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Museum Pfarrschätze aus Eimersleben umgezogen

Viele wertvolle Bücher fristeten ein unwürdiges Dasein in Umzugskartons. Jetzt fanden sie Eingang in das Halberstädter Gleimhaus.

Von Carina Bosse 27.12.2017, 11:00

Eimersleben l Wohin nur mit den alten wertvollen Büchern des Pfarrarchivs? Diese Frage stellte sich schon seit einiger Zeit der Gemeindekirchenrat von Eimersleben. Nach dem Verkauf des Pfarrhauses, indem die Bücher schon nicht entsprechend gelagert werden konnten, fristeten die Bücher ihr Dasein jahrelang in Umzugskartons.

Auch in der Petrikirche fand sich kein passender Platz, an dem die Bücher ihrem Wert entsprechend hätten gelagert werden können. Glücklicherweise konnte über ein Mitglied des Kirchenförderverein der Kontakt zum Gleimhaus in Halberstadt hergestellt werden.

Hierher wurden die Bücher, die 109 Exemplare umfassen, im Dezember 2017 durch die beiden Gemeindekirchenratsmitglieder Arnold Albrecht und Harald Wolter gebracht und von der stellvertretenden Leiterin des Gleimhauses, Annegret Loose, in Empfang genommen.

Die Bücher, die zum Teil schon aus dem 16. Jahrhundert stammen – das älteste Buch ist aus dem Jahre 1564, das jüngste von 1827, sowie zahlreiche Edicte – werden dem Gleimhaus als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt. Sie werden hier kostenlos gereinigt, entsprechend ihres Alters gelagert, katalogisiert und der Öffentlichkeit zum Beispiel für Studienzwecke oder Ausstellungen zur Verfügung gestellt.

Einsehen kann man den Bestand nach Abschluss der Katalogisierung auf der Internetseite des Gleimhauses, wo auch der Hinweis auf den Leihgeber Kirchengemeinde Eimersleben gegeben wird. Unterlagen und Kirchenbücher, die die Kirchengemeinde direkt betreffen, sind selbstverständlich vor Ort geblieben, und auch hier einsehbar. Der Gemeindekirchenrat ist froh über diese Lösung, ist doch nun ein den Büchern angemessener Aufbewahrungsort gefunden, an dem sie passgenau aufbewahrt und auch für Menschen zugänglich sind.

Beim Gleimhaus handelt es sich um eines der ältesten deutschen Literaturmuseen, eingerichtet im Jahr 1862 im ehemaligen Wohnhaus des Dichters und Sammlers Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719-1803) am Halberstädter Domplatz 31. Es beherbergt den Nachlass Gleims mit seinen drei „B“: Bilder, Bücher und Briefe.

Gleim, ein Genie der Freundschaft, war mit vielen der bedeutendsten Schriftsteller seiner Zeit befreundet und versammelte sie in Bildnissen. So trug er die größte Porträtgalerie großer Geister des 18. Jahrhunderts zusammen, seinen „Freundschaftstempel“. Lessing, Klopstock, Herder, Jean Paul, Anna Louisa Karsch, Elisa von der Recke und viele andere blicken den Besucher an.

Daneben baute Gleim eine umfangreiche Bibliothek und eine bedeutende Handschriftensammlung auf. In diesem Zusammenspiel von Bildern, Büchern und Briefen ist Gleims Nachlass ein einmaliges kulturgeschichtliches Dokument des Zeitalters der Aufklärung mit seiner Freundschaftskultur. Schon Goethe war von den Sammlungen begeistert. Das Gleimhaus wird im „Blaubuch“ der Bundesregierung neben 19 weiteren Institutionen in den neuen Bundesländern als „Kultureller Gedächtnisort mit besonderer nationaler Bedeutung“ geführt.