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Naturpark Aufgepäppelter Raufußbussard hebt ab

Naturschützer haben einen Raufußbussard in der Auffangstation für verletzte Tiere im Drömling aufgepäppelt und fliegen lassen.

Von Anett Roisch 27.02.2016, 17:00

Kämkerhorst/Mannhausen l Vorsichtig und mit Handschuhen ausgerüstet betritt Wolfgang Sender, Mitarbeiter der Naturparkverwaltung, die Voliere. „Gefährlich ist nicht der Schnabel, sondern die Krallen, die sind messerscharf“, erklärt der Ranger. Mit nur wenigen Handgriffen und überaus behutsam fängt Sender den Raufußbussard. Seit dem 13. Februar ist der Vogel in der Obhut der Naturschützer. „Der Raufußbussard wurde geschwächt in der Nähe der Ortschaft Dolchau im Altmarkkreis Salzwedel aufgefunden und von einem Naturfreund dem Umweltamt Salzwedel gebracht. Joachim Funke, der Chef der Abteilung Naturschutz im Umweltamt, hat den Bussard zu uns gebracht“, erzählt Sender. Die Ranger des Drömlings haben festgestellt, dass der Vogel keine sichtbaren Verletzungen hat, sondern nur geschwächt war. Mit artgerechter Nahrung – also mit Mäusen und Eintagsküken – wurde der gefiederte Schützling wieder aufgepäppelt. In Kämkerhorst befindet sich – wie auch auf dem Storchenhof in Loburg – eine Auffangstation für verletzte Wildtiere. „Uns werden das ganze Jahr über Tiere gebracht, aber einen Raufußbussard hatten wir noch nicht“, berichtet Sender. Warum der gefiederte Gast so geschwächt war, kann Sender nur vermuten. Es kann sein, dass er am Straßenrand beim Auffliegen gegen ein Fahrzeug geprallt war.

„Das Besondere an diesem Bussard ist, dass es ein nordischer ist. Der Raufußbussard brütet in Skandinavien und in den Tundragebieten. Er ist bei uns nur im Winter, weil in seiner Heimat Eis und Schnee sind und es dort dann keine Nahrungstiere gibt. Deshalb ist er ein Zugvogel und verbringt hier in Mitteleuropa den Winter“, beschreibt Sender. Der Raufußbussard ist etwas größer als zum Beispiel der Mäusebussard. „Das Besondere ist, dass seine Füße bis unten zu den Krallen gefiedert sind. In seiner Heimat sind Gebiete, wo Bäume und Sträucher rar sind. So dass er auf Felsen und sogar an der Erde brütet“, schildert der Ranger. Die Zeit von September bis Ende März verbringt der Raufußbussard in unserer Region, dann zieht er wieder zurück. Fünf bis sieben Raufußbassarde sind es, die jährlich im Drömling überwintern. „Man hat nachgewiesen, dass die Raufußbussarde recht standorttreu sind. Wenn sie alt werden, dann suchen sie die alten Stellen wieder auf“, weiß Sender und ergänzt: „Die Landwirte müssen froh sein, solche Helfer, die Mäuse fressen, zu haben. Auffallend ist, dass der Raufußbussard – im Gegensatz zum Mäusebussard – sich auf der Erde bewegt. Wenn man einen Greifvogel zum Beispiel auf einem Maulwurfshügel sitzen sieht, dann könnte es sich um einen Raufußbussard handeln.“ Neben diesem Wintergast und dem Mäusebussard gibt es im Drömling auch noch den Wespenbussard, der sich hauptsächlich von der Brut von Bienen und Wespen ernährt. Die Brut gräbt der Bussard aus der Erde aus. Auch der Wespenbussard ist ein Zugvogel der – weil er es warm mag – im August schon wieder die Region verlässt. Er kommt Ende Mai Anfang April zurück.

„Der aufgepäppelte Vogel hat gewichtsmäßig zugelegt. Wir hoffen, dass er genügend Kräfte gesammelt hat. Er muss wieder lernen, Beute zu schlagen. Es ist ein Altvogel, der weiß, wie es geht. Wir haben bald März. Er muss seine Heimreise in Richtung Nordosten antreten“, blickt Sender voraus. Dann kommt der große Moment. „Hoffentlich breitet er auch seine Flügel aus“, sagt der Ziehvater und lässt seinen Schützling los. Der Bussard startet ohne zu zögern. Dicht über den Köpfen der Anwesenden dreht er noch eine Runde, als ob er sich bei seinen Gastgebern bedankt. Dann setzt er sich hoch oben auf einen Ast. „Das ist ein sehr gutes Zeichen“, sagt Sender und gesteht, dass es auch für ihn immer ein schönes Erlebnis ist, wenn ein seltener Vogel sich erholt hat und ausgewildert werden kann.

Wer ein verletztes Tier findet, sollte es in Obhut nehmen und es zu einem Tierarzt bringen oder es im Umweltamt abgeben. Die Umweltamtmitarbeiter würden das Tier in eine Pflegestation bringen. „Tiere, die keine Chance haben, werden – damit sie sich nicht quälen – eingeschläfert. Aber das entscheidet dann der Tierarzt“, weiß Sender. Er warnt aber davor, ein scheinbar verlassenes Jungtier mitzunehmen. Meist seien die Eltern in der Nähe. Probleme würde es geben, das Tier später wieder am gleichen Ort auszusetzen. Groß ist die Gefahr, dass die Eltern später ihr Junges nicht wieder aufnehmen.