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Krankenhaus "Was wir anbieten können, ist Zeit"

Grüne Damen und Herren kümmern sich um einsame Menschen in Krankenhäusern. Nun gibt es dieses Angebot auch in Haldensleben.

Von Jens Kusian 14.07.2018, 01:01

Haldensleben l Nicht so grün wie die Bekleidung im OP sind die Hemden von Jutta Rosenbach und Andreas Meis. Es ist mehr ein Hauch von Grün, der ihre „Dienstkleidung“ im Ameos Klinikum Haldensleben ziert. Doch grün muss sein, sind die beiden doch seit Ende April in der Somatik als Grüne Dame beziehungsweise Grüner Herr unterwegs.

Damit zählen sie zu den mehr als 8500 Frauen und Männern, die sich im Verein Evangelische Kranken- und Altenpflege (EKH) engagieren. Seit fast 50 Jahren helfen die Grünen Damen und Herren einsamen und hilfsbedürftigen Menschen in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen, ihnen ein Stück der Einsamkeit und Verunsicherung zu nehmen.

„Ich kenne diesen ,Dienst‘ aus anderen Ameos-Einrichtungen“, erzählt Yvonne Eichelmann, Kommunikationsverantwortliche für die Ameos-Häuser in Haldensleben. „Leider war es uns in der Vergangenheit noch nicht gelungen, so etwas auch hier anbieten zu können.“ Diese Möglichkeit habe sich erst in diesem Jahr ergeben, als sie Jutta Rosenbach und Andreas Meis bei der offiziellen „Ruhestands-Verabschiedung“ direkt darauf angesprochen hatte, so Yvonne Eichelmann weiter. „Es ist ja wichtig, die Leute zu finden, die sich so etwas zutrauen.“ Die scheint sie in den beiden Ruheständlern nun gefunden zu haben.

„Es war ein langer Weg bis dahin“, resümiert auch Paul Beilke, der stellvertretende Krankenhausdirektor. Daher unterstützt die Klinikleitung auch das Engagement, stellt nicht nur ein Dienstzimmer und die Bekleidung, sondern übernimmt für die beiden Ehrenamtlichen auch den Mitgliedsbeitrag bei der EKH.

Jutta Rosenbach und Andreas Meis sehen ihre Tätigkeit im Klinikum nicht als Arbeit oder Aufgabe, sondern eher als Berufung. „Was wir anbieten können, ist Zeit“, versichert Meis. Denn genau die sei angesichts der Personalknappheit in den Krankenhäusern ein rares Gut. „Daher sind die Patienten auch uns gegenüber positiv eingestellt“, schildert er aus Erfahrung.

Einmal die Woche, immer donnerstagsvormittag, nehmen sich die Grüne Dame und der Grüne Herr einige Stunden Zeit für die Patienten. Die Innere Station ist dabei der Dreh- und Angelpunkt. Im Vorfeld haben sie ihr Angebot den Stationschwestern vorgestellt. „Mittlerweile haben wir eine durchweg positive Resonanz. Die Schwestern sagen uns jetzt schon ,Gehen Sie doch mal bitte zu dem Patienten oder zu der Patientin‘. Da haben wir gut zu tun“, meint Andreas Meis. So auf drei bis sieben Kontakte käme jeder von ihnen pro Vormittag, ergänzt Jutta Rosenbach.

„Zuhören, aufnehmen, spiegeln“ – das ist laut Meis am wichtigsten bei den Gesprächen. „Daraus ergibt sich eine helfende Atmosphäre“, weiß er. Neben Gesprächen gehören kleine Handreichungen und Besorgungen oder Spaziergänge in vertretbarem Rahmen zum „Service“. „Ich habe aber auch schon mit einer Frau gesungen, weil es sich eben so ergeben hat“, setzt sich Jutta Rosenbach keine starren Grenzen.

Nur auf eines legen die Grüne Dame und der Grüne Herr großen Wert: „Wir bieten keine pflegerische Tätigkeit an.“ Es gehe vielmehr um die Sorge um die seelische Befindlichkeit der Patienten. „Und damit muss nicht immer die christliche Seelsorge gemeint sein“, sagt Andreas Meis. „Es geht um die Sorgen der Patienten, um ihre Auseinandersetzung mit der Zukunft. Auch gerade dann, wenn eine Krankheit tödlich verläuft“, weiß er um die wichtige Bedeutung einer Gesprächsmöglichkeit.

Er und Jutta Rosenbach wünschen sich noch weitere Mitstreiter für die Haldensleber Einrichtung. „Der Bedarf im Haus ist wesentlich höher als wir beide abdecken können“, ist Andreas Meis überzeugt. „Wir würden uns freuen, wenn es Menschen gibt, die mitarbeiten möchten“, fügt Jutta Rosenbach hinzu.

Die einzige Voraussetzung, die Interessenten mitbringen sollten, ist Zeit. „Es gibt keine beruflichen Voraussetzungen und man muss auch nicht im medizinischen Bereich gearbeitet haben“, betont Jutta Rosenbach. Das wäre ihr sogar am liebsten. „Dann befindet man sich auf einer Stufe mit den Patienten und betrachtet ihn nicht vom medizinischen Standpunkt aus. Es geht ja um Gespräche in Augenhöhe.“

Die Klinikleitung will dabei auch weiter ihre Unterstützung anbieten. „Auch intern wird der Bedarf gesehen, die Patienten aus dem Klinikalltag herauszuholen“, unterstreicht Krankenhausdirektor David Kayser.

Wer ehrenamtlich als Grüne Dame oder Grüner Herr im Ameos Klinikum Haldensleben den Patienten zur Seite stehen möchte, kann sich direkt bei Andreas Meis unter Telefon 03904/65 751 melden. Auch das Ameos Klinikum vermittelt über Yvonne Eichelmann, Telefon 03904/474 898, E-Mail yeic.verw@haldensleben.ameos.de den Kontakt.