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Klinikum Gynäkologie steht vor dem Aus

Nur noch eingeschränkt ist die Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe im Ameos Klinikum Haldensleben im Dienst.

Von Jens Kusian 21.01.2017, 00:01

Haldensleben l Erneut bringen Personalprobleme das Ameos Klinikum Haldensleben in die Bredouille. Seit Anfang der Woche kann die Versorgung in der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe aus personellen Gründen nicht gewährleistet werden. Konkret bedeutet dies: Weder eine ambulante noch eine stationäre Versorgung finden statt, ebensowenig Konsiliar-, Not- und Bereitschaftsdienst, heißt es in einem Schreiben der Klinik-leitung.

„Das heißt aber nicht, dass wir Patientinnen, die zu uns kommen, nicht behandeln“, hebt Krankenhausdirektor Andreas Schultz hervor. „Wir sind schließlich ein Krankenhaus.“ So sei die Untersuchung von Patientinnen im Klinikum gewährleistet, ein stationärer Aufenthalt allerdings nicht. Im Ernstfall wird die Patientin in ein anderes Krankenhaus verlegt. „Auch die Rettungsdienste sind über die aktuelle Situation in unserem Haus informiert und fahren uns nicht mehr an, wenn es sich offensichtlich um einen gynäkologischen Notfall handelt“, erklärt Schultz weiter.

Schon seit geraumer Zeit sei die Frauenklinik als eigenständige Klinik im Haus ohne fremde personelle Hilfe nicht mehr handlungsfähig gewesen, macht der Krankenhausdirektor deutlich. „Wir sind schon jahrelang auf Honorarärzte angewiesen“, sagt er. Doch aktuell gebe es überhaupt keine geeigneten Honorarärzte auf dem Markt, mit denen Ameos ins Geschäft kommen könnte, schildert Andreas Schultz die Situation. Er versichert jedoch, dass es derzeit keine weiteren medizinischen Abteilungen im Haus mit kritischer Personalentwicklung gebe.

An die Einstellung von Fachpersonal für den Bereich Frauenheilkunde und Geburtshilfe sei fast schon gar nicht mehr zu denken, macht Dr. Wieland K. Schulze, der ärztliche Direktor des Ameos Klinikums, deutlich. Das sei auch in der demografischen Entwicklung der Region begründet, ergänzt Schultz. „Die Geburtenzahlen für Haldensleben sind in den vergangenen zehn Jahren rückläufig. Das hat auch Folgen für uns“, meint er. Denn als Versorger und Arbeitgeber sei es vor diesem Hintergrund nicht immer einfach, geeignetes Personal am Standort zu binden, erklärt der Kranken-hausdirektor.

Beruflich würden Ärzte oftmals die Herausforderung suchen. „Die Fallzahlen und die Komplexität der Arbeit ziehen“, weiß Dr. Wieland K. Schulze aus eigener Erfahrung. Doch diese Ausgangssituation sei in Sachen Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Standort Haldensleben nicht gegeben. „Gibt es ein interessantes Tätigkeitsfeld, ist es einfach, Oberärzte, Fachärzte, Assistenzärzte und gutes Fachpersonal zu holen und zu binden“, verweist Andreas Schultz auf eine solch positive Personalentwicklung in der Klinik für Innere Medizin, die zudem mit dem neuen Herzkatheterlabor zu punkten weiß.

Es gehe Ameos darum, den Standort Haldensleben voranzubringen. Deshalb, so macht Schultz deutlich, stünden eben zielgerichtete Investitionen im Vordergrund. Als Beispiel nennt er den zielgerichteten Aufbau der Stroke Unit oder die Anschaffung eines Magnetresonanztomographen, wofür entsprechende bauliche Veränderungen am Klinikgebäude notwendig waren. „Alle Aktionen sollen dazu dienen, die Versorgung auf eine andere Ebene zu heben“, betont er.

Auch der Landkreis Börde ist über die aktuelle Situation am Klinikum im Bilde, Fachbereichskoordinatorin Iris Herzig sieht die Grundversorgung aber nicht in Gefahr. „Die rahmengesetzlichen Vorgaben zur Krankenhausplanung regeln, dass Krankenhäuser der Basisversorgung die Abteilungen Chirurgie und Inneres vorzuhalten haben. Das ist beim Ameos Klinikum Haldensleben gegeben“, erklärt sie.

Haldenslebens Bürgermeisterin Regina Blenkle (FUWG) zeigt sich „natürlich nicht erfreut“ über die Entwicklung im Ameos Klinikum. „Schließlich gehört eine vollwertige Gesundheitsversorgung zu den wichtigsten Standortfaktoren einer Region. Sie spielt zum Beispiel bei der Wahl des Wohnortes, bei der Gewinnung von Fachkräften oder bei Ansiedlungen eine wesentliche Rolle“, unterstreicht sie.

Erneut bietet die Bürgermeisterin Ameos die Unterstützung der Stadt an, um zu helfen, die bestehenden Probleme zu lösen. Das hatte sie bereits im vergangenen Jahr getan, als bei einer Podiumsdiskussion zur Zukunft des Krankenhauses die Personalprobleme öffentlich angesprochen wurden.

Die Stadt Haldensleben hatte dem Ameos Klinikum damals seine Hilfe im Zusammenhang mit der personellen Unterbesetzung der Entbindungsstation angeboten. „Noch im September wollen die Bürgermeisterin und der Krankenhausdirektor bei einem ersten Gespräch abstimmen, welche Maßnahmen sinnvoll wären und wie sich die Stadt im Rahmen ihrer Möglichkeiten einbringen könnte“, hieß es dazu aus dem Rathaus nach einem Telefonat mit der Klinikleitung im August.

„Auf Grund der Wichtigkeit der Problematik hatte die Bürgermeisterin im Vorfeld (des geplanten Gesprächs mit dem Krankenhausdirektor – Anm.d.Red.) Anfang September die SPD-Bundestagsabgeordnete Waltraud Wolff zu einem Gedankenaustausch zur Situation im Ameos-Krankenhaus eingeladen. Neben Mitarbeitern der Verwaltung nahm auch Dr. Michael Reiser vom Vorstand des Paritätischen Sachsen-Anhalt an dem Gespräch teil. Im Ergebnis dieser Gesprächsrunde und darauffolgender Verständigungen wurde das Ziel vereinbart, alle Akteure – Ameos, Stadt, Landkreis, Ministerium – an einen Tisch zu bekommen. Erste Gespräche dazu wurden bereits geführt“, ließ die Bürgermeisterin über ihren Pressesprecher gestern auf Anfrage der Volksstimme mitteilen.

Außen vor bleibt dabei bislang aber wohl die Ameos-Klinikleitung. Seit dem Telefonat im August „gab es diesbezüglich keine Kontaktaufnahme mehr von Seiten der Stadt“, versichert Krankenhausdirektor Andreas Schultz.