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Gemeinschaftsgarten Keine Einigung zu Garten-Standort

Ein Netzwerk aus Bürgern möchte in Haldensleben einen Gemeinschaftsgarten einrichten. Anwohner zeigen sich wenig begeistert.

Von Julia Schneider 26.02.2019, 00:01

Haldensleben l Eine Tatsache einte alle Teilnehmer der Informationsveranstaltung des Netzwerkes „Gemeinschaftsgarten“ im EHFA: Die Idee eines Gemeinschaftsgartens finden sie alle generell positiv für die Stadt. Das stellte Benjamin Gehne fest, indem er um Handzeichen bat. Der Magdeburger, der als Mediator tätig ist, war vom Verein Khepera extra als Moderator engagiert worden.

Zunächst stellten sich die Ideengeber für das Projekt Gemeinschaftsgarten noch einmal vor. Ein Teil der Mitglieder des Vereins Khepera hatte die Idee entwickelt. Gemeinsam mit interessierten Bürgern bilden sie das Netzwerk Gemeinschaftsgarten.

Grund der Zusammenkunft war auch ein Streit, den das von dem Netzwerk favorisierte städtische Grundstück am Pfändegraben ausgelöst hatte. Denn einige der unmittelbaren Anwohner möchten keinen Gemeinschaftsgarten vor der eigenen Haustür haben. Sie wollten wissen, welche anderen Standortalternativen das Netzwerk noch geprüft hat. Mitglied Christian Feißel stellte deshalb sieben teils städtische und teils private Flächen detailliert vor.

Ein Grundstück hinter dem Edeka-Markt auf dem Süplinger Berg beispielsweise sei zwar von Schulen und Kitas umringt und bringe damit schon potentielle Nutzer des Gartens mit sich. Allerdings sei es nicht innenstadtnah, was die ursprüngliche Idee des Gemeinschaftsgartens aber vorsehe. Zudem seien im Boden höchstwahrscheinlich Altlasten zu finden, da die Fläche früher einmal bebaut war.

Geprüft hätten die Mitglieder des Netzwerkes Gemeinschaftsgarten auch Flächen auf der Masche, hinter dem ehemaligen Musikclub, an den Ohrewiesen und an der Stadtmauer.

Letztlich sei aber das Grundstück am Pfändegraben als Favorit für das Projekt bestehen geblieben. „Ökologisch betrachtet muss man hier nicht bei Null anfangen, weil schon Baum- und Pflanzenbestand vorhanden ist“, erläuterte Christian Feißel. Für einen Gemeinschaftsgarten müsse ihm zufolge zwar einiges umgestaltet, vieles könne jedoch auch erhalten werden.

Denkbar seien in dem Garten eine Kräuterschnecke, Hochbeete, ein Insektenhotel, Nistkästen und mehr. Ein genauer Plan solle aber erst mit den Nutzern gemeinsam entstehen. Denn davon lebe ein Gemeinschaftsgarten: von dem Miteinander und der generationenübergreifenden Zusammenarbeit.

Christian Feißel beantwortete Fragen der Anwesenden zu Ruhezeiten und Einzäunung. So solle gemeinsam mit Akteuren und Nachbarn eine Gartenordnung ausgearbeitet werden, die Öffnungszeiten und mehr regele. Mit der Vorstellung der infrage kommenden Grundstücke zeigten sich die Nachbarn des Pfändegrabens alles andere als zufrieden. „Das hört sich alles nach sehr subjektiver Bewertung an. Ich fordere, dass Sie eine allgemeingültige Bewertungsmatrix zugrunde legen“, sagte eine Anwohnerin. Wenn das getan werde, komme man am Ende sicherlich nicht mehr auf den Pfändegraben als besten Standort.

Nachbarn aus der Gartenstraße brachten ein Thema auf, das schon einmal in einem Leserbrief in der Volksstimme angesprochen wurde. Damals hatte ein Nachbar dem Netzwerk Gemeinschaftsgarten vorgeworfen, das Grundstück auf dem Süplinger Berg abzulehnen, weil der Garten ein „deutscher Garten“ werden solle und dort keine Menschen mit Migrationshintergrund erwünscht seien. Darauf hat Christian Feißel in einem Antwortschreiben reagiert. „Der Verein Khepera plant keineswegs einen ‚deutschen Gemeinschaftsgarten‘. Es wurden auch keine Aussagen getätigt, die eine solche Interpretation zulassen. (...) Wir betonen: Alle Menschen sind herzlich willkommen, teilzuhaben“, heißt es darin.

Auch Konstanze Bajerski, die als Bürgerin dem Netzwerk beigetreten ist, betonte, dass in dem Garten möglichst viele Haldensleber zusammenkommen sollen. Würde man sich für den Süplinger Berg als Standort entscheiden, würde man sich für eine bestimmte Gruppe von Menschen entscheiden. Nicht viele Bürger aus der Innenstadt würde es nämlich auf den Süplinger Berg ziehen, Anwohner des Haldensleber Stadtteils ziehe es jedoch in die Innenstadt – im Gemeinschaftsgarten seien sie willkommen.

Die Anwohner zählten weitere Gründe gegen einen Gemeinschaftsgarten am Pfändegraben auf. „20 Jahre lang ist diese Fläche nicht berührt worden. Es hat sich ein Naturraum entwickelt, in dem Vögel nisten und auch andere Tiere leben“, sagte eine Anwohnerin. Marcel Bornkampf, Mitglied im Netzwerk, erklärte daraufhin, dass der Gemeinschaftsgarten nicht steril werden solle, sondern ebenfalls weitgehend naturbelassen. Auch darin könnten Tiere weiterhin ihren Lebensraum finden.

Das bestätigte Anne Hochbach von der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Börde, die der Veranstaltung beiwohnte. Der Naturschutz sei ihr zufolge kein Grund, der gegen den Gemeinschaftsgarten spreche. Ganz im Gegenteil würden Bienen und Insekten in einem Garten noch eine größere Vielfalt an Pflanzen finden, als momentan am Pfändegraben.

Anwohner hatten allerdings noch andere Bedenken. Sie fragten nach der Parkplatzsituation und wiesen auf die historische Bedeutung des Pfändegrabens hin. Auch um die Änderung des Bebauungsplanes machten sie sich Sorgen. Bisher könne auf dem Areal zwar ein Gemeinschaftsgarten entstehen, aber keine Wege oder Gerätehäuschen gebaut werden, bestätigte auch Petra Albrecht, Abteilungsleiterin für Bauplanung im Haldensleber Rathaus. Eine Änderung des B-Planes sei daher zwingend erforderlich, sei aber schon besprochen und voraussichtlich ohne großen Aufwand machbar.

Unter den Anwesenden waren auch Bürger, die sich über das Projekt informieren wollten. „Ich habe das Grundstück zu DDR-Zeiten noch als Schulgarten erlebt. Heute laden dort Nachbarn ihren Grünschnitt ab, es ist verwildert“, sagte eine Bürgerin. „Es war einmal sehr schön dort und ich denke, das könnte es auch wieder werden.“

Bei der Informationsveranstaltung merkten sowohl die Mitglieder des Netzwerkes, als auch die Anwohner, dass sie nicht übereinkommen, was eine Gründung des Gemeinschaftsgartens am Pfändegraben angeht. Schlussendlich wird deshalb wohl der Stadtrat entscheiden müssen. Das Netzwerk will sich vorerst auf die Weiterentwicklung seines Konzeptes konzentrieren.