außenstelle der Bezirksnervenklinik. Anschließend sei es verfallen, bis es der Verein teilweise sanierte und teils abriss, um einen Neubau zu ermöglichen. „Am 22. Oktober 1998 zogen die ersten fünf Bewohner ein. Deshalb feiern wir heute Geburtstag“, so Ines Peinemann.

Derzeit leben in dem Wohnheim 39 Menschen. Hinzu kommen zwölf weitere, die in Wohnungen in der Stadt leben und zur Tagesförderung in die Dessauer Straße kommen. „Sie stehen heute im Mittelpunkt. Denn ohne Bewohner gäbe es weder das Heim noch uns als Mitarbeiter“, betonte Ines Peinemann. Die Akzeptanz des Heims habe sich verändert. „Vor zehn Jahren habe ich mir gewünscht, dass ich zum 20. Geburtstag sagen kann, dass die Betreuten mit noch größerer Selbstverständlichkeit Teil dieser Stadt sind. Ich glaube, das ist so geworden“, hielt Peinemann fest.

Nicht zuletzt bedankte sich Eberhard Resch bei den Vertretern des Landkreises, der Stadtverwaltung, des Ameos-Klinikums sowie weiteren Partnern für die gute Zusammenarbeit. „Nach diesen 20 Jahren würde die Flora wirklich vermisst. Sie ist für die Bewohner ein Zuhause“, bekräftigte Resch. Dass die Einrichtung gut angenommen werde, sehe man daran, dass sie nicht nur voll belegt sei, sondern auch an dem Umstand, dass es sogar eine Warteliste gebe. Dem positiven Urteil schloss sich Franziska Knutti an. Sie lebt seit drei Jahren in dem Heim. „Ich finde es einfach toll hier. Durch die vielen Angebote gibt es keine Langeweile, die Leute sind sehr einfühlsam und kümmern sich wirklich um einen“, erklärte sie.

Auch Landrat Martin Stichnoth hob das Engagement der Mitarbeiter hervor. In einem solchen Beruf habe man nicht einfach Feierabend, sondern werde bisweilen auch in der Nacht oder an Feiertagen gebraucht. Dafür benötige es Kraft und Idealismus.

Um den gestrigen Tag gebührend zu begehen, haben laut Ines Peinemann Mitarbeiter und Bewohner vor fast einem Jahr ein Festkomitee gegründet und seither alles minutiös vorbereitet. Ein fröhliches Geburtstagsständchen sangen die Kinder der Paten-Kita „St. Marien“. Darüber hinaus kümmerte sich der Saxophonist Noah-Benedikt Hahn um die musikalische Gestaltung.

Nach dem offiziellen Programm konnten die Festteilnehmer das Gelände und auch die weiteren Einrichtungen der Flora in Augenschein nehmen. Im Mittelpunkt stand dabei der Neubau „Casa Florentina“, der sowohl der Tagespflege als auch den ambulanten Gruppenangeboten dienen soll. „Die Flora wächst, gedeiht und blüht. Darüber freuen wir uns. Und wir hoffen, dass es so weitergeht“, betonte Eberhard Resch.