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Landkreis Börde Neuanfang für das Kulturhaus in Wedringen

Das Kulturhaus in Wedringen, einst Dreh- und Angelpunkt der Ortschaft, verfällt seit Jahren. Eine Wedringerin will das ändern.

Von Juliane Just 17.09.2020, 01:01

Wedringen l Von außen ist es ein brauner Klotz. An der Straße Zum Kanal steht es zwischen Kita und dem neuen Feuerwehr-Gebäude. In rot steht an der Fassade „Kulturhaus“ geschrieben. Viele Wedringer erinnern sich noch an Zeiten, in denen dort fast täglich etwas los war – Schach spielen, Karneval, Festlichkeiten der Gaststätte. Heute verfällt der einstige Treffpunkt zunehmend. Doch im Inneren werkelt die neue Eigentümerin Marie-Louise Wiedemeyer sich unbemerkt Stück für Stück voran.

„Ich möchte dieses Gebäude erhalten, das einst in Wedringen so groß war und die Wedringer schmerzlich vermissen“, sagt die Kulturhaus-Eigentümerin. Vor sechs Jahren kauften sie und ihr Mann Axel Hermanowski das geschichtsträchtige Haus. Seither stecken sie viel Fleiß und Geld hinein. Sie haben den großen Traum, die einstige Veranstaltungsstätte wieder aus dem Dornröschenschlaf zu holen. „Ich bin sehr verbunden mit dem Haus, weil ich viel Zeit in meiner Kindheit und Jugend hier verbracht habe“, erzählt Wiedemeyer.

Im Inneren liegt der große Saal. Ein Kachelofen ist ein Zeugnis alter Zeiten, auch das Parkett hat gelitten. Immerhin hat es auch schon knapp 60 Jahre auf dem Buckel. Am 3. Oktober 1959 wurde das Wedringer Kulturhaus eröffnet. Viele Aufbaustunden haben die Wedringer freiwillig geleistet, erinnert sich Ortschronistin Monika Nauke. „Mit der Eröffnung erwachte das kulturelle Leben im Ort“, weiß sie.

Ob Silvester oder Karneval, Trauungen oder Flohmärkte, ob Kino oder Schach, das Kulturhaus wurde Dreh- und Angelpunkt des Ortes. „Wir haben es selbst aufgebaut. Das Gemeinschaftsgefühl war groß“, sagt Monika Nauke. Zehn verschiedene Wirte übernahmen in 30 Jahren das Zepter und versorgten die Wedringer mit Speis, Trank und Feierlichkeiten.

Doch nach einer Silvesterfeier war „plötzlich Schluss“. Nach der Wende wurde das Gebäude zur Empörung vieler Wedringer verkauft. Kurzzeitig zog eine Diskothek ein, danach eine Möbelbörse. Im Jahr 2010 zog auch diese aus. Marie-Louise Wiedemeyer hörte auf ihre Bauchgefühl und ergriff die Chance. „Ich wollte das Haus für unseren Ort haben, weil es eine Herzensangelegenheit ist, dass das Objekt nicht wieder zweckentfremdet wird, sondern in die richtigen Hände kommt“, beschreibt Wiedemeyer.

Insgesamt hat die 57-Jährige bereits 90 000 Euro in das alte Kulturhaus gesteckt und unzählige Stunden Arbeit. „Hier war alles heruntergewirtschaftet. Uns hat oft das Herz geblutet“, erinnert sie sich. Durch das Fenster lief Wasser, die einstige Bühne war mit Glas verbaut, der frühere Ausschank zugebrettert. Nach und nach hat die Wedringern den alten Zustand des Saales wieder hergestellt.

Nun möchte die 57-Jährige das Kulturhaus wieder zugänglich machen und Veranstaltungen anbieten. Ein Kabarett-Abend, eine Lesung, eine Theateraufführung, Tanz – all das stellt sich die Kulturhaus-Chefin vor. „Ein großer Vorteil hier ist die Barrierefreiheit, denn es ist alles ebenerdig“, sagt sie. Somit stehe das Haus für die Erbauer, die heute im Ruhestand sind, wieder zur Verfügung.

Doch die behördlichen Auflagen sind hoch. Genügend Parkplätze, ein Raucherzimmer, neue Fluchtweg-Schilder – nur einige der Dinge, die die Eigentümerin derzeit umtreiben. „Als Privatmensch stehe ich hier immer wieder vor neuen Problemen“, sagt sie.

Genau deshalb möchte sie die Wedringer als auch die Stadt Haldensleben in ihre Pläne einweihen und hofft auf tatkräftige Unterstützung. Auch in den ersten Jahren haben ihr Sachspenden von Helfern für den Neuanfang geholfen. Doch Marie-Luise Wiedemeyer bleibt dran an ihrem Traum. „Ich habe einen sehr langen Atem“, sagt sie und schmunzelt.