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Heimatmuseum Nostalgische Kostbarkeiten im Schlosskeller

Im Keller des Gutshauses in Dorst (Landkreis Börde), das liebevoll Schloss genannt wird, entsteht ein kleines Heimatmuseum.

Von Anett Roisch 24.11.2020, 00:01

Dorst l Nein, es ist kein Schlossgeist, der da den ganzen Tag im Keller des Gutshauses in Dorst poltert, alten Unrat rausträgt, Leitungen verlegt, Wände weiß streicht und nostalgische Schätze in renovierten Gewölben für die Nachwelt in Position bringt. Es sind Bewohner von Dorst, die sich zu einer Interessengemeinschaft zusammengetan haben, um das alte Herrenhaus wieder in neuem Glanz erstrahlen zu lassen.

Das Gebäude ist 1922 bis 1923 unter den damaligen Gutsbesitzern Paul und Margarete Fischer entstanden. Der „gute Geist“ und Antreiber der jetzigen Aktivitäten ist Manfred Franke, der einstige Bürgermeister der damaligen Gemeinde Dorst und der jetzige Ortsteilbeauftragte. Er hat den harten Kern und viele andere Dorster um sich gescharrt.

Eine Seite vom „Heimatblatt für das Land um Obere Aller und Ohre“ vom 29. Januar 1938 mit einem Artikel über „100 Jahre Arbeit auf dem Dorst“ haben die Engagierten sich zum Motto der Heimatausstellung im Keller gemacht.

Erst vor ein paar Monaten haben die Ehrenamtlichen mit viel Schweiß dem prunkvollen Herrenzimmer die Schönheit der vergangenen Zeiten zurückgegeben. Großes Ziel ist es, das Schloss vom Keller bis zum Dachboden für Besucher erlebbar zu gestalten.

Jetzt ist der Keller dran. Dort entsteht seit über einem Jahr eine Art Museum. „Die Idee fürs Schlossmuseum kam mir, als ich zuhause die Garagen entrümpelt und dabei so viel altes Handwerkszeug gefunden habe“, erzählt der Ortsteilbeauftragte. Sogleich fanden sich Mitstreiter, die fast vergessene Dinge aus der Vergangenheit ans Licht holten. Ingo Springborn bringt einen Pflug und eine Holzleiter. „Es sind jetzt acht Kellerräume, die wir entrümpelt, renoviert und mit Ausstellungsgegenständen ausgestattet haben“, sagt Springborn, während seine Frau Herta ein weiteres Exponat, ein Bild mit Stickereien, bringt. Darauf ist zu lesen: „Im Glück nicht jubeln, im Leid nicht klagen. Das Unvermeidliche mit Würde tragen.“ Das Ehepaar Springborn sowie Wolfram Materne und Georg Schütz gehören zum harten Kern. Im größten Raum gibt es eine Ecke, in der alte Schulbänke samt großer Tafel und kleinen Schiefertafeln aufgereiht sind. Nostalgische Schreibmaschinen und Telefonapparate gibt es gleich daneben zu bewundern. „Zu DDR-Zeiten hatte Dorst gerade mal zehn Telefonanschlüsse“, erzählt Materne, der die Sammlung zusammengetragen hat.

Blickfang sind die Trophäen an der Wand. „Der einstige Gutsbesitzer war ambitionierter Jäger“, beschreibt Franke und zeigt auf die präparierten Tiere wie Bussard, Habicht, Falke, Elster und Steinmarder.

„Wir wollen zeigen, wie unsere Vorfahren gelebt haben. Die Schafzucht spielte in Dorst eine große Rolle“, weiß Franke und führt ins Nähzimmer. Neben alten Nähmaschinen stehen Spinnräder. Franke nimmt die Schafwolle in die Hand und präsentiert, wie die Wolle zu einem Faden gesponnen wurde. Daneben liegt Wolle, die mit langen Nadeln zu Socken gestrickt wurde.

„Im Oktober 1945 wurde der Gutsbesitzer enteignet. Das Gebäude wurde zum größten Teil von den Russen geplündert. Der Backofen ist noch das einzige erhaltene Stück des Gutshauses. Im Auftrag der kommunistischen Partei wurde das gesamte Inventar mit vielen LKW weggeholt“, weiß Franke. „Dorst war ein Flüchtlingsdorf. Die Neubauern haben ein Stück Land bekommen und sich ein neues Zuhause aufgebaut“, ergänzt Springborn.

Weiter geht die Reise in die Vergangenheit vorbei an der Räucherkammer und am Weinkeller bis zur Vorratskammer. „In den Betonwannen wurde das Fleisch in Salzlauge haltbar gemacht“, erklärt Materne.

Das Sammelfieber geht um. „Manfred ist mehr im Schloss als zuhause“, verraten die Mitstreiter mit einem Augenzwinkern. Inzwischen bringen Leute aus Mannhausen, Uthmöden, Klüden, Zobbenitz, Grauingen, Satuelle und Haldensleben Kostbarkeiten nach Dorst. „Erst hatten wir Angst, dass wir nichts zusammenbekommen. Um so mehr Besuch wir haben, um so mehr neue Dinge werden gebracht“, erklärt Springborn. Ein Dankeschön geht an alle Spender. Was noch fehlt, ist eine Bottichwaschmaschine mit Rührwerk und Mangel sowie eine Kiepe. Außerdem könnten alte Gerätschaften vom Hausschlachten die Sammlung bereichern.

Kontakt ist möglich bei Manfred Franke unter Telefon 039058/24 70.