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Liebesgeschichte Von der Kita vor den Altar

Der Zufall brachte Lisa und Burghard Girle zusammen. Die Haldensleber Kita "Max und Moritz" fungierte dabei als Singlebörse.

Von Juliane Just 19.02.2020, 00:01

Haldensleben l Burghard Girle ist ein riesengroßer Mann, seine Frau Lisa eher klein geraten. Er hat helle, blaue Augen, sie warme Brauntöne. Er ist blond, sie dunkelhaarig. Gegensätze ziehen sich ja bekanntlich an. Doch sie eint ihr Beruf. Beide sind Erzieher in der Kita „Max und Moritz“ am Süplinger Berg. Genau dort haben sie sich kennengelernt. Und auch lieben.

Der Zufall brachte die beiden, wie so oft im Leben, zusammen. Er, gebürtiger Magdeburger, machte nach der Schule eine Ausbildung zum Erzieher. Anschließend bewarb er sich in Haldensleben. Ein Teil seiner Familie stammt von hier und die Chancen standen gut. Im Jahr 2008 landete er in der Kita am Süplinger Berg. Sie, gebürtige Haldensleberin, verschlug es zuerst als Gesundheits- und Krankenpflegerin nach Braunschweig. Doch dann schwenkte sie nochmal um, kam in ihre Heimatstadt zurück und machte eine Ausbildung zur Sozialassistentin und zur Erzieherin. Im Jahr 2010 kam sie in die Kita „Max und Moritz“. Ihre Wege trafen sich erstmals.

„Am Anfang habe ich sie auf einen Kaffee eingeladen“, erinnert sich Burghard Girle. Die klare Antwort: Nein. „Ich hatte damals noch einen Freund“, erklärt sie die Absage. Zwei Jahre später trennte sie sich von ihrem damaligen Partner. Das Angebot für den Kaffee stand noch. „Dann hat es gefunkt“, sagt Burghard Girle. Aus einem Kaffee wurde eine Beziehung.

Während den verliebten Anfängen arbeiteten die beiden gemeinsam in einer Gruppe des Kindergartens. Dabei sei ihre Beziehung im Kita-Alltag nicht offensichtlich gewesen. „Wir haben uns nicht knutschend auf den Spielplatz gestellt“, sagt Burghard Girle und schmunzelt. Selbst ein Jahr später hätten manche Kollegen noch überrascht gefragt, ob sie denn jetzt ein Paar seien.

Am 15. Oktober 2017 fasste sich der Herr schließlich ein Herz und machte seiner Lisa einen Heiratsantrag. Anders als beim Kaffee war die Antwort diesmal ein klares Ja. Ein halbes Jahr später wurde ihr vor einer Dienstberatung schwindelig. Ein Schwangerschaftstest brachte die Nachricht, dass ein Kindchen das Familienglück bald komplettieren würde.

Doch von einem Babybäuchlein war bis zur Hochzeit im Sommer 2018 nichts zu sehen. „Man macht sich doch Gedanken wegen des Kleides“, erinnert sich Lisa Girle. Bis zur Hochzeit war sie schlank, danach wuchs das Bäuchlein täglich mehr.

Ihr kleines Mädchen erwarteten die beiden sehnsüchtig, auch wenn die Schwangerschaft einige Komplikationen mit sich brachte. Eine Woche vor dem Entbindungstermin besuchten sie die Klinik in Magdeburg. Dort sagten die Ärzte, dass Lisa nicht wieder zurück nach Hause kann. Das Kind würde schneller kommen als gedacht.

„Es ist eine Farce, dass wir hier keine Entbindungsstation mehr haben“, sagt Burghard Girle. Als er nachts den Anruf erhielt, dass die Geburt losgeht, setzte er alle Hebel in Bewegung, um nach Magdeburg zu kommen. Als er dort ankam, hatte seine Frau die Kleine schon auf dem Arm. „Es hat gedauert, bis ich realisieren konnte, dass das mein Kind ist“, sagt er. Am 29. November 2018 war das.

Inzwischen hält die kleine Annemarie ihre Eltern fleißig auf Trab. Sie schiebt sich, den Po nach oben gereckt wie beim Yoga, nach oben und läuft los. Noch ist sie ein wenig wackelig auf den Beinen. Neugierig erkundet die 14 Monate alte Kleine ihr Domizil. Sie ist der ganze Stolz von Lisa und Burghard Girle.

Die Girles müssen ab un zu an sich selbst appellieren, denn sie sind „berufsgeschädigt“, wie sie selbst sagen. Die tägliche Arbeit in der Kita macht sensibler für einige Dinge. „Ein Kind fällt, wenn es fällt. Wir können das nicht vermeiden“, sagt Burghard Girle. Es würde nichts bringen, das Kind in Watte zu packen – es soll ja noch Kind sein.

Doch das Erzieher-Gen ließ auch die jungen Eltern mitunter ratlos zurück. „Im Beruf haben wir mit Kindern um das erste Lebensjahr zu tun. Es gab oft Situationen, in denen wir hilflos waren“, beschreibt Lisa Girle. Auch als Erzieher müsse man bei seinem eigenen Kind neue Erfahrungen machen und sei nicht allwissend.

Putzmunter torkelt Annemarie weiter durch die Wohnung, erkundet jeden Winkel mit ihren kleinen Händchen – ganz ohne abgeklebte Ecken. Und wer weiß, vielleicht gesellt sich ja noch ein Geschwisterchen hinzu...