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Gästemangel Jugendherberge fehlt die Jugend

Nach wochenlanger Schließung ist die Jugendherberge in Haldensleben wieder geöffnet. Doch bleiben die Gäste in diesem Sommer aus?

Von Juliane Just 06.07.2020, 01:01

Haldensleben l Ein Zelt steht auf dem großen Areal der Jugendherberge. Normalerweise tummelt sich im Sommer hier ein ganzes Zelt-Dorf. Doch in diesem Jahr ist eben alles anders. Aufgrund der Corona-Pandemie musste die Jugendherberge über zwei Monate lang schließen. Die Übernachtungszahlen zeigen ein dramatisches Bild.

Wo normalerweise im Juli 1000 Übernachtungen gebucht sind, können in diesem Jahr gerade einmal 39 verbucht werden. Für Ingolf Zander, Leiter der Jugendherberge, ist das bitter, aber eben auch der Situation geschuldet. Seit dem 8. Juni hat die Herberge wieder geöffnet. „Es läuft sehr verhalten“, bilanziert er. „Es kommen wieder Anfragen, aber sporadisch.“

Während der coronabedingten Schließungen war die Jugendherberge das Sorgenkind unter den städtischen Einrichtungen. Bis Mai riss sie ein Loch von 15 000 Euro in die Stadtkasse, das mit jedem Tag größer wurde, an dem die Herberge keine Gäste aufnehmen konnte. Für die Haldensleber Jugendherberge ist die Corona-Pandemie wirtschaftlich ein Desaster. Und damit ist sie nicht allein. Knapp die Hälfte des Jahresumsatzes ist den Jugendherbergen in Sachsen-Anhalt nach Angaben des Landesverbandes des Deutschen Jugendherbergswerks weggebrochen.

Die Abläufe in der Jugendherberge mussten neu organisiert werden. „Wir sind ein Gruppenhaus und wollen das auch bleiben“, sagt Zander. Doch je mehr Menschen im Hause sind und sich begegnen könnten, desto schwieriger wird es für die Mitarbeiter.

Derzeit würden auch nur schriftliche Anfragen zur Übernachtungen angenommen, so Zander. „Das kann man nicht wie noch vor einem Jahr mal schnell am Telefon klären. Wir müssen jetzt mehr planen“, erklärt der Herbergsvater. Verpflegung, sanitäre Anlagen, Außenbereich – alles muss im Blick behalten werden.

Von dem Saisonbeginn im März hat das siebenköpfige Team nicht mehr viel gehabt. Die Einrichtung, die sich vor allem auf Kinder und Jugendliche spezialisiert hat, konnte keine klassenbezogenen Programme mehr auf die Beine stellen. Normalerweise sind laut Zander von April bis Juli im Durchschnitt 60 Klassen in der Haldensleber Jugendherberge aufgeschlagen. Keine davon ist angereist. Für die Herbergen in ganz Sachsen-Anhalt bedeutet das in Zahlen: 75 000 Übernachtungen weniger als noch im Jahr 2019.

Doch wie wirtschaftlich kann eine Einrichtung sein, die gerade einmal vier Prozent der Übernachtungen im Vergleich zum vergangenen Jahr verbucht? „Wirtschaftlich ist das nicht, aber die Jugendherberge ist ein Tourismuspunkt für Haldensleben“, sagt Stefanie Stirnweiß, Mitarbeiterin der Stadtmarketingabteilung.

Doch es gibt auch Gutes zu berichten. „Der Kalender ist bis ins Jahr 2022 voll“, berichtet Ingolf Zander. So hätten viele Stammgäste ihre Aufenthalte zwar verschoben, sind aber nicht für immer abgesprungen. Egal ob Stadtranderholung, Probelager für Musikschulen oder Saisonabschlüsse von Fußballvereinen – sie kommen alle gern wieder. „Das lässt hoffen“, sagt Ingolf Zander.

Und auch etwas anderes hatte während der Corona-Pandemie eine kurze Verschnaufpause: der Rasen. Saftig grün wartet er nun auf kleine und große Füße, die über ihn laufen. Und auch die Erdhöhle, das Schmankerl der Herberge, wartet auf Gäste, die sich auf ein Abenteuer ohne Strom und Wasser unter der Erde einlassen wollen.