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Integrationsprojekt Ein Pate für alle Fälle

Das Integrationsprojekt von Hermes Fulfilment in Haldensleben ermöglicht Geflüchteten den Berufseinstieg. Das Projekt ist ein Erfolg.

Von Juliane Just 16.11.2017, 00:01

Haldensleben l Die Paketbänder rattern unaufhörlich in der riesigen Versandhalle. An Stationen stoppen sie und werfen ihr wertvolles Gut in kleine Boxen. An deren Ende steht Tesfaye Heylemariam aus Eritrea und sorgt dafür, dass immer genügend Kartonagen auf Vorrat liegen. Seit über einem Jahr arbeitet er bei Hermes Fulfilment in Haldensleben. Von Beginn an unterstütze ihn ein Mitarbeiter – sein Pate.

Der Handelsdienstleister Hermes, der in Haldensleben knapp 3700 Mitarbeiter beschäftigt, begann vor einem Jahr das sogenannte Integrationsprojekt. Dieses entstand in Kooperation mit dem Europäischen Bildungswerk für Beruf und Gesellschaft und dem Projektverbund „Jobbrücke Plus“.

Dabei absolvieren Geflüchtete zuerst einen Integrationskurs, danach begann das Praktikum bei Hermes Fulfilment. Dort bekommt der Neuling einen Paten an seine Seite, der ihm die Arbeitsabläufe erklärt. „Die größte Barriere ist oftmals die Sprache“, sagt Betriebsleiter Andreas Hennig.

Auch mit Tesfaye Heylemariam war ein Gespräch am Anfang kaum möglich. „Die Kommunikation war hin und wieder nur mit Händen und Füßen möglich“, sagt David Watzlawik, seinerseits Pate des jungen Geflüchteten aus Eritrea. Er war die erste Ansprechperson bei Fragen, Problemen und Sorgen. Inzwischen hat sein Schützling deutliche Fortschritte in der Sprache gemacht und kann sich mit seinen Kollegen verständigen. „Ich fühle mich sehr wohl hier“, sagt Tesfaye Heylemariam.

Dabei ist der 29-Jährige aus Eritrea nur einer von 40 Flüchtlingen, die inzwischen an dem Integrationsprojekt teilnehmen. Gestartet wurde das Projekt mit neun Geflüchteten. „Die Zusammenarbeit hat sich bewährt, deswegen lernen wir im Rahmen des Projektes noch mehr Personen an“, resümiert Betriebsleiter Andreas Hennig. Inzwischen sind die Integrationskurse in das Praktikum involviert und die Teilnehmer werden in Haldensleben unterrichtet. Drei Tage lang arbeiten die Geflüchteten im Versandzentrum, zwei Tage drücken sie die Schulbank.

Tesfaye Heylemariam ist nach seiner Flucht von Eritrea über den Libanon, Sudan und Italien in Haldensleben angekommen: „Ich freue mich, dass ich arbeiten kann.“ Für Gruppenleiterin Anke Rybarczyk ist die Zusammenarbeit mit den Geflüchteten ein Erfolg. „Wir sind ein gutes Team geworden“, sagt sie. Das Engagement gehe auch über die Arbeitszeit hinaus, denn oft helfen die Paten auch bei behördlichen Schreiben oder anderen Problemen.

Eine eigene Wohnung – davon träumt der junge Mann aus Eritrea, der derzeit im Flüchtlingsheim wohnt, noch. Doch ob er eine Zukunft in Haldensleben hat, ist noch nicht sicher: Er hat eine befristete Anstellung. 2018 wird entschieden, ob Tesfaye Heylemariam unbefristet bei Hermes übernommen wird und sich ein neues Leben aufbauen kann.

Und auch wenn der Geflüchtete inzwischen auf eigenen Füßen steht und nur noch selten die Hilfe seines Paten in Anspruch nehmen muss, haben die beiden ein besonderes Verhältnis zueinander. „Man wächst eben zusammen“, sagt Pate David Watzlawik und schmunzelt.