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Gülleproblem Verfehlungen bleiben bislang ungeahndet

Der Sprecher der Hödinger Bürgerinitiative hat mit einer Anwältin Akteneinsicht zu einem Hödinger Landwirtschaftsbetrieb genommen.

Von Carina Bosse 27.07.2018, 11:00

Hödingen l Die Bürgerinitiative gegen ein weiteres Wachsen des örtlichen Landwirtschaftsbetriebes (BI) hatte gemeinsam mit ihrer Anwältin vor kurzem die Möglichkeit, im Landkreis Akten bezüglich der LEG Schölecketal einzusehen.

„Es macht uns fassungslos“, so der Hödinger in einer Zusammenfassung für die Mitglieder der BI und alle interessierten Bürger. Bisher gebe es nur Androhungen gegen den Betreiber, der permanent gegen Bestimmungen verstoßen würde und die Umgebung des Betriebes am Rande des Landschaftsschutzgebietes Harbker Allertal massiv verseucht.

Mit großer Sorge verfolgen die Hödinger seit Monaten den Werdegang der Milchvieh- und Biogasanlagen. Seit September vergangenen Jahres suchten sie die Hilfe der Einheitsgemeinde Oebisfelde-Weferlingen. „Bis heute hat sich an der Situation nichts geändert, denn weder die Stadtoberen noch das Bau- oder Ordnungsamt schützen uns Bürger, und wenn, dann mit nur wenig Enthusiasmus“, zeigt sich der Sprecher enttäuscht.

Es musste eine Bürgerinitiative gegründet werden, um sich dem Treiben um die stetig wachsende Industrieanlage vor den Toren Hödingens entgegenzustemmen.

Unzählige Anzeigen nach von den Hödingern festgestellten Umweltverstößen waren die Folge. Bislang blieben diese Anzeigen bei den Ermittlungsbehörden allerdings folgenlos, beklagt die BI. Weder die baugenehmigende Landesbehörde noch die Staatsanwaltschaft interessierten sich offensichtlich für Vergehen gegen die Umwelt und die Bürger.

Massive Austritte der Gülle-Sickersäfte durch eine verschwiegene Havarie aus Anfang 2017 machen die Hödinger fassungslos. Die Bürgerinitiative geht davon aus, dass Tausende Kubikmeter Gülle-Gärreste ins Landschaftsschutzgebiet ausgetreten sind. Nur Anzeigen besorgter Bürger hätten auf die Havarie aufmerksam gemacht.

Trotz dieses Wissens wurde ein neuer Güllebehälter mit noch größerer Kapazität, zudem mit einem Gefälle zum Ort Hödingen, genehmigt und mittlerweile realisiert.

„Es werden Baugenehmigungen ausgesprochen, wo der Betreiber nachweislich nicht in der Lage ist, uns Bürger vor Gülle, Dreck, Lärm und bestialischem Gestank zu schützen oder seinen Auflagen nachzukommen“, beklagt Henry Weske. Der Sprecher berichtet, dass tagelang Fenster und Türen geschlossen bleiben müssen - auch bei 30 Grad - weil unerträglicher Gestank nicht einmal nachts ein Durchlüften ermöglicht.

Anfang Juni haben die Umweltschützer nur über ihre Anwältin erstmalig die Bauanträge in die Hände bekommen. „Warum müssen die Bürger Geld sammeln, um Anwälte bezahlen zu können, die dann diejenigen, die dazu da sind, sie zu schützen, zu verklagen“, fragt die BI und kritisiert die Versäumnisse der zuständigen Behörden auf Kreis- und Landesebene bezüglich Prüfung und Kontrolle.

Gern werde behauptet, dass es kein öffentliches Interesse gibt, doch was gebe es Wichtigeres als den Schutz der Menschen, so Henry Weske.

Mit Gründung der BI hätten sich die Hödinger davon verabschiedet, noch länger die Lämmer zu sein. Ihre Bemühungen zeigten deutlich, dass der Landwirtschaftliche Betrieb und Biogasanlagenbetreiber seinen Betrieb sowohl formell als auch materiell nicht rechtens betreibt. „An diesem Umstand gibt es unserer Meinung nach keinen Zweifel, zumal wir die Zahlen um die Genehmigungen geprüft haben“, fasst Henry Weske jüngste Akteneinsichten zusammen. Falsche Daten gaben nach Ansicht der BI der Genehmigung recht, und die Landesbaubehörden hätten es bis heute versäumt, nachzuschauen, ob denn alles rechtens ist.

„Wir haben nunmehr Widerspruch zur derzeitigen Baumaßnahme eingelegt, da der Ausgangsdatenbestand erschlichen und jedenfalls zum Teil gelogen ist“, begründet die BI ihren nächsten Schritt.

Die Hödinger BI hat diesbezüglich einige Fragen, die auf eine Antwort warten:

Was unternimmt die Staatsanwaltschaft mit den ihr vorliegenden Ermittlungsakten?

Was unternimmt die genehmigende Behörde zu den nachweislichen Verfehlungen und Umweltvergiftungen?

Was unternimmt die Einheitsgemeinde Oebisfelde-Weferlingen, um ihre Bürger vor Dreck, Lärm und Gestank zu schützen?

Ein weiterer Vorwurf der Initiative: Es gibt seit 30 Jahren kein Entwässerungskonzept, geschweige denn eine ordentliche Ableitung der Abwässer!

Dass die Hödinger mit ihren Bedenken nicht falsch liegen, zeigt eine vom Fachdienst Natur und Umwelt des Landkreises im April in Auftrag gegebene Sonderuntersuchung im Graben Höd 12 südlich von Hödingen. An zwei Mess-Stellen nach den Einleitstellen der Landwirtschaft waren Wasserproben entnommen worden, die sowohl eine erhöhte organische Belastung als auch eine sehr starke Erhöhung von Kolibakterien als Beweis für eine fäkale Verunreinigung bescheinigen.

Der beauftragte Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft kommt zu dem Schluss, dass sich „die Einleitungen aus der Milchvieh- und Biogasanlage nachhaltig negativ auf die Gewässerbeschaffenheit auswirken“.