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Geflügelpest Calvörder soll Strafe für Hühner zahlen

Rolf Schöppe soll Strafe an das Veterinäramt zahlen. Er habe seine Hühner nicht im Stall gehalten. Dabei hat Schöppe keine Hühner.

Von Anett Roisch 24.06.2020, 01:01

Calvörde l Rolf Schöppe war überaus überrascht, als ihm und seiner Frau ein Brief vom Veterinäramt des Landkreises Börde ins Haus flatterte. „Ich soll wegen der Missachtung der Stallpflicht Strafe zahlen“, sagte Schöppe und zeigte das Schreiben vom Amt. Darin steht, dass Mitarbeiter des Amtes am 15. April Kontrollen im Beobachtungs- sowie im Sperrgebiet, das in der tierseuchenrechtlichen Allgemeinverfügung zum Schutz vor der Geflügelpest festgelegt wurde, vorgenommen hatten. „Sie verstießen gegen die Aufstallpflicht Ihres Geflügels“, heißt es im Bescheid. Bis spätestens zum 26. Juni sollen Schöppes laut Kostenfestsetzungsbescheid die 35 Euro auf das Konto des Landkreises zahlen.

Rückblick: Am 27. März 2020 wurde der klinische Verdacht der Geflügelpest in einem Putenmastbestand in Wieglitz amtlich festgestellt. Der Seuchenausbruchsbestand mit etwa 19 000 Mastputen und einem Kontaktbestand mit 13 000 Jungputen wurde getötet. Mit Wirkung ab 14. Mai wurde das Sperr- und Beobachtungsgebiet aufgehoben.

„Natürlich hätten wir unsere Hühner wegen der Geflügelpest eingesperrt. Aber wir haben die Hühner schon lange abgeschafft“, betonte Schöppe und zeigt auf den leeren Hühnerstall im Garten an der Hegstraße. Das idyllisch gelegene Stückchen Land ist für das Paar eine Oase. Aber am liebsten reisen Schöppes mit ihrem Wohnmobil durch die Welt und suchen beim Geocaching Schätze. „Meine Schwiegermutter wird 90 Jahre alt. Früher hat sie, wenn wir unterwegs waren, die Hühner versorgt. Aber wir wollen sie – wenn wir reisen – nicht mehr mit solchen Aufgaben vertraut machen“, erklärte der Calvörder.

Er selbst ist ein Naturliebhaber. Während seine Frau sich auf die Vielfalt der Kräuterwelt spezialisierte, legte er eine wilde Blumenwiese an und baute ein Insektenhotel. „Ich hatte auch Bienen. Die Bienen und auch damals die Hühner habe ich bei der Tierseuchenkasse gemeldet. Kein Thema - dafür bezahlt man. Die Bienen sind leider eingegangen. Bei der Tierseuchenkasse haben wir schon zwei Jahre keine Hühner mehr gemeldet und dies auch im ausgefüllten Fragebogen angegeben“, erzählte Schöppe.

Für ihn und für seine Frau sei so die Abmeldung ordnungsgemäß erfolgt. Um so größer war die Verwunderung über das Schreiben vom Amt. „Auch wenn wir unsere Hühner nicht ordnungsgemäß abgemeldet haben sollten, ist es doch kurios, dass die Mitarbeiter Hühner in unserem Garten gesehen haben. Wie kann das sein?“, fragte Schöppe kopfschüttelnd und zeigte auf den verwaisten Hühnerstall.

Julian Nader, Leiter des Amtes für Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung im Landkreis Börde, wies auf den Erlass der tierseuchenrechtlichen Allgemeinverfügung hin, die der Landkreis im Rahmen der Geflügelpest in Wieglitz zum Schutz der Tiere veröffentlicht hatte. „Um diese Maßregeln zu kontrollieren, haben wir eine Nachschau durch verschiedene Kontrolleure durchgeführt. Diese waren in den einzelnen Ortschaften unterwegs“, schilderte Nader.

Grundlage für diese Schau sei – nach den Ausführungen des Amtsleiters – die Tierhalterdatenbank. Die Halter seien verantwortlich, ihre Tierhaltung beim Landkreis und auch Änderungen anzuzeigen.

„Wir werden diesen Fall des Ehepaares Schöppe prüfen – sowie alle anderen Fälle von Betroffenen auch. Fakt ist, dass auf dieser Meldeadresse die Tierhaltung nicht abgemeldet war. In der Kontrolle wurden Tiere festgestellt“, sagte Nader mit Blick auf das Schriftstück seiner Kontrolleure. Er selbst sei ja nicht vor Ort gewesen und gehe davon aus, dass seine Kollegen das Gesehene richtig zugeordnet und aufgeschrieben haben.

Zum Ärger der Schöppes kommt noch dazu, dass die Namen des Paares auf dem Briefkopf völlig falsch geschrieben sind. Statt Rolf Schöppe steht dort Herr Rolf Wranka. „So hieß meine Frau mal, aber wir sind seit vier Jahren verheiratet. Sie heißt Barbara und nicht ,Barabara’. Da müsste jemand mal die Daten korrigieren“, meinte Schöppe. „Dieses Kauderwelsch finde ich schon traurig“, sagte die Gattin.

Nader erklärte, dass die Tierseuchenkasse und der Landkreis als Zulassungsstelle unterschiedliche Systeme seien. „Die Namen haben die Kontrolleure bei der Nachschau so notiert“, erklärte der Amtsleiter.

Die Bürger hätten die Möglichkeit, gegen diesen Bescheid Widerspruch einzulegen. „Alle diese Meldungen, auch wenn wir sie telefonisch bekommen haben, werten wir als Widerspruch – auch wenn es theoretisch nicht der Verwaltungsweg ist“, erläuterte der Leiter des Amtes. Die Zahlung der Gebühr sei mit dem Widerspruch erst mal ausgesetzt.

„Nach der Prüfung werden wir entscheiden, ob der Bescheid zurückgenommen wird oder nicht“, sagte Nader. Wenn ein Irrtum vorliegt, würden sich Mitarbeiter des Amtes bei den Betroffenen für die entstandenen Unannehmlichkeiten entschuldigen.