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Pilze Expertentipps zur Pilzsaison in der Börde

Die Pilzsaison hat begonnen. Die Haldensleber Pilzexpertin Renate Schmidt erklärt, wo die schönsten Exemplare zu finden sind.

Von Victoria Zippmann 28.09.2020, 23:01

Haldensleben l Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten, doch für viele sind sie ein Genuss: Pilze. Aber nur noch wenige Menschen gehen selbst in den Wald, um sie zu sammeln. Warum eigentlich? Zusammen mit der Pilzsachverständigen Renate Schmidt aus Haldensleben begeben wir uns auf die Spuren der Speisepilze im heimischen Wald und erklären, worauf es beim Pilze sammeln ankommt.

Anfang Herbst beginnt offiziell die Pilzsaison. Doch ohne Regen bleibt das Sammelkörbchen leer. Denn „wenn es trocken ist, gibt es keine essbaren Pilze“, erklärt Pilzexpertin Renate Schmidt. Der August war zwar sehr regenarm, der etwas intensivere Niederschlag Anfang September hat auf dem Waldboden jedoch kleine Wunder bewirkt. Die Pilze brauchen rund eine Woche, um an die Erdoberfläche zu gelangen, dann machen sie ihrem Sprichwort alle Ehre und schießen aus dem Boden.

Aber wo müssen die angehenden Pilzsammler überhaupt suchen? Zum einen wächst das Bodengeflecht der Pilze gerne an Baumwurzeln und versorgt diese mit fehlenden Nährstoffen. Darum sind nährstoffarme Böden, auf denen Moos und Heidekraut gedeihen auch eine gute Stelle, um Pilze zu finden. In Fichtenwäldern sorgt der saure Boden für gutes Pilzwachstum.

Bei der Steinpilzsuche lohnt es sich, auch nach dem Fliegenpilz Ausschau zu halten, denn sie gedeihen bei ähnlichen Bodenbedingungen. Darum können in der Nähe der Fliegenpilze auch immer Steinpilze stehen.

Pilze gefunden! Und was dann? Wer Neuling in der Welt der Pilze ist, sollte sich im Vorfeld nicht mehr als zwei Pilze einprägen. Für den Einstieg eignen sich Röhrlinge, denn unter ihnen sind die meisten Arten, wie Steinpilz, Maronenröhrling oder Rotkappe, essbar. Eine andere Variante ist, jemanden mitzunehmen, der schon mehr Erfahrung beim Pilze sammeln hat. „Im Zweifelsfall den gefundenen Pilz lieber zu einem Pilzberater bringen“, rät Renate Schmidt. Sie selbst steht Pilzsammlern schon seit vielen Jahren hilfreich zur Seite.

Für die Bestimmung muss dann ausnahmsweise der untere Teil vom Stiel mit aus der Erde gehoben werden, denn er ist bei der Identifizierung sehr hilfreich. Bei schwierigeren Fällen kann es für eine genaue Bestimmung zudem helfen, wenn der Pilzsachverständige Exemplare mehrerer Wachstumsstufen vor Augen hat, da sich junge Pilze von älteren unterscheiden können. Grundsätzlich ist es aber immer am besten, die unbekannten Pilze im Wald stehen zu lassen. Ist sich der Sammler sicher, schneidet er den Pilz unten ab und lässt den Stumpf in der Erde. Die Pilzberaterin empfiehlt auch, nur junge Pilze zu sammeln um einen guten und bekömmlichen Genuss zu garantieren. „Es macht aber nichts, wenn der Pilz ein bisschen wurmstichig ist“, betont Schmidt.

Wichtig ist es, keine Pilze vom Straßenrand mitzunehmen. Sie nehmen nämlich extrem gern Schwermetalle auf und diese schaden dem menschlichen Körper. Auch die Strahlenbelastung der Pilze durch das AKW-Unglück in Tschernobyl 1986 ist nach wie vor ein Thema. Regelmäßige Kontrollmessungen geben für unsere Region jedoch Entwarnung.

Um die Pilzköstlichkeiten sicher nach Hause zu transportieren, nimmt die Expertin am liebsten einen luftigen Korb. Bei der Zubereitung sollten wirklich nur jene Pilze im Topf oder in der Pfanne landen, bei denen alle Zweifel ausgeräumt sind. Beim giftigen Knollenblätterpilz reicht beispielsweise nur ein fingernagelgroßes Stück, um eine sehr schwere Vergiftung hervorzurufen.

Es gibt auch viele weitere heimische Pilze, die beim Verzehr tödlich sein können. Dabei kann die tödliche Wirkung oft erst nach mehreren Tagen bis Wochen einsetzen. Bei nicht so gefährlichen Exemplaren sind manche Experten aber auch experimentierfreudig. Es ist sozusagen ihrem Forschungsdrang geschuldet, dass sie manchmal auch giftige Pilze essen. „Da kenn ich einige, die sowas machen“, sagt die Beraterin schmunzelnd.

War die Pilzsuche besonders erfolgreich, können die Pilze zur Aufbewahrung haltbar gemacht werden. Zum Einfrieren sollten die Pilze erst in Butter gebraten werden. Roh eingefroren werden sie sehr zäh und gummiartig. Auch zum Trocknen eignen sie sich. Dazu wird der Pilz roh in dünne Scheiben geschnitten, einzeln aufgelegt und anschließend luftig und kühl gelagert, bis er seine Feuchtigkeit verloren hat. Bei der Zubereitung sollten die getrockneten Stücke vorher erst in kaltem Wasser baden um das Aroma voll zu entfalten. „Es gibt da ganz viele Möglichkeiten“, erzählt Renate Schmidt, „man kann die Pilze zum Beispiel auch sauer einlegen. Was viele nicht wissen, Pilze sind auch vitaminreich. Vor allem haben sie Vitamin D.“

Pilzsachverständige wie Renate Schmidt gibt es in Deutschland nur noch wenige. „Leider fehlt uns der Nachwuchs bei den Pilzexperten. Im Landkreis gibt es nur noch drei. Dabei gibt es so viel Spannendes und Interessantes über Pilze zu entdecken“, erklärt Renate Schmidt. Interessierte können sich mit ihren Fragen jederzeit an die Beraterin wenden.