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Geschichte Eisenbahnforscher bittet um Hilfe

Wolfgang List arbeitet an einem neuen Buch über Haldensleben. Der Stendaler Kleinbahnforscher bittet um Mithilfe bei der Recherche.

Von Jens Kusian 16.08.2017, 01:01

Haldensleben/Stendal l Wolfgang List, der unlängst gemeinsam mit dem Berliner Omnibusexperten Peter Müller-Mark das Buch über die Kleinbahn Gardelegen-Neuhaldensleben-Weferlingen und ihre Doppelstock-Schienenbusse herausgebracht hatte, wendet sich erneut mit einem Anliegen an die Leserschaft der Volksstimme.

„Von verschiedenen Lesern bin ich auf das Thema ,Anschlussgleis zur Landesheilanstalt’ hingewiesen worden“, sagt List, der im vergangenen Jahr auch sein Buch „Kleinbahnen der Altmark“ vollkommen neu geschrieben hatte. „Nun ist es an der Zeit, sich dieser Thematik zu widmen und in die Geschichte einzutauchen.“

Im Kreis- und Stadtarchiv Haldensleben bekam er wiederum Unterstützung beim Studium der diesbezüglichen Akten. List ermittelte, dass auf dem 41. Provinziallandtag im März 1926 der Auftrag an den Landeshauptmann Dr. Erhard Hübener zum Beginn der Vorarbeiten für eine Landesheilanstalt für Geisteskranke erging.

Die Stadt Neuhaldensleben stellte im Kiefholz, einem Kiefernwald an der Landstraße nach Süplingen, ein geeignetes Baugelände zur Verfügung. Insgesamt umfasste es eine Fläche von rund 180 Hektar südwestlich des Stadtrandes.

Das Baumaterial sollte per Eisenbahn antransportiert werden. Dazu war die Anlage eines Anschlussgleises geplant, das nach Abschluss der Bauarbeiten für die ständige Zufuhr der Rohbraunkohle zum Kesselhaus der Landesheilanstalt und weiterer Materialien für den Anstaltsbetrieb weiter genutzt werden sollte.

Dieses Gleis, so der Plan, zweige etwa 200 Meter vor dem Überweg der Bude 15 aus der Kleinbahn Neuhaldensleben-Weferlingen ab, überschneide die Waldecke zwischen Kleinbahn und der alten Heerstraße von Bülstringen nach Althaldensleben und folge im weiteren Verlauf dem Zuge dieses Weges bis zur Landstraße nach Süplingen.

Aus einer Akte zu Grundstücksangelegenheiten der Landesheilanstalt geht hervor, dass das Gleis nach dem Abzweig hinter der Haltestelle Flora-Papenberg einen Bogen nach Süden beschreibt und auf der Lüneburger Heerstraße weiter bis zum Kesselhaus der Anstalt verläuft, hinter dem auch ein Freiladegleis vorgesehen ist.

Die Erdarbeiten für das Anschlussgleis begannen im Juni 1927. Das Gleis endete hinter dem Maschinen- und Kesselhaus für die Fernwärmeversorgung an einem Freiladeplatz für die Anfuhr der Baumaterialien. Parallel zum Kesselhaus gab es ein Umfahrgleis. Das Anschlussgleis wurde am 6. September 1927 in Betrieb genommen.

Inzwischen hatten im August 1927 die Bauarbeiten für die Anstalt auf einem etwa 33 Hektar großen Waldstück begonnen. Der erste Bauabschnitt endete am 23. Mai 1930 mit der feierlichen Eröffnung der Landesheilanstalt. Es standen zunächst 472 Betten zur Verfügung. Für den zweiten Bauabschnitt, der weitere 356 Plätze bringen sollte, waren eineinhalb Jahre Bauzeit veranschlagt.

Er war im Jahre 1932 fertig, während ein dritter Bauabschnitt nach 1933 nicht mehr wie ursprünglich geplant ausgeführt wurde. Im Jahre 1939 verfügte die Landesheilanstalt über 1170 Krankenbetten.

Während des Zweiten Weltkrieges dienten große Teile als Lazarett. Zu DDR-Zeiten war die Einrichtung das Bezirkskrankenhaus für Neurologie und Psychiatrie. Das Anschlussgleis wurde weiter für den vorgesehenen Zweck genutzt. Heute gehört die ehemalige Landesheilanstalt zum Ameos Klinikum Haldensleben. Das Anschlussgleis ist seit langem abgebaut.

Bei einem Besuch vor Ort hat der Autor vor dem Kesselhaus keinerlei Spuren der Bahnanlage mehr gefunden. „Es sind aber noch zahlreiche Fragen offen, die ich mit der Hilfe der Volksstimme-Leser gern beantwortet haben möchte“, bittet der Autor um Unterstützung. So ist beispielsweise unbekannt, wie lang das Anschlussgleis war.

„Besitzt jemand noch einen exakten Gleislageplan und die Betriebsvorschrift aus der Reichsbahnzeit? Wie lange war das Anschlussgleis in Betrieb? Wie oft pro Woche oder Tag wurde der Anschluss bedient? Was wurde außer Braunkohle per Bahn angefahren? Wie wurde sie zu DDR-Zeiten entladen? Wann wurde das Gleis abgebaut? Gibt es noch zeitgenössische Erinnerungsfotos oder Ansichtskarten von der Landesheilanstalt beziehungsweise dem Bezirkskrankenhaus, auf dem zufällig die Bahnanlage zu sehen ist? Sind womöglich sogar noch Fotos aus der Bauzeit der Landesheilanstalt erhalten, die Teile der Bahnanlage zeigen?“, hat List noch sehr viele Fragen.

Dringend wird zudem noch ein Foto vom Doppelstock-Schienenbus T 5 gesucht. Während es von allen anderen Fahrzeugen – T 2 bis T 9 – Bildbelege gibt, ist eine Abbildung dieses Fahrzeug bislang noch nirgendwo aufgetaucht.

Natürlich sind List und der Verkehrshistoriker Peter Müller-Mark auch an der leihweisen Überlassung weiterer Bilder, Ansichtskarten, Erinnerungsfotos und mehr von der Kleinbahn interessiert, die umgehend unversehrt zurückgesandt werden. „Das betrifft auch zeitgenössische Ansichten von den Steinbrüchen an der Weferlinger Strecke“, ergänzt der Autor.

Wer mithelfen kann, wird gebeten, mit Wolfgang List Kontakt aufzunehmen – per Telefon unter 03931/21 46 84 oder per E-Mail an wolfgang.list@altmarkschiene.de.