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Initiative Eltern kämpfen für Erhalt der Schule

Für den Erhalt der Grundschule „Bernhard Becker“ in Beendorf kämpfen Eltern in einer Initiative.

Von Anett Roisch 09.08.2019, 01:01

Beendorf l „Schulverbünde – was in zwei Harzgemeinden funktioniert, sollte auch für die Beendorfer Grundschule möglich sein“, sagten Indra Merle und Evelyn Bohn von der Elterninitiative. Sie kämpfen für den Erhalt der Grundschule „Bernhard Becker“ in Beendorf.

„Im Sommer 2018 hatte die schwarz-rot-grüne Koalition nach erheblichem Druck aus der Bevölkerung infolge vieler Schulschließungen das Schulgesetz geändert, um kleine Schulen in ländlichen Regionen zu erhalten. Dieses Jahr gab es die ersten daraus resultierenden Schulverbünde im Harz. Diese Möglichkeit wollen wir, die Elterninitiative aus Beendorf, auch für unsere Region“, sagte Indra Merle. „Laut Gesetz müssen keine Schulen mehr geschlossen werden, die bestimmte Mindestanforderungen erfüllen. Die Beendorfer Grundschule erfüllt diese Mindestanforderungen“, betonte Evelyn Bohn.

2016 hatte die Verbandsgemeinde Flechtingen beschlossen, eine neue Grundschule in Erxleben unter Maßgabe der Schließung der Grundschulen Beendorf und Bregenstedt zu bauen. „Dies geschieht über Fördermittel, also mit unseren Steuergeldern. Um diese in entsprechender Höhe zu erhalten, müssen möglichst hohe Schülerzahlen zugrunde liegen. Und dies auf dem Rücken der Kinder. Dafür nimmt man sogar Fahrtzeiten von bis zu 45 Minuten in Kauf – und das jeweils morgens und nachmittags. Somit schließt man zwei Standorte, damit der neue Standort entsprechend gefördert werden kann. Das ist in einem reichen Land wie Deutschland der pure Wahnsinn und widerspricht der damaligen Aussage der Politiker: ,Schluss mit den massenhaften Schulschließungen!‘ Es geht um die erste bis vierte Klasse, da sollte im Interesse der Kinder gehandelt werden – ganz nach dem Vorsatz ,kurze Beine - kurze Wege‘“, appellierte Indra Merle.

Natürlich sei, nach den Ausführungen der Frauen der Initiative, eine neue Schule schön. Sie hätten auch gar nichts dagegen. „Aber warum muss man dafür zwei bestehende Schulen schließen?“, fragen die beiden Mütter. Über andere Investitionstöpfe wäre eine Sanierung der bestehenden Schulen, ihrer Ansicht nach, machbar. Ziel sei es, für alle Grundschüler gleiche Bedingungen zu schaffen. Dies schließe die Sanierung der Grundschule Beendorf mit allen erforderlichen Maßnahmen ein. „Der komplette Gemeinderat von Beendorf und sämtliche Eltern der jetzigen Kita-Kids der Einrichtungen Alleringersleben und Beendorf stehen laut Umfrage vom 3. Juli 2019 hinter der heutigen Grundschule in Beendorf“, sind sich die Vertreter der Initiative sicher.

Weiterhin muss im Zuge des Neubaus der Grundschule in Erxleben auch die heutige Turnhalle in Erxleben vergrößert werden. Auch die Hortsituation sei aktuell nicht endgültig geklärt. Der geplante Hort in der künftigen Grundschule in Erxleben ist nicht ausreichend, weshalb zusätzlich ein Hort in Bregenstedt oder Beendorf gebaut werden muss.

„Man kann nicht jede getroffene Entscheidung der Verbandsgemeinde Flechtingen ständig ändern, dennoch darf man nicht die Augen vor der Weiterentwicklung verschließen“, so die beiden Frauen. Sie fordern den neu gewählten Verbandsgemeinderat mit seinen beiden Ausschüssen auf, den Erhalt der Grundschule Beendorf erneut zu bewerten.

Ländliche Entwicklungsprozesse würden auf der Grundlage des integrierten gemeindlichen Entwicklungskonzepts (IGEK) gefördert werden. Die Schülerzahlen in Sachsen-Anhalt würden steigen, das Gesetz unterstütze Schulverbünde, die Geburtenrate sei stabil und die Gemeinde Beendorf würde einen Zuwachs an Einwohnern verzeichnen. Vor diesen Argumenten sei ein Umdenken gefordert. „Wir werden für unsere Schule kämpfen – für unsere Kinder, unseren Ort und die Region“, heißt es von der Elterninitiative.

