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Historisches Fest Wohlfühloase im Schlachtgetümmel

Eine Reise von der Steinzeit bis zur Moderne bot das historische Szenenfest in Haldensleben. Tausende gingen mit auf Zeitreise.

Von Jens Kusian 06.06.2016, 01:01

Haldensleben l Noch Quaken die Frösche am Schwanenteich in Althaldensleben lautstark vor sich hin, Sekunden später sind sie nicht mehr zu hören: Ohrenbetäubender Kanonendonner und nur wenig leisere Musketenschüsse zerreißen die Idylle im Landschaftspark Althaldensleben-Hundisburg. Mit gewaltigem Getöse versuchen die Northeimer Landsknechte, die Stadt Haldensleben zu erobern. Nur die beiden Brüder Joachim und Sebastian Alstein, einst Bürgermeister der inzwischen 1050-jährigen Stadt zwischen den Wäldern, können den marodierenden Truppen Einhalt gebieten – im Notfall auch im Kampf Mann gegen Mann.

Die Zeit des Dreißigjährigen Krieges ist nur eine Station von insgesamt sieben Zeitinseln, welche die Besucher mit auf eine Reise durch die wechselvolle Geschichte von Haldensleben nehmen. Mehr als 200 Akteure lassen die Historie lebendig werden. Sie schlagen einen Bogen von den Anfängen der Stadtgeschichte, als die ersten Siedler noch mit Steinen Leder bearbeiteten, bis hin zur Moderne, in der sich Haldensleben dank seiner Industriepioniere einen Namen als Keramikstadt machte.

Chronologisch ist der Rundgang aufgebaut, überall gibt es viel zu entdecken und zu bestaunen. Mitmachen ist durchaus erwünscht, sei es beim mittelalterlichen Bogenschießen oder bei der Kampfausbildung zum Ritter. Selbst seine schmutzige Wäsche kann der Festbesucher bei den Waschfrauen waschen lassen – ein Fuß- oder gar Ganzkörperbad soll die Wartezeit auf saubere Unterhosen verkürzen.

Schlachtgetümmel wechselt sich mit Musettenmusik ab, die Hugenotten rappen und reimen sich durch ihre Niederlassung in Haldensleben, die Kaiserin Theophanus und die Äbtissin Mathilde von Quedlinburg vertreiben sich die Zeit beim Spielen mit dem starken Gewichtheber August.

Nicht nur die Akteure, auch viele Besucher sind auf Zeitreise, haben sich des Anlass‘ gemäß gekleidet. Junge Burgfräulein laufen den Spaziergängern aus der Biedermeierzeit hinterher, die mit Schirm, Kleid und Zylinder im Park wandeln.

Erst gegen Sonnabendabend wird es ruhiger, die Zeitinseln versinken in der Dämmerung, doch leiser wird es keineswegs. Immer mehr Besucher, vorrangig aus Althaldensleben, finden sich auf dem Festplatz ein. Die Gruppe „Music for the Kitchen“ startet ihre musikalische Zeitreise von den goldenen 1920-ern bis in die 2000-er. Sie geben Deep Purples „Smoke on the Water“ zum Besten, heyen und hohen den „Blitzkrieg Bop“ der Ramones unters Volk und lassen es das „Killing in the name of“ nicht ganz so brachial wie das Original von Rage Against The Machine erklingen – alles ganz entspannt mit Akustikgitarre, Kontrabass, Akkordeon und Besenschlagzeug.

Inzwischen ist der Schwanenteich dicht umlagert, und die Bäume und Büsche ringsherum bieten ein außergewöhnliches Ambiente für das fulminante Feuerwerk, das gegen 22.30 Uhr gezündet wird. Das Teichgelände taucht in grünes, rotes, blaues Licht, fantastische Bombetten bringen den Nachthimmel zum Leuchten und die vielen Zuschauer zum Lächeln: „So etwas Schönes hatten wir hier in Althaldensleben schon lange nicht mehr!“