Stellung zu den Forderungen der Elterninitiative nahm Mathias Weiß (parteilos), Bürgermeister der Verbandsgemeinde Flechtingen: „Vorweg – ich habe Verständnis für die Auffassung der Eltern. Änderungen rufen immer Zurückhaltung oder gar Ablehnung hervor. Neben Emotionen sind jedoch weitere sachliche Faktoren zu beachten und Emotionen können nicht Hauptmotivation für Entscheidungen sein.“

Die Verbandsgemeinderäte hätten, nach Ansicht von Weiß, intensiv vor ihrer Entscheidung im April 2016 die Vor- und Nachteile ihres Beschlusses zum Neubau der Grundschule in Erxleben diskutiert. „Während Eltern – aus der Natur der Sache heraus – den für sie bequemsten und gewohnten – Weg aufrecht erhalten wollen, wird von der Verbandsgemeinde als Träger der Grundschulen Weitsicht gefordert“, schilderte der Bürgermeister. Bei der Entscheidung über den Neubau hätten nicht nur die damals bekannten Parameter eine Rolle gespielt, sondern es seien immer auch gesetzliche Grundlagen beachtet worden. Fakt sei, dass die Kinderzahlen zwar im Moment hoch seien, jedoch sich schon jetzt ein Rückgang abzeichne. Die Bevölkerungsentwicklung verliefe immer in Wellen. Nach den Hochs (geburtenstarke Jahrgänge) Mitte der 1960er und 1980er Jahre und jetzt, gäbe es immer auch eine Delle: in den 1970er Jahren, den Geburtenknick der 1990er und folgerichtig auch in den kommenden Jahren. Wie stark dieser eintritt, ließe sich nur schwer vorhersagen; dass er komme, sei jedoch unstrittig.

Als Träger der Grundschulen habe sich die Verbandsgemeinde auf die Fahnen geschrieben, dass für alle Kinder möglichst gleich gute und zeitgemäße Lernbedingungen geschaffen werden sollen. Den Standard setze die Grundschule in Flechtingen, die 2012 bis 2014 aufwendig saniert wurde und moderne Lehr- und Lernbedingungen bietet. „Ich kann Eltern nicht plausibel vermitteln, warum ihr Kind, nur weil es in einem anderen Schulbereich unterrichtet wird, noch genauso beschult wird, wie es zu meiner Schulzeit in den 1980ern üblich war. Nicht nur der Neubau der Grundschule Erxleben wird – wie die Elterninitiative darstellt – mit Steuergeldern finanziert, sondern auch der Betrieb und die Unterhaltung von Schulen“, stellte Weiß dar.

Es wurde 2016 in Vorbereitung der Entscheidung des Verbandsgemeinderates ein Variantenvergleich durchgeführt mit dem Ergebnis, dass die Schulsanierung in Bregenstedt weitaus teurer geworden wäre als ein gemeinsamer Schulneubau.

Mit Blick auf die zurückgehenden Kinderzahlen würde die Verbandsgemeinde nachhaltig die Beschulung im ländlichen Raum langfristig sichern, damit auch künftig für „kurze Beine möglichst kurze Wege“ gelte. „Man darf darüber hinaus nicht verkennen: schon heute müssen Lehrer an verschiedenen Schulen unterrichten. Ich bin der Meinung, dass es besser ist, die Lehrer lieber in den Unterricht zu schicken, als ihre Arbeitszeit durch Pendeln zwischen Schulen zu vergeuden. Mit dem Schulneubau rückt dieses Ziel in greifbare Nähe“, blickte der Chef der Gemeinde voraus.

„Um Sorgen der Eltern aus Beendorf zu nehmen – die Fahrzeit mit dem Schulbus von Beendorf bis Erxleben dauert aktuell nicht einmal 25 Minuten“, so Weiß. Auch wenn subjektiv der Eindruck bestehe, dass Beendorf an Einwohnern wächst: allein seit 2010 sei die Einwohnerzahl von 926 auf aktuell 873 gesunken. Die Grundschule Beendorf erfülle gegenwärtig nicht die gesetzlichen Voraussetzungen zur Bildung eines Schulverbundes. „Auch ist die Ausgangslage im Harz anders als die unsrige“, meinte der Bürgermeister. Er unterstütze das Engagement der Eltern, würde aber dafür plädieren, den Fokus darauf zu lenken, gemeinsam die Kindertagesstätte voranzubringen und gemeinsam zu überlegen, ob die Hortbetreuung zum Beispiel durch einen Anbau an die Kita optimiert werden könne